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26.01.2011 | 23:01 | Erreger 

Doppel-Infektion weckt schlummernde Keime

Hamburg - Wenn zwei oder mehr verschiedene Keime in einem Körper zusammentreffen, kann der Krankheitsverlauf deutlich schwerer sein als nur durch einen Erreger.

Grippevieren
(c) proplanta
Mediziner sprechen von Koinfektionen. So kann eine jahrelang schlummernde Tuberkulose ausbrechen, weil der Mensch sich mit HIV angesteckt hat. Treffen Lungenentzündungsbakterien auf Grippe-Viren, dann führt womöglich die Behandlung mit bestimmten Antibiotika zu einer Zerstörung des Lungengewebes. Das Zusammenspiel dieser Erreger und Konsequenzen für die Behandlung diskutieren von diesem Mittwoch an internationale Experten im Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin.

Grippe-Viren rufen im Lungengewebe spezielle Reaktionen hervor. Der US-Wissenschaftler Jonathan A. McCullers hat dies an Mäusen untersucht. «Infektionen mit Influenza A-Viren schädigen das Gewebe so, dass sich dort Bakterien wie Pneumokokken ansiedeln und vermehren können, was Lungenentzündungen mit überschießenden Entzündungsreaktionen zur Folge hat», erklärte Mitorganisator Prof. Ulrich Schaible vom Forschungszentrum Borstel im Vorfeld der Tagung.

In den Versuchen stellte sich heraus, dass das Antibiotikum Ampicillin diese Reaktion noch befeuerte und die Lungenzellen zerstörte, was zu schwereren Infektionen und niedrigeren Überlebensraten führte. Mit anderen Antibiotika, die zwar auch die Vermehrung der Bakterien hemmen, aber nicht ihre stark entzündlichen Bestandteile freisetzen, seien deutlich weniger Tiere gestorben. Diskutiert wird nun laut Schaible, inwiefern diese Ergebnisse die Behandlung von Lungenentzündungen verbessern könnten.

Prof. Schaible selbst befasst sich mit Tuberkel-Bakterien. Schätzungen zufolge ist etwa ein Drittel der Weltbevölkerung Träger dieser Erreger, ohne dass die Krankheit ausbricht. «Das Immunsystem hält sie normalerweise im Schach - doch bei einer Immunschwäche wie durch HI-Viren kann die Tuberkulose durchbrechen», sagte Schaible. «Überraschend ist aber, dass diese Patienten die Krankheit nicht so leicht durch Husten übertragen können wie Patienten ohne HIV - die Reaktion des Immunsystems in der Lunge ist offensichtlich eine andere.»

«Das Immunsystem ist hochkomplex, und eine Infektion mit einem bestimmten Erreger kann ganz verschiedene Auswirkungen haben, dies sieht man zum Beispiel bei Wurminfektionen», sagte Schaible, der auch Sprecher des Leibniz Center Infection (LCI) ist. Wurmerkrankungen durch Haken-, Spul-, Peitschenwürmer oder auch dem Pärchenegel, dem Erreger der Bilharziose, betreffen in erster Linie Menschen in ärmeren Ländern.

«Ein Befall mit diesen Parasiten löst die Bildung von sogenannten IgE-Antikörpern aus, die auch bei allergischen Reaktionen vermehrt entstehen», sagte Schaible. Forscher, unter anderem am Bernhard- Nocht-Institut und am Forschungszentrum Borstel, suchen nun nach Wurm-Eiweißen. Die Idee dahinter ist, dass diese Stoffe möglicherweise Menschen mit Allergien oder chronischen-entzündlichen Darmerkrankungen helfen könnten.

Andererseits würden die Immunantworten gegen Wurminfektionen bewirken, dass weitere Reaktionen des Immunsystems geschwächt werden, was beispielsweise negativ für den Kampf der weißen Blutkörperchen gegen Tuberkulosebakterien sei. Auch die Anfälligkeit für Malaria oder HIV könnte demnach erhöht sein. Zu diesem Thema haben Schaible und Kollegen Wissenschaftler vom schwedischen Karolinska Institut eingeladen.

Das Leibniz Center Infection (LCI), das die Tagung ausrichtet, ist ein virtueller Zusammenschluss dreier norddeutscher Institute der Leibniz-Gemeinschaft. Dazu gehören das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und das Heinrich-Pette-Institut in Hamburg, sowie das Forschungszentrum Borstel. Das Symposium zum Thema Ko-Infektionen läuft bis Donnerstag. (dpa)
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