Wurde er anfangs zum Symbol für umweltfreundliches Verhalten, ist es inzwischen schwer geworden, zum «Green-Car»-Fahrer zu werden. Die Beimischungsmengen im Autotank dümpeln im Schnitt immer noch bei deutlich unter zehn Prozent. Und statt rasantem Ausbau erleben die Autobesitzer trotz stark schwankender Preise für den herkömmlichen fossilen Sprit mit hohem Kohlendioxid-Anteil derzeit eher einen Stillstand. Die Marke Biosprit - vor drei, vier Jahren noch das gehätschelte Zukunftsbaby aller Klimaschützer - hat seinen Glanz verloren.
Ausgerechnet Umweltschützer haben dafür durch offene Diskussionen gesorgt. Weniger CO2-Ausstoß im stark belasteten Autoverkehr war ja gut. Aber inzwischen brannten immer häufiger Regenwälder in Brasilien oder Moore in Indonesien - eben auch, um aus gewonnen Anbauflächen Palmöl zu produzieren und damit den Biosprit-Markt in Europa zu fluten. Die Brandrodungen wiederum setzten automatisch gigantische in Bäumen, Pflanzen und Böden gebundene CO2-Mengen frei. Ein Teufelskreislauf, der nicht gewollt sein konnte.
Deshalb werden jetzt auf Basis von EU-Recht Nachhaltigkeits- Verordnungen erlassen, wonach die gesamte Produktionskette der Bioenergie klimafreundlich sein und zertifiziert werden muss. Das soll als nächstes erfolgen. Was für die Stromproduktion schon in der Mache ist, muss auch noch für den Biosprit-Einsatz sichergestellt werden. Zugleich kam eine immer schrillere Diskussion zum Thema «Tank und Teller» auf. Diese angebliche Konkurrenz-Situation der alternativen Bodenbewirtschaftung besagt kurzum: Was ich als Energiewirt auf dem Acker für den Autotank erzeuge, steht nicht mehr für die Nahrungsmittel-Produktion zur Verfügung und erzeugt - vor allem in Entwicklungsländern - Hungersnöte und Verarmung.
Zwischenzeitlich kassierte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (
SPD) die hehren Ausbaupläne für die alternativen Kraftstoffe, auf deren Basis die Branche in hohe Kapazitäten investierte. Ein weiteres Feld war zum Streitfeld geworden: Die deutsche Automobilindustrie bestand darauf, dass die geplanten höheren Ethanol-Mengen für die Beimischung zum fossilen Benzin nicht motorenverträglich für die Autos sein würde.
In diesem Gemisch der Anfeindung war Biotreibstoff erst einmal in eine Art Schmuddelecke gestellt. Und auch die fossilen Spriterzeuger bestehen auf Einhaltung der technischen Beimischungsgrenzen. Bei zu hohen von der Politik vorgegebenen Biosprit-Mindestmengen, die die Mineralölwirtschaft deshalb nicht erfüllen könne, müsste sie eine Strafe zahlen. Diese würde mit 3 Cent je Liter auf die Preise an den Tankstellen aufgeschlagen.
Die betroffenen Ökosprithersteller mit ihren mehr als 30.000 Arbeitnehmern sehen sich an die Wand gedrückt. Mehr als die Hälfte ihrer Kapazitäten seien nicht ausgelastet. Wegen der Besteuerung schrieben viele Betriebe rote Zahlen. Manche stünden vor dem Aus. Dennoch sieht es so aus, dass sich der
Bundestag in der kommenden Woche auch davon nicht erweichen lässt. Er kann nur noch den Einspruch des Bundesrates ablehnen. Dann ist das Verwirrspiel zunächst einmal zuende.
Die Koalition sieht den gegenwärtigen Biosprit aus Rapsblüten und ähnlichen Pflanzen ohnehin nur als Überbrückungs-Technologie. Sie steht - mit Gabriel an der Spitze - eher der zweiten Sprit-Generation aufgeschlossen gegenüber. Die aber wird frühestens 2015 erwartet: Ein verflüssigtes Synthesegas, wofür besonders wirtschaftlich sämtliche Holz- und Pflanzen-Abfälle eingesetzt werden können. In diese Zeit jedoch könnte auch eine erste Offensive von Elektroautos fallen. Dann aber könnte es auch die zweite Biosprit-Generation schwer haben. (dpa)