Nach jahrelangen Ankündigungen von «grünem» Sprit in deutschen Autos bogen die Koalitionsfraktionen am Freitag kurzfristig eine Entscheidung im
Bundestag ab. In letzter Minute wurde der Punkt von der Tagesordnung abgesetzt - überraschend, nachdem er so kurzfristig erst draufgesetzt worden war.
CDU/CSU und
SPD vermieden so angesichts von Widerstandes in den eigenen Reihen eine mögliche spektakuläre Abstimmungsniederlage.
Nach Angaben aus der Koalition soll das Thema eventuell am 23. April - nach der Osterpause - wieder aufgerufen werden. Experten in der Koalition äußerten sich indessen skeptisch darüber, ob die eine «Existenzkrise» beklagende Branche mit durchschlagenden Besserungen rechnen kann.
Nach den Gesetzesplänen soll erneut an der Energiesteuer für Biodiesel gedreht und die Beimischungsanteile von Biosprit zu fossilem Diesel und Benzin für dieses Jahr rückwirkend verringert werden. So wird für reinen (nicht dem Normalsprit beigemischtem) Öko- Diesel rückwirkend für 2009 die Steuer je Liter um 3 Cent auf 18 Cent erhöht. Zunächst waren 21 Cent angestrebt worden. Die Beimischungs- Quote soll für 2009 von 6,25 auf 5,25 Prozent Anteil zurückgedreht werden. 2010 bis 2014 wird sie auf 6,25 Prozent eingefroren.
Noch nicht abschließend in das Gesetz eingearbeitet sind die Vorschriften für die «Nachhaltigkeit» der für die Biomasse-Produktion eingesetzten Palm- oder Sojaöle. Damit sollen Importe aus Gebieten mit äußerst klimaschädlichen Rodungen von Regenwäldern und Mooren abgewehrt werden. Der Wille dazu sollte aber in einer Entschließung deutlich gemacht werden, da die
EU-Kommission eine deutsche Verordnung erst zulässt, wenn die der EU-Kommission in trockenen Tüchern ist. Hier muss noch der Energie-Ministerrat der EU zustimmen.
«Heute ist ein unglücklicher Kompromiss von der Tagesordnung gestrichen worden», sagte der CDU-Abgeordnete Norbert Schindler. «Die Senkung der Biokraftstoffanteile in Benzin und Diesel hätte eine stärkere Nutzung fossiler Kraftstoffe und eine Reduzierung des Einsatzes von Biokraftstoffen um 19 Prozent bedeutet», beklagte Schindler, der auch Vorsitzender des Bundesverbandes der deutschen Bioethanolwirtschaft ist. «Die Koalition ist handlungsunfähig», sagte der energiepolitische Sprecher der Grünen. Für die FDP-Abgeordnete Christel Happach-Kasan dagegen wird die Biospritpolitik mit der Vertagung «immer mehr zu einem Stück aus dem Tollhaus».
Sie geht letztlich auf die jetzt begonnene Osterpause des Bundestages zurück. Viele Abgeordnete hätten sich am letzten Sitzungstag vorzeitig zu Terminen in ihre Wahlkreise verabschiedet, hieß es. «Damit entstand die Gefahr, dass wir unser eigenes Gesetz nicht durchkriegen», sagte ein Unionsabgeordneter auf Anfrage.
Allerdings gab es in den eigenen Reihen noch viele Unzufriedene über den von den Obleuten kurzfristig erreichten Kompromiss. «Da gibt es immer noch viele Interessen», hieß es in der SPD-Fraktion. Außerdem hätten Interventionen von EU-Kommissar Günter Verheugen zur Festlegung der «Nachhaltigkeit» die Stimmung auch nicht gerade verbessert. (dpa)