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26.11.2019 | 09:07 | Großdemo 

Bauernproteste: Über 5.000 Traktoren in Berlin erwartet

Berlin - Aus Ärger über die Agrarpolitik der Bundesregierung wollen an diesem Dienstag mehrere Tausend Bauern aus ganz Deutschland in Berlin demonstrieren.

Bauernproteste Berlin
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Sie kommen mit Traktoren und Transparenten - und ziemlichem Unmut. Landwirte wollen erneut gegen neue Umweltauflagen auf die Straße gehen. In der Hauptstadt stellen sich ihnen zwei Ministerinnen. (c) proplanta
Zu einer Kundgebung am Brandenburger Tor (12.00) erwarten die Veranstalter 10.000 Teilnehmer und rund 5.000 Traktoren, die in einer Sternfahrt in die Hauptstadt rollen. Der Protest richtet sich unter anderem gegen geplante schärfere Vorgaben zum Insekten- und Umweltschutz und weitere Düngebeschränkungen zum Schutz des Grundwassers. Dadurch würden landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Existenz gefährdet, kritisieren die Initiatoren.

Zu den Demonstranten reden wollen auch Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Klöckner erläuterte, viele Bauern fühlten sich von der gesellschaftlichen Diskussion in die Ecke gestellt und pauschal als Umweltverschmutzer oder Tierquäler verunglimpft. Es gehe ihnen daher auch um mehr Wertschätzung, schrieb sie in einem Brief an die Unionsfraktion. Die Ministerin betonte zugleich: «Wer zu lange wartet oder sich gegen Veränderungen und Anpassungen wehrt, den ereilen die Notwendigkeiten umso heftiger.» Für den 2. Dezember hätten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und sie rund 40 Landwirtschaftsorganisationen zum Gespräch geladen.

Zu der Kundgebung aufgerufen hat die Initiative «Land schafft Verbindung», in der sich Zehntausende Bauern zusammengefunden haben. Mitte November gab es schon Proteste bei der Umweltministerkonferenz in Hamburg, im Oktober fuhren Bauern in mehrere Städte, allein 6.000 nach Bonn. Im Berliner Stadtgebiet wird wegen der An- und Abfahrt der Traktoren an diesem Dienstag mit größeren Verkehrsbehinderungen gerechnet.

Akuten Ärger ausgelöst hat vor allem ein «Agrarpaket», das das Kabinett im September auf den Weg gebracht hat. Unter anderem zum Insektenschutz soll der Einsatz von Unkraut- und Schädlingsgiften stark eingeschränkt werden. Für Verbraucher soll ein neues Logo kommen, das Schweinefleisch aus besserer Tierhaltung kennzeichnet - wenn Bauern freiwillig mitmachen. Aus den wichtigen EU-Agrarzahlungen an die Höfe wird mehr Geld für Umweltmaßnahmen reserviert.

Die FDP forderte, das Agrarpaket auf Eis zu legen. FDP-Agrarexperte Gero Hocker warf Klöckner einen «Ausverkauf der Landwirtschaft in Deutschland» vor. Die Politik bei Tierwohl, Insektenschutz und Düngeverordnung führe zur Verlagerung der Produktion ins Ausland, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Tieren, Insekten und Grundwasser wird damit ein Bärendienst erwiesen.» Karlheinz Busen (FDP) mahnte, auf das «Signal der Überforderung» zu hören. Um ein Höfesterben zu verhindern, müsse die Politik «beim Erlass neuer Gesetze einfach einmal für ein paar Jahre die Füße stillhalten.»

Bauernpräsident Joachim Rukwied forderte eine grundlegende Überarbeitung der Pläne zum Insektenschutz. An Stelle von Verboten sollten Landwirte, Politik und Naturschutzorganisationen «gemeinsam Lösungen finden, wie sich Natur- und Artenschutz weiter verbessern lässt, unter Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe», sagte er der «Passauer Neuen Presse» (Dienstag).

Klöckner hebt auch Einflussmöglichkeiten der Verbraucher beim Einkauf hervor. «In Deutschland werden bei der Anschaffung von Küchen oft enorme Summen ausgegeben, aber nur neun Prozent des Einkommens für das, was dort dann zubereitet wird», sagte sie den Zeitungen der VRM («Mainzer Allgemeine», «Wiesbadener Kurier», «Darmstädter Echo»/Dienstag). Der «Bild»-Zeitung (Dienstag) sagte sie: «Wir müssen unsere Ansprüche mit dem eigenen Konsumverhalten abgleichen. Wer mehr Tierwohl in den Ställen will, darf nicht zum billigsten Schnitzel greifen. Sonntags hohe Standards bei Tierwohl und Nachhaltigkeit predigen, Montag bis Samstag aber möglichst billig einkaufen, das geht nicht zusammen.»
dpa
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