Am Mittwoch steht das Gentechnik-Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand, und glaubt man den Warnungen von Umweltverbänden, so geht es für Verbraucher um Grundsätzliches. «Wenn der Klage stattgegeben wird, ist eine gentechnikfreie Landwirtschaft nicht mehr möglich», sagt Peter Röhrig vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft.
Das Land Sachsen-Anhalt hatte 2005 gegen das Gentechnik-Gesetz geklagt. Der damalige Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) sah in dem Gesetz ein «Gentechnikverhinderungsgesetz», das den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen unverhältnismäßig erschwere. Die 143 Seiten dicke Klageschrift erstellte eine Wirtschaftskanzlei, die auch für den Agrarprodukte-Hersteller
Monsanto tätig war - einen der größten Hersteller von genetisch verändertem Saatgut.
Juristisch dreht sich der Streit vor allem um eine Haftungsbestimmung: Demnach haften Gentechnik-Landwirte unter Umständen für wirtschaftliche Schäden, wenn genveränderte Pollen auf anderen Feldern landen - unabhängig davon, ob sie auch Verursacher sind. Diese Bestimmung will Sachsen-Anhalt kippen. Die Regelung verlagere das Haftungsrisiko einseitig auf die Verwender gentechnisch veränderter Organismen. Dies verstoße gegen die Berufsfreiheit, die Eigentumsgarantie und den Gleichheitssatz. Auch das im Gentechnik- Gesetz vorgesehene Standortregister verstoße gegen Grundrechte.
Die Veröffentlichung von Gentechnik-Feldern erhöhe die Gefahr, dass Gentechnik-Gegner die Felder zerstören, so die Klage. Naturschützer fürchten hingegen eine «schleichende Kontamination» durch gentechnisch veränderte Pflanzen. Sollte das Bundesverfassungsgericht die strenge Haftungsregelung streichen, bedeute dies eine «Lizenz zu Kontamination», sagt die Gentechnik-Expertin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Heike Moldenhauer.
Auch Peter Röhrig vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft rechnet mit schwerwiegenden Folgen: «Wenn niemand für Schäden haftet, gibt es keine Motivation, Verunreinigungen zu verhindern.» Die Naturschützer wollen dagegen eine Verschärfung des geltenden Gentechnikgesetzes. Ansonsten, fürchtet Moldenhauer, «haben die Verbraucher mittelfristig nur noch die Wahl zwischen mehr oder weniger gentechnisch verunreinigten Produkten». Eine Verschärfung steht in Karlsruhe allerdings nicht zur Wahl - für den Moment müssten die Naturschützer zufrieden sein, wenn das Gericht es bei der bisherigen Regelung belässt. Wann Karlsruhe nach der mündlichen Verhandlung am Mittwoch ein Urteil fällen wird, ist noch unklar. (dpa)