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09.02.2010 | 08:49 | Bioenergie  

Studie: Biosprit auf Kosten des Amazonas-Urwaldes

São Paulo - Der geplante Ausbau der Ethanol- und Biodiesel- Produktion in Brasilien könnte auch indirekt die Zerstörung des Regenwaldes forcieren:

Biodiesel
(c) proplanta
Durch eine Ausdehnung des Anbaus von Zuckerrohr (Ethanol) und Sojabohnen (Biodiesel) werden einer Studie zufolge Rinderzüchter vor allem im Südosten Brasiliens verdrängt. Sie würden dann in die Nähe des Amazonas-Regenwaldes ausweichen und dort bewaldete Flächen für die Viehhaltung abholzen. Durch diese Umwidmung der Landnutzung werde die Klimabilanz des Biosprits erheblich verschlechtert. An der am Montag veröffentlichten Studie hatten unter anderem Forscher der Universität Kassel, des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg und des UN-Umweltprogramms in Nairobi mitgearbeitet. Die Studie ist in den «Proceedings of the National Academy of Sciences» (online vorab) veröffentlicht.

Brasilien ist neben den USA führend bei der Produktion von Ethanol, wobei das südamerikanische Land anders als die USA seit Jahrzehnten nicht auf Mais sondern die hocheffiziente Zuckerrohr- Pflanze als Rohstoff setzt. Die Zuckerrohr-Plantagen liegen aber nicht im Amazonas-Gebiet, sondern vor allem im Süden und Südosten und auch im Nordosten des Landes. Zuckerrohr, aus dem im Übrigen auch der landestypische «Cachaça» (Zuckerrohrschnaps) gewonnen wird, wächst derzeit auf etwa 8.000 Quadratkilometer Fläche. Nach offiziellen Angaben könnte diese Fläche aber mehr als verachtfacht werden. Um das Ausbau-Ziel bis 2020 zu erreichen, prognostizieren die Forscher, dass bei Zuckerrohr 57.200 Quadratkilometer und bei Soja sogar 108.100 Quadratkilometer Fläche hinzukommen müssten. Das wäre zusammen die rund Hälfte der Fläche Deutschlands.

Zu 88 Prozent würde diese Zusatzfläche aus ehemaligen Viehweiden bestehen. Die Rinderzüchter würden verdrängt und müssten nach der Simulation der Studie 121.970 Quadratmeter Waldfläche abholzen, um neuen Weideplatz für ihr Vieh zu kultivieren. Der Effekt: Die Biotreibstoffe tragen indirekt zur Regenwaldabholzung bei und die gute Kohlendioxid-Bilanz von Ethanol und Biodiesel wird konterkariert. Zuckerrohr wäre dabei für 41 und Soja für 59 Prozent der «indirekten Entwaldung» verantwortlich. Die Wissenschaftler rechnen vor, dass man 250 Jahre bräuchte, bis das von der Regenwaldabholzung verursachte Kohlendioxid durch die Vorteile der Biospritnutzung wieder ausgeglichen sei. Allerdings ist es erklärtes Ziel der Regierung in Brasília, die Abholzung im Amazonas bis 2020 um 80 Prozent zu reduzieren.

Als einen Lösungsvorschlag regen die Forscher an, in Brasilien die ertragsreicheren Ölpalmen anstatt Soja anzupflanzen. Damit könnte die für Biodiesel bis 2020 zusätzlich benötigte Fläche von 108.100 (Soja) auf nur 4.200 Quadratkilometer (Ölpalmen) reduziert werden. Brasilien ist seit Jahrzehnten führend auf dem Gebiet der Biospritherstellung. Über 90 Prozent der in Brasilien verkauften Neuwagen verfügen inzwischen über «Total-Flex-Motoren», die mit einer beliebigen Mischung aus herkömmlichem Benzin und Ethanol fahren. Ethanol ist inzwischen nach Öl die zweitwichtigste Energiequelle in dem südamerikanischen Land.

An der Studie unter Leitung von David Lapola von der Universität Kassel waren auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig beteiligt. (dpa)
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