Gerade wegen der anhaltenden Zinsflaute würde sich so manches Unternehmen gern stärker beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa engagieren und so höhere Renditechancen nutzen. Doch die Branche beklagt mangelnde Planungssicherheit und hinderliche Vorschriften.
Nicht einmal ein Prozent ihrer Kapitalanlagen im Wert von insgesamt 1,4 Billionen Euro haben die deutschen Erst- und Rückversicherer nach Angaben des Branchenverbandes GDV bisher in Infrastruktur und regenerative Energien gesteckt.
Dabei passen solche Investitionen eigentlich gut zum Geschäftsmodell vor allem der Lebensversicherer, die ihre Versprechen an die Kunden erfüllen müssen: Sie bieten bei geringen Risiken höhere Renditen als Staatsanleihen, wie Patrick Mäder von der Unternehmensberatung BearingPoint sagt. Hinzu kommen stabile Erträge über lange Laufzeiten.
Weil es aber um Investitionszeiträume von 20 Jahren und mehr geht, brauche man einen verlässlichen Rechtsrahmen, mahnt GDV-Präsident Alexander Erdland: «Einmal festgelegte Spielregeln dürfen nicht rückwirkend vom Gesetzgeber geändert werden. Dies gefährdet die Planungssicherheit und hemmt die Investitionsbereitschaft.»
Auch steigende Eigenkapital-Anforderungen unter dem Stichwort «Solvency II» sieht der Verband als Bremse. Nachhaltige Energie- und Infrastrukturprojekte würden dabei wie Investitionen in Hedgefonds behandelt, «obwohl diese deutlich höhere finanzielle Risiken aufweisen», beklagt der GDV.
Die Deutsche Bundesbank war den Versicherern jedoch schon vor anderthalb Jahren in die Parade gefahren. Ein verstärktes Engagement etwa bei Infrastrukturprojekten würde die Risiken für die Branche erhöhen, warnte die Zentralbank Ende 2012.
Dass solche Gefahren auch vom Staat ausgehen können, erfuhr die Allianz vor wenigen Monaten in Norwegen. Dort strich die Regierung die Vergütungssätze für ein Gasleitungsnetz zusammen, an dem sich der Versicherer mit 1,3 Milliarden Euro beteiligt hatte. Die Allianz hat Klage eingereicht.
Klar ist: Das Geld aus der Finanzbranche dürfte auch für künftige Projekte und zur Umsetzung der Ausbauziele dringend gebraucht werden. Vor allem Windparks auf See mit ihren kostspieligen Netzanbindungen verschlingen schnell Milliardensummen - ganz zu schweigen von der Erweiterung des Leitungsnetzes und dem Bau neuer Umspannstationen.
Allein für die großen Stromtrassen in Deutschland sind zehn Milliarden Euro an Investitionen veranschlagt. Teure Erdkabel und kleinere Verteilnetze sind da noch gar nicht eingerechnet. «Kein Energiekonzern will oder kann solche Summen vollständig aus der eigenen Bilanz finanzieren», erklärt dazu der GDV. «Auch die Netzbetreiber sind überfordert und suchen sich finanzstarke Partner.»
Hier gibt es allerdings ein weiteres Problem: Energieerzeugung und -transport sind in Europa strikt voneinander zu trennen, um eine Konzentration zu vermeiden. Die Vorschrift gilt aber nicht nur für Energiekonzerne, sondern auch für die Kapitalgeber. Deshalb dringen die Versicherer auf eine Lockerung: Man wolle ja selbst gar nicht operativ im Energiegeschäft tätig werden, argumentiert die Branche.
Insbesondere die großen Spieler Allianz und Munich Re haben bereits Milliarden in Windparks und Photovoltaik-Anlagen investiert. 2014 könnte die Munich Re nachlegen - stabile Rahmenbedingungen und angemessene Renditechancen vorausgesetzt.
Der Rückversicherer peilt eine Zielgröße von vier Milliarden Euro für solche Investments in Infrastruktur und erneuerbare Energien an, nennt dafür aber keinen Zeitraum. Auch die Allianz - in deren Anlageportfolio sich inzwischen 43 Wind- und 7 Solarparks in Frankreich, Deutschland, Italien und Schweden finden - erwartet, dass der Markt weiter wächst.
Die Branche ist bei alldem aber nicht nur Kapitalgeber, sondern auch Risikoträger der Energiewende. So versichert die Allianz Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen, aber auch Anlagen aus den Bereichen Solarthermie, Biogas,
Biomasse, Wasserkraft und Bioethanol.
Zu Prämien und Profitabilität macht der Konzern keine Angaben. Weil heute errichtete Anlagen jedoch deutlich größer und komplexer seien als noch vor wenigen Jahren, gehörten sie mittlerweile «zu den schwereren Risiken», sagt Allianz-Manager Wolfram Pazur. (dpa)