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20.10.2009 | 19:48 | Gentechnik 

Hintergrundinformation: Nicht zugelassener gentechnisch veränderter Leinsamen

Braunschweig - Bei Untersuchungen von Leinsamen (Linum usitatissimum, Flachs) aus dem Bäckereigroßhandel wie auch in Verarbeitungsprodukten wurden Spuren von gentechnischen Veränderungen nachgewiesen.

Leinsamen
Leinsamen (c) Popova Olga - fotolia.com
Das Chemische und Veterinär-Untersuchungsamt (CVUA) Freiburg hat seit dem 20. August insgesamt 41 Proben abgepackter Leinsamen untersucht und in 16 Proben Anteile von 0,05 bis 1 Prozent gentechnisch veränderten Leinsamens gefunden. Proben aus ökologischem Anbau wiesen bisher keine Spuren auf. Die Ergebnisse der Analysen des CVUA und der Untersuchungen in anderen Bundesländern geben Anlass zu der Vermutung, dass die Befunde auf eine gentechnisch veränderte Leinsamenlinie ("CDC Triffid", Event FP967) aus Kanada zurückgehen, die einzige bekannte gentechnisch veränderte Leinsamenlinie, die angebaut werden durfte.

In Kanada ist der Anbau von gentechnisch verändertem Leinsamen der Linie CDC Triffid (seit 1996) sowie die Verwendung als Lebensmittel und Futtermittel (seit 1998) durch die zuständigen nationalen Behörden zugelassen, in den USA seit 1998 (Lebensmittel) bzw. 1999 (Anbau). Allerdings wurde nach den vorliegenden Informationen in Kanada die Sorte CDC Triffid im Jahr 2001 aus der Sortenliste gestrichen; die gentechnische Zulassung blieb davon unberührt. Seitdem wird dieser gentechnisch veränderte Leinsamen offenbar dort weder wissentlich angebaut noch als Lebensmittel oder Futtermittel vermarktet.

CDC Triffid wurde im Crop Development Centre (CDC) der Universität von Saskatchewan in Kanada Ende der achtziger Jahre entwickelt. Mittels Agrobacterium-Transformation wurde Flachs gentechnisch so verändert, dass er die Rückstände im Boden aus Anwendungen einer bestimmten Gruppe von Herbizidwirkstoffen (Sulfonylharnstoffen) im Getreideanbau toleriert. Der Grundgedanke war, auf diese Weise Landwirten die Möglichkeit zu eröffnen, die in den Prärien Kanadas offenbar üblichen engen Getreidefruchtfolgen durch Flachsanbau auflockern zu können. Sulfonylharnstoff-Herbizide werden in Getreide (einkeimblättrig) zur Kontrolle von zweikeimblättrigen Unkräutern eingesetzt. Um den Nachbau von Flachs (zweikeimblättrig) zu ermöglichen, wurde ein Acetolactat-Synthase-Gen (als-Gen, ahas-Gen) in das Flachsgenom übertragen.

In der Europäischen Union und in Deutschland bestehen derzeit keine Zulassungen für gentechnisch veränderten Flachs bzw. Leinsamen. Gentechnisch veränderte Lebensmittel oder Futtermittel sind gemäß Europäischer Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 zulassungspflichtig. Sie werden nur dann zugelassen, wenn sie einer ausführlichen Sicherheitsprüfung durch die Europäische Lebensmittelbehörde unter Beteiligung der zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten unterzogen und als gesundheitlich unbedenklich bewertet wurden. Für nicht zugelassene gentechnisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel gilt in der Europäischen Gemeinschaft eine sogenannte Nulltoleranz, das heißt, auch geringste Verunreinigungen mit nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Bestandteilen sind nicht erlaubt.

Das BVL ist mit seinem Referenzlabor in enger Zusammenarbeit mit den amtlichen Untersuchungslaboratorien der Bundesländer und im Verbund der EU an der Optimierung von Nachweisverfahren beteiligt. Es etabliert vorhandene Verfahren, um im Bedarfsfall die amtlichen Kontrolllabore zu unterstützen und beschäftigt sich aktiv mit der Entwicklung von Methoden, die einen hochspezifischen Nachweis des gentechnisch veränderten Leinsamens "CDC Triffid" erlauben, der zur Zeit noch nicht verfügbar ist.

Leinsamen (Linum usitatissimum, Flachs) ist eine alte Kulturpflanze, die zur Faser- und zur Ölgewinnung angebaut wird. Er ist eine Art aus der Gattung Lein (Linum) in der Familie der Leingewächse (Linaceae) und die einzige Leinart, deren Anbau eine wirtschaftliche Bedeutung hat. In der Praxis wird nach der Hauptverwendung in Faserlein und Öllein unterschieden. Die fettreichen Samen des Öllein sind ganz oder geschrotet in Backwaren oder in Müsli zu finden. Sie dienen der Ballaststoffanreicherung und gelten wegen ihres hohen Anteils an Omega-3-Fettsäuren als gesundheitlich wertvoll.

Öllein wird hauptsächlich in Nordamerika angebaut. Die jährlichen Erntemengen schwanken und lagen im Hauptanbauland Kanada zwischen 1996 und 2005 zwischen 517.000 und 1.082.000 Tonnen Leinsamen. Die Welternte betrug 2006 laut FAO 2.569.793 Tonnen. Die Europäische Union importierte im Jahr 2008 etwa 600.000 Tonnen, zu etwa zwei Dritteln aus Kanada. In Deutschland werden seit Jahren zwischen 3.000 und 3.500 Hektar Öllein als nachwachsender Rohstoff angebaut, die Anbaufläche für Faserlein betrug 2008 in Deutschland 42 Hektar. (bvl)
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