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05.03.2012 | 20:06 | Energiewende 

Nuklearforscher fürchten Kompetenzverlust durch Energiewende

Karlsruhe - Mit dem Atomausstieg steht auch die nukleare Sicherheitsforschung in Deutschland auf dem Prüfstand.

Atomausstieg
(c) proplanta
«Unsere Kompetenz in Sicherheitsfragen ist international sehr gefragt, aber wie lange noch?», sagte Kernreaktor-Experte Joachim Knebel, Bereichsvorstand am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Politik müsse nun entscheiden, in welcher Richtung es mit der Nuklearforschung weiter gehen soll.

Gleichzeitig warnte Knebel davor, den Energieforschungsbereich zu schnell umzustrukturieren. «In jedem Fall unterstützen wir den Umbau unseres Energiesystems», stellte Knebel klar. Dennoch brauche Deutschland Fachleute in der Nuklearforschung, nicht zuletzt um die Sicherheitsstandards ausländischer Kernkraftwerke beurteilen zu können und international respektiert und sprechfähig zu sein. Die deutsche Atomforschung habe sich in den vergangenen Jahrzehnten eine hohe Reputation erarbeitet.

Daran will das Bundesforschungsministerium festhalten. Die Nuklearforschung werde weiterhin so gefördert, «dass die in Deutschland vorhandenen Kompetenz bewahrt und weiterentwickelt werden können», sagte ein Sprecher. Für den Nachwuchs in der nuklearen Sicherheitsforschung stelle das Ministerium jährlich zehn Millionen Euro zur Verfügung, für Wissenschaftsprojekte zum Rückbau kerntechnischer Anlagen weitere fünf Millionen Euro.

Knebel verwies darauf, dass vor allem die in Deutschland entwickelte Sicherheitstechnik für Atomkraftwerke weltweit einen exzellenten Ruf genieße. «Etliche Entwicklungen wie der Kernfänger unter dem Reaktordruckbehälter oder Wasserstoffrekombinatoren stammen aus Deutschland», sagte Knebel. «Diese Kompetenzen drohen jetzt verloren zu gehen.»

In Europa liege Deutschland bei diesem Fachgebiet zurzeit noch auf Nummer zwei hinter Frankreich. Mehr als 20 der rund 80 Euratom-Forschungsprojekte stünden unter deutscher Federführung. Bei zehn Projekten habe das KIT die Koordinatorenrolle und sei damit die stärkste Forschungseinrichtung in Europa.

Diese Position will das Ministerium erhalten. Deutsche Fachleute müssten weiterhin in den internationalen Institutionen wie der Nuklear-Energie-Agentur (NEA) vertreten sein, um an den weltweiten Sicherheitsdiskussionen teilzuhaben. Zudem müsse es weiterhin Experten geben, um «die Sicherheitskonzepte der Hersteller und Betreiber von Kernkraftwerken zu prüfen, zu bewerten und gegebenenfalls weiterentwickeln zu können», sagte der Sprecher.

Knebel sieht in der deutschen Energiewende auch eine Chance für die Nuklearwissenschaft. «Im Moment sind wir gefragte Berater für Länder wie Jordanien, Indonesien oder Malaysia, die mit dem Gedanken spielen, Kernkraftwerke zu bauen», erzählte Knebel. «Sie sind neugierig auf unsere fachkundige Meinung, da wir ihnen keine Kernkraftwerke verkaufen wollen, sondern vor allem die Möglichkeiten alternativer Energien aus eigener Erfahrung benennen können.»

Einige Nuklearwissenschaftler könnten sicher auch «umschulen», erläuterte Knebel. So gebe es durchaus Überschneidungen zur Energie-Effizienzforschung und zur Entwicklung von Energiespeichern in Kombination mit konzentrierenden Solarthermiekraftwerken. Solche Anlagen würden dringend benötigt. (dpa)
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