Es wird dargelegt, wie die Kommission aufgrund der wissenschaftlichen Gutachten über die Fischbestände, auf die sie sich bei ihrem Vorschlag für die Fangbeschränkungen und Quoten des kommenden Jahres stützt, vorzugehen gedenkt. Die neuesten Zahlen zeigen, dass sich der Zustand der Fischbestände in EU-Gewässern allmählich verbessert, allerdings fehlen - in erster Linie wegen unvollständiger Meldungen der Mitgliedstaaten - für die meisten Bestände noch ausreichende wissenschaftliche Daten. Die Kommission wird bei der Festsetzung der Höchstfangmengen daher eine neue Methode anwenden, die im Fall unzureichender Daten insbesondere in einer Kürzung der Fangmengen besteht. Zu diesen Vorschlägen der Kommission wird in den Sommermonaten eine umfassende Konsultation durchgeführt, und die Ergebnisse sollen in die Kommissionsvorschläge für die Fangmöglichkeiten im kommenden Jahr, die im Herbst verabschiedet werden sollen, einfließen.
EU-Kommissarin für Maritime Angelegenheiten und Fischerei Maria Damanaki wies mit Nachdruck auf ihr Absicht hin, die Fangmöglichkeiten nach einem neuen Vorsorgeansatz vorzuschlagen: Bei Fischbeständen, für die wissenschaftliche Daten vorliegen, werden sich die Kommissionsvorschläge genau danach richten. Liegen hingegen keine ausreichenden wissenschaftlichen Daten vor, wird die Kommission vorschlagen, die Fangmöglichkeiten systematisch zu verringern. Dieser Ansatz würde einen Rückgang der Überfischung zur Folge haben und wäre einer besseren Datenerhebung und Berichterstattung der Mitgliedstaaten förderlich. Die Kommissarin erklärte: „Zum Abbau der Überfischung müssen wir die Fischbestände so bewirtschaften, dass sie sich erholen können und langfristig die größtmöglichen Durchschnittsfänge ermöglichen, die das Meer bieten kann. Das hat zur Folge, dass sich nicht nur der Zustand der europäischen Fischbestände verbessert, sondern auch die Folgen der Fischerei für die Umwelt zurückgehen. Außerdem kommt dies der wirtschaftlichen Rentabilität des europäischen Fangsektors zugute."
Diese Vorgehensweise, die auf einem „höchstmöglichen Dauerertrag"1 basiert, wird erheblichen Nutzen bringen und bedeutet einen Wechsel von der intensiven Befischung knapper Ressourcen zur leichten Befischung größerer Bestände. Es werden dieselben oder größere Mengen gefangen, allerdings mit geringeren Auswirkungen auf die Umwelt und weniger Rückwürfen.
Das bedeutet eine geringere Schädigung des Meeresbodens, weniger Beifänge von gefährdeten Lebewesen, wie Schweinswalen, Delfinen und anderen Meeressäugern, sowie eine Senkung der Treibstoffverbrauchs ‑ weil zum Fang einer Tonne Fisch aus einem üppigen Bestand weniger Fangzeit benötigt wird als aus einem knappen Bestand. Dies wird die CO2-Emissionen ebenso verringern wie die Treibstoffkosten der Fischereifahrzeuge.
Neue Form wissenschaftlicher Gutachten
Im Jahr 2010 hat der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES), der für die Kommission wissenschaftliche Gutachten erstellt, eine neue Form von TAC-Empfehlungen entwickelt, die bis 2015 auf die MSY-Fischerei hinleiten werden. Die Kommission begrüßt diese neue Art von Empfehlungen und beabsichtigt, ihre TAC-Vorschläge hierauf zu gründen, sofern angemessene Daten vorliegen.
Ein bedeutendes Hindernis bei der Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2012 besteht aber genau darin, dass wissenschaftliche Gutachten zur Überfischung für etwa zwei Drittel der TAC fehlen. In den meisten Fällen ist dies durch fehlende Angaben zu Fängen, unvollständige Erhebungen oder mangelhafte Probennahme bedingt. Die Bereitstellung wissenschaftlicher Daten zu den Fischereien fällt in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten, und diese kommen ihrer Verantwortung in einigen Fällen nicht in vollem Umfang nach. Daher sollte in Fällen, in denen keine wissenschaftlichen Gutachten vorliegen, eine Verringerung der TAC und/oder des Fischeraufwands vorgeschlagen werden.
Außerdem sollten die Mitgliedstaaten ausreichend Mittel zur Verfügung stellen und dringend die erforderlichen Informationen vorlegen, um Bestandsabschätzungen zu ermöglichen, und sollten die wissenschaftlichen Gremien beauftragt werden, sich dringlich mit der Lösung dieser Probleme zu befassen, wobei wiederum zu berücksichtigen ist, dass die Mitgliedstaaten die Wissensgrundlagen liefern müssen. Schließlich sollten aus der kommerziellen Fischerei und wissenschaftlichen Erhebungen Indikatoren entwickelt werden, die eine Ausrichtung der Fischereien hin zu einer nachhaltigen Nutzung der Ressourcen auch in Situationen erlauben, in denen nur wenige Daten vorliegen.
Die europäischen Bürgerinnen und Bürger, das Europäische Parlament, die Mitgliedstaaten, die Regionalbeiräte und der Beratende Ausschuss für Fischerei und
Aquakultur (BAFA) sind nun aufgefordert, sich zu äußern und die Arbeitsweise, die Mitteilung auf der Kommissionswebseite dargelegt ist, zu erörtern. Die Konsultation läuft bis zum 1. September 2011. Außerdem werden die Pläne am 28. Juni auf der Tagung des Rates „Fischerei" diskutiert.
Hintergrund
Die neuesten, der Kommission vorliegenden Zahlen zeigen, dass sich der Zustand der Fischbestände in europäischen Gewässern allmählich, jedoch nach wie vor langsam verbessert. Der Anteil überfischter Bestände im Atlantik und benachbarten Meeren ist von 32 von insgesamt 34 Arten im Jahr 2004 auf 22 von insgesamt 35 Arten im Jahr 2010, d. h. von 94 % auf 63 %, gefallen. Im Mittelmeer sind 82 % der bekannten Bestände überfischt. (eu/ip)