Der Iran hat bereits angekündigt, nach dem Ende der westlichen Sanktionen seine Ölexporte rasch wieder auszubauen. Zwar glaubt auch Präsident Ruhani nicht an einen kurzfristigen Boom. Doch klar ist: Die Weltpreise geraten noch stärker unter Druck. (c) proplanta
Was für die sanktionsgeplagte Wirtschaft Irans eine gute Botschaft ist, könnte die Lage am Rohölmarkt noch weiter zuspitzen. Dort befinden sich die Preise im Sturzflug, und ein Ende ist nicht absehbar.
Hauptgrund ist ausgerechnet ein viel zu hohes Angebot an Erdöl - das jetzt noch weiter steigen dürfte. Einige Fragen und Antworten zu Ölschwemme und Preissturz:
Welche Rolle spielt Iran am Ölmarkt?
Bevor der Streit über das iranische Atomprogramm eskalierte, war Iran ein sehr wichtiger Ölförderer. Im Ölkartell Opec (Organisation Erdöl exportierender Länder) war es nach Saudi-Arabien, dem mit Abstand mächtigsten Mitgliedsland, lange Zeit der größte Produzent. Infolge der Handelssanktionen fiel das Land in der Bedeutung aber zurück.
Zuletzt lag die Tagesproduktion bei weniger als drei Millionen Barrel (je 159 Liter), verglichen mit mehr als zehn Millionen Fass pro Tag in Saudi-Arabien. In der Opec rangiert Iran zurzeit an fünfter Stelle.
Wie will Iran auf die Sanktionsaufhebung reagieren?
Die Ankündigung der Europäischen Union vom Wochenende, Einfuhrverbote für iranisches Rohöl aufzuheben, kam nicht überraschend. Weil Iran seinen Verpflichtungen aus dem Atomabkommen laut der Aufsichtsbehörde IAEA nachgekommen ist, war eine rasche Aufhebung der Sanktionen bereits erwartet worden.
Das Land hat im Vorgriff bereits angekündigt, seine Ausfuhren schnell um eine halbe Million Barrel je Tag steigern zu wollen. Ob eine rasche Erhöhung von Produktion und Ausfuhr gelingt, ist unter Experten aber umstritten. Zunächst muss etwa die Ölindustrie modernisiert werden. Auch Irans Präsident Hassan Ruhani betont, ein kurzfristiger Boom sei unrealistisch.
Welche Folgen hat eine Rückkehr Irans an den Ölmarkt?
Eine ganz erhebliche, denn die Welt schwimmt bereits in Rohöl. Die Opec produziert etwa eine Million Barrel je Tag mehr als nachgefragt wird. Wichtigster Grund dafür ist ein Preiskampf, mit dem vor allem Saudi-Arabien seine Marktanteile verteidigen will. Das richtet sich in erster Linie gegen aufstrebende Produzenten aus den USA, die ihre Förderung durch die umstrittene Fracking-Technologie stark erhöht haben.
Aber auch andere größere Föderländer wie Russland oder Kanada pumpen immer mehr Öl in den Markt. Das hat die Weltmarktpreise für Rohöl auf den tiefsten Stand seit mehr als zwölf Jahren einbrechen lassen. Derzeit liegt er unter 30 Dollar, verglichen mit 110 Dollar Mitte 2014.
Was bedeutet der Ölpreisverfall für die Weltwirtschaft?
Die Folgen sind zweischneidig, weil es Gewinner und Verlierer gibt. Zu den Profiteuren zählen Verbraucher sowie Unternehmen in Ölimportländern wie Deutschland. «Niedrigere Ölpreise kommen in Europa einer Steuersenkung gleich», sagt Erik Nielsen, Chefvolkswirt der Großbank Unicredit.
Und Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg, betont: «Für die Welt als Ganzes ist die zusätzliche Versorgung mit Öl ein Segen.» Verlierer sind dagegen Unternehmen und Länder, die an dem Verkauf von Rohöl verdienen. Das kann zu zahlreichen Problemen führen, weil Firmen Personal abbauen und Staaten Sozialausgaben kürzen müssen.
Fallen die Ölpreise jetzt noch weiter?
Das ist eine schwierige Frage, weil die Antwort von vielen Faktoren abhängt. Grundsätzlich spricht ein noch höheres Angebot für noch niedrigere Preise. Allerdings rechnen Experten mit einem bald fallenden Angebot in den USA, weil viele der dortigen Produzenten schon jetzt nicht mehr rentabel arbeiten können.
Die Fachleute von der Commerzbank erwarten deshalb eine deutliche Verringerung der US-Förderung im Laufe des Jahres. Auf längere Sicht könnte es sogar zu einer Ölknappheit und steigenden Preisen kommen, weil viele Förderer wegen des Ölpreisverfalls zurzeit ihre Investitionen zurückstellen.