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02.04.2013 | 15:43 | Stromüberschuss 

Deutschland steigert Stromexport trotz Atomwende

Wiesbaden/Berlin - Deutschland hat trotz der Stilllegung von acht Atomkraftwerken im vergangenen Jahr so viel Strom ins Ausland exportiert wie zuletzt vor fünf Jahren.

Stromausfuhr
(c) proplanta
Der Überschuss war mit netto 22,8 Terawattstunden (TWh) fast viermal so hoch wie noch im Jahr 2011, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mit.

2012 importierte Deutschland 43,8 Terawattstunden (TWh) über die europäischen Stromnetze. Ausländische Stromversorger - hauptsächlich aus den Niederlanden, Österreich und der Schweiz - kauften 66,6 TWh aus Deutschland ein. Der Wert der Stromexporte betrug 3,7 Milliarden Euro, der der Importe 2,3 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieb somit ein erwirtschafteter Stromhandelsüberschuss von 1,4 Milliarden.

Die netto exportierte Strommenge entspricht der Jahresproduktion von mehr als zwei Kernkraftwerken. 2006 und 2008 hatte es mit jeweils 22,9 TWh ein geringfügig höheres Plus beim Stromverkauf gegeben. Der Bundesverband der Energie- und Wasserschaft (BDEW) nennt die neuen Zahlen sogar einen neuen historischen Höchstwert, da er nach bereits Anfang des Jahres vorgelegten Zahlen auf 23,1 TWh Überschuss kommt. Eine Terawattstunde entspricht einer Milliarde Kilowattstunden.

Grund für den Überschuss ist die Energiewende mit der Zunahme von Solar- und Windstrom. Der Anteil alternativer Energien kletterte 2012 in Deutschland auf 23 Prozent. Mitte 2011 waren acht von 17 deutschen Atomkraftwerken nach der Fukushima-Katastrophe stillgelegt worden.

Da aber die Produktion in Wind- und Solarparks je nach Wetter schwankt, kommt es immer wieder zu hohen Überschüssen. Zeitweise kam es dadurch vergangenes Jahr auch zu negativen Strompreisen - deutsche Versorger mussten für das Abnehmen des Stroms sogar noch draufzahlen. Am ersten Weihnachtsfeiertag wurden zum Beispiel um 4 Uhr morgens für die Stromabnahme 220 Euro pro Megawattstunde gezahlt, damit der zu viel produzierte Strom abgenommen wurde. Am 24. März kam es jüngst erstmals auch tagsüber über mehrere Stunden zu negativen Preisen im kurzfristigen Stromverkauf - es gab enorm viel Wind- und Solarstrom bei wenig Verbrauch an diesem Sonntag.

Da im Winter insgesamt weniger Ökostrom zur Verfügung steht, sind weiterhin viele Kohle- und Gaskraftwerke notwendig, damit die Versorgung bundesweit rund um die Uhr gesichert ist. Gerade teurere Gaskraftwerke kommen aber derzeit auf zu wenige Betriebsstunden. Hierhin liegt derzeit ein Hauptproblem der Energiewende. Der BDEW verweist darauf, dass der zeitweise sehr günstige deutsche Strom gerade auch in den Niederlanden Gaskraftwerke aus dem Markt dränge.

Insgesamt fehlt bisher ein Durchbruch bei der Entwicklung von Speichern für überschüssigen Ökostrom - dies würde auch den Bedarf an fossilen Kraftwerken mindern und deren Einsatz planbarer als heute machen. «Es ein Trugschluss zu glauben, dass wir unbekümmert in Sachen Versorgungssicherheit sein können», betonte ein BDEW-Sprecher. «Die aktuellen Durchschnittsbetrachtungen bedeuten nicht, dass es in Deutschland insgesamt einen Überschuss an Strom gibt.» Es komme immer auf den Ort und den Zeitpunkt des Stromangebots und der Nachfrage an. Die Anti-Atom-Organisation «ausgestrahlt» wertete die Überschüsse als Beleg dafür, dass ein Atomausstieg auch vor 2022 möglich sei.

Das zeitweise Überangebot an Strom lässt seit Monaten die Einkaufspreise an der Strombörse fallen. Dadurch wächst zugleich die auf den Endkundenpreis aufgeschlagene Ökostrom-Umlage. Denn über die Umlage wird die Differenz zwischen dem für den Ökostrom erzielten Preis und den auf 20 Jahre garantierten festen Einspeisevergütungen gezahlt. Verbraucherschützer kritisieren, dass die Energieversorger gesunkene Einkaufspreise bisher zu wenig an die Kunden weiterreichen. (dpa)
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