Mit Hinweis auf anderslautende Entscheidungen von unteren Instanzen hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse
Aigner (CSU) die von der EU spätestens bis zum 30. April geforderte Veröffentlichung von Direkthilfen kurzfristig gestoppt. Diese Entscheidung sorgte in Brüssel und bei Politikern in Berlin für Empörung. Auch aus den Reihen konservativer Europaabgeordneter wurde scharfe Kritik laut.
Die
EU-Kommission drohte Deutschland mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Haltung Aigners sei eine «Geisterfahrt» und «Blamage für die deutsche Agrarpolitik», sagte die CDU-Europaabgeordnete Inge Gräßle. «Es schadet den Kleinbauern, wenn wir nicht wissen, wer das europäische Geld bekommt und ob wir unsere Politikziele erreichen», fügte Gräßle hinzu. Sie verwies darauf, dass bereits jetzt 13 andere EU-Länder ihre Daten veröffentlicht hätten.
EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel will notfalls ein Verfahren gegen die Bundesregierung wegen des Bruchs von Europarecht einleiten. Der entsprechenden EU-Verordnung für eine Veröffentlichung vor der Europawahl am 7. Juni hatte auch Deutschland zugestimmt.
Der Datenschutz-Beauftragte Peter Schaar hat keine Bedenken. Alle Empfänger seien vor Abgabe der Anträge ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Daten veröffentlicht würden, sagte er der «Süddeutschen Zeitung». Im übrigen überwiege bei der Bekanntgabe das öffentliche Informationsinteresse gegenüber dem Datenschutz.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sagte: «Subventionen und Transparenz gehören zusammen wie der Bauer und das liebe Vieh.» Aigner mache sich «zur Handlangerin der Agrarindustrie und setzt sich und Deutschland dem Verdacht aus, es gäbe etwas zur verbergen», sagte Künast.
Mit 43 Prozent ist das Agrarbudget der größte Posten im EU- Haushalt. Insgesamt beläuft sich das Volumen für die gemeinsame EU-
Agrarpolitik auf jährlich gut 55 Milliarden Euro. 37 Milliarden davon fließen als direkte Subventionen, der Rest in allgemeine Projekte der ländlichen Entwicklung. Die deutschen Landwirte erhalten jährlich 5,4 Milliarden Euro. Unter den Empfängern sind aber auch andere Landbesitzer, von Konzernen bis hin zu Golfclubs. Die Empfänger der Gelder für allgemeine Projekte hat Deutschland veröffentlicht. (dpa)