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09.06.2023 | 01:53 | Fernwärmeversorgung 

Riesengroße Wind-zu-Wärme-Anlage in Betrieb gegangen

Wedel - Nach rund drei Jahren Planungs- und Bauzeit ist vor den Toren Hamburgs eine der größten Wind-zu-Wärme-Anlagen Deutschlands offiziell in Betrieb gegangen.

Wärme aus Windkraft
Sie ist eine der größten Anlagen ihrer Art in Deutschland und kann von Wedel aus rechnerisch 27.000 Hamburger Haushalte mit grüner Fernwärme versorgen. Ihr Treibstoff: Windenergie, die üblicherweise wegen überlasteter Netze abgeschaltet würde. (c) proplanta
Die nach Angaben der Hamburger Energiewerke rund 31,5 Millionen Euro teure Power-to-Heat-Anlage auf dem Gelände des Kohlekraftwerks Wedel (Kreis Pinneberg) leistet 80 Megawatt und kann rechnerisch 27.000 Hamburger Haushalte mit grüner Fernwärme versorgen.

Die CO2-Einsparung bezifferten die Energiewerke auf bis zu 100.000 Tonnen pro Jahr. Außerdem könnten durch den dann geringeren Einsatz des Kohlekraftwerks bis zu seiner endgültigen Stilllegung pro Jahr rund 50.000 Tonnen Kohle eingespart werden.

«Das ist schon beachtlich, was hier passiert», sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der am Donnerstag zur offiziellen Inbetriebnahme in die Stadt an der Elbe gereist war.

Als er noch schleswig-holsteinischer Energieminister gewesen sei, sei er oft beim Kohlekraftwerk Wedel gewesen. «Und immer gab es Ärger», sagte er. Lackschäden an Autos oder versaute Terrassen, die Emissionen des Kraftwerks - es ist das älteste in ganz Deutschland - führten stets zu Streit, wie auch Habecks Nach-Nachfolger im Amt, Tobias Goldschmidt (Grüne), sagte.

Nun wird in Wedel klimaneutraler und sauberer Windstrom in Wärme für das Hamburger Fernwärmenetz umgewandelt. «Am ehesten ist das Ganze mit einem klassischen Wasserkocherprinzip zu erklären», sagte die technische Geschäftsführerin der Hamburger Energiewerke, Kirsten Fust. Dabei werden in den beiden Elektrokesseln mit erneuerbaren Energien jeweils 23.000 Liter Wasser auf bis zu 138 Grad erhitzt. Die dabei entstehende Wärme werde dann über Wärmetauscher an das Heizwasser abgegeben und in das Hamburger Fernwärmenetz eingespeist.

Genutzt werde die Anlage immer dann, wenn in Norddeutschland mehr Windstrom erzeugt wird als über die Stromleitungen abtransportiert werden kann - und deshalb bislang Windkraftanlagen abgestellt werden.

«Power-to-Heat ist eine gute Möglichkeit zwei Vorteile zusammenzubringen», sagte Habeck. Zum einen werde das Netz entlastet in Zeiten, wo Windräder normalerweise abgeriegelt werden müssten, und zum anderen ersetze die zusätzliche Energie wie in diesem Falle Kohle. Bundesweit gebe es bislang rund 30 derartiger Anlagen, wobei Wedel zu den größten zähle, sagte Habeck.

Bei seinem Besuch, der wegen Problemen bei der Bahn mit rund eineinhalbstündiger Verspätung begann, versprach Habeck, das Vergütungsproblem beim überschüssigen Strom zu klären. «Diejenigen, die in Schleswig-Holstein Politik gemacht haben, wissen, dass es ein einziges Ärgernis ist, dass Energie, die produziert werden könnte, abgeriegelt wird zulasten auch der Verbraucherinnen und Verbraucher, die diese Energie trotzdem bezahlen müssen.» Das Gebot der Stunde sei daher «nutzen statt abschalten». Entsprechend entwickle sein Ministerium derzeit auch eine neue Lösung etwa über ein Gebotssystem.

Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) erinnerte an das Versprechen an die rund 250.000 Fernwärmekunden der Hansestadt, dass die Preise nicht teurer würden als bei der Nutzung von Öl und Gas.

«Wenn man sich da die Schwankungen auf den Märkten anschaut, dann hat man da schon mal Schweißperlen auf der Stirn.» Generell könne die Wärmewende aber nur gelingen, wenn derartige Anlagen an vielen Stellen in Deutschland entstünden. Gleichzeitig verwies Kerstan auf den in Hamburg geplanten Aquifer-Speicher. Mit ihm könne dann im Sommer erzeugte Wärmeenergie tief im Boden gespeichert und Monate später im Winter genutzt werden.

Die neue Power-to-Heat-Anlage kann das bislang nicht, sie funktioniert nur, wenn die Wärme aktuell gebraucht wird, wie Fust sagte: «Wir können nicht heißes Wasser ins Netz tun, wenn es am Ende keiner abnimmt.» Bei dem vor allem von den Bürgern Wedels ersehnten endgültigen Stilllegungstermin des Kohlekraftwerks hielt sich Fust zurück.

«Mein höchstes Gut ist Versorgungssicherheit, das heißt, ich werde Wedel erst abschalten, wenn der Energiepark Hafen läuft und wenn wir ihn einmal voll durchgetestet haben.» Deswegen könne sie auch nicht sagen, ob Wedel 2025 oder erst 2026 abgeschaltet werde.
dpa/lno
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