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24.10.2014 | 10:18 | Energiewende 

Energiepolitik der Staatsregierung erntet scharfe Kritik

München - Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hat bei ihrer lang erwarteten ersten Regierungserklärung zur Energiewende wachsende Unruhe und Kritik in bayerischer Wirtschaft und Opposition nicht besänftigt

Energiepolitik
Wirtschaftsministerin Aigner gibt ihre erste Regierungserklärung zur Energiewende. Doch weil noch immer unklar ist, in welche energiepolitische Richtung die Staatsregierung marschiert, hagelt es Kritik. (c) proplanta
Die CSU-Politikerin versprach am Donnerstag im Landtag einen umfassenden Dialog in Bayern und stellte eine Reihe von Forderungen an den Bund auf.

Aigner verlangte eine Umgestaltung des Strommarkts, damit konventionelle Kraftwerke wieder rentabel betrieben werden können. Dazu gehörten Subventionen für neue Gaskraftwerke, die künftig Ersatz für Atomstrom liefern könnten. Außerdem forderte sie Steueranreize für die Sanierung von Gebäuden.

Die Staatsregierung betont inzwischen, dass auch künftig mehr als die Hälfte des bayerischen Strombedarfs in konventionellen Kraftwerken produziert werden soll - bevorzugt mit Erdgas. Aigner räumte ein, dass im dritten Jahr des Atomausstiegs wesentliche Fragen ungeklärt sind. Die Opposition warf der Staatsregierung Ziel- und Richtungslosigkeit vor, die Wirtschaft dringt auf schnelle Entscheidungen.

Aigner dagegen betonte: «Wir (...) können die Energiewende nur gemeinsam mit den Menschen in unserem Land lösen.» Die Ministerin will bei ihrem dreimonatigen Dialog persönlich verhandeln mit Wirtschaft, Kommunen, Verbänden und anderen Interessengruppen, die Bürger sollen über das Internet teilnehmen können. Der Dialog werde ergebnisoffen sein, versprach Aigner. Erst nach dem Ende des Dialogs will sie ihr mehrfach verschobenes Energiekonzept vorstellen, das ursprünglich für das Frühjahr angekündigt war.

Somit soll auch erst im nächsten Jahr entschieden werden, ob die Staatsregierung sich für oder gegen die zwei umstrittenen 500 Kilovolt-Höchstspannungstrassen ausspricht, über die künftig Strom aus Norddeutschland nach Bayern transportiert werden soll. Aigner sagte, am Ende werde ein Kompromiss stehen: «Es wird vielleicht nicht hundertprozentig ökologisch, aber auch nicht hundertprozentig kostengünstig sein.»

Ihre Regierungserklärung stieß in der CSU-Fraktion auf kein großes Interesse, die Reihen blieben halb leer. SPD, Freie Wähler und Grüne kritisierten, der Staatsregierung fehle in der Energiepolitik nach wie vor der Plan. SPD-Energieexpertin Natascha Kohnen kritisierte insbesondere Aigners Gaspläne: «Damit macht sich Bayern abhängig von russischem Gas.» Die übrigen Bundesländer hätten kein Interesse, bayerische Gaskraftwerke zu subventionieren: «Welchen Grund haben die, unser Chaos zu bezahlen?»

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sagte, nicht Aigner bestimme die bayerische Energiepolitik, sondern Ministerpräsident Horst Seehofer. «Sie geben weder Tempo noch Richtung vor, sagte Hartmann zu Aigner. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Thorsten Glauber monierte: «Heute sind alle Fragen offen geblieben.»

Der Hauptgeschäftsführer des Bayerische Industrie- und Handelskammertages (BIHK), Peter Driessen, erklärte: «Die Wirtschaft stellt der bisher mangelhaft umgesetzten Energiewende ein schlechtes Zeugnis aus.» Zehn Prozent der bayerischen Industriefirmen hätten wegen der hohen Strompreise Betriebsteile ins Ausland verlagert oder Kapazitäten in Bayern abgebaut.

Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft drückt aufs Tempo: «Bis zum Jahreswechsel muss der Dialogprozess abgeschlossen und es muss klar sein, wie auch über 2022 hinaus die Stromversorgung in Bayern und Deutschland aussieht», sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Seehofer verteidigte den Dialog: «Ernstzunehmende Beteiligung verbietet, dass man zu Beginn sagt, wie's ausgeht.» (dpa/lby)
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