Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
21.10.2010 | 12:32 | Holzwirtschaft 

Laubholz-Workshop: Es keimt in den Nischen

Bern - Das Who is who der Laubholz-Branche gab sich Ende September in Olten ein Stelldichein.

Holzwirtschaft

Laubholz wächst zwar immer mehr nach, doch es wird vorwiegend thermisch verwertet, was ökologisch und volkswirtschaftlich wenig Sinn ergibt. Experten stellten ihre im Auftrag des Aktionsplans Holz des Bundes gewonnenen Erkenntnisse vor, Praktiker zeigten, was sie mit Laubholz zuwege bringen, und zum Schluss diskutierte man die Lösungsvorschläge des Bundesamtes für Umwelt.

„Wo würden Sie nun investieren?", fragte Lignum-Direktor Christoph Starck zuletzt das hochkarätige Podium. Als gemeinsamer Nenner, so zeigten die Antworten, erwies sich eine Kombination von Forschung und Praxis der Laubholzverwertung - eben dies tut der Aktionsplan bereits. „Wir liegen also nicht ganz falsch", folgerte Rolf Manser vom Bundesamt für Umwelt. Der Leiter der Abteilung Wald hatte zuvor acht strategische Stoßrichtungen in den Raum gestellt, die aus den Studienergebnissen abgeleitet wurden:

  1. Erhöhung der Wertschöpfung durch verfeinerte Sortierungen
  2. Produkte-Innovationen: etablierte Produkte in CH produzieren und auf Markt bringen; neue Produkte „erfinden"
  3. Lancierung und Durchführung von wissenschaftlich-technischen Grundlagen
  4. Analyse der Weiterverarbeiter und Halbfabrikatehändler
  5. Bildung von Betriebskooperationen in der Laubholzverarbeitung
  6. Ansiedlung eines Großsägewerks mit weiterverarbeitenden Betrieben („Laubholzcluster")
  7. Individuelle Beratung und Unterstützung der Laubholzsäger
    Kommunikation (Werbekampagnen)

Wie Produkte- und Prozessinnovationen in der Praxis aussehen können, zeigten vier Referenten auf.

Felix Flüshöh von der Firma Gàmiz im spanischen Baskenland stellte die Brettschichtholz-Balken aus Laubholz vor. „Wir sind mit unseren Laubholzprodukten seit fünf Jahren am Markt und fertigen heute aus Kastanie, Eiche, Buche und Esche zirka 30 Kubikmeter täglich", erläuterte Füshöh. Die Balken werden im Innenbereich eingesetzt. „Dank der höheren Festigkeit können wir kleinere Querschnitte und kompaktere Anschlüsse bieten." Das freue die Architekten. Gàmiz exportiert 85 Prozent seiner Laubholz-Bauteile ins europäische Ausland. Flüshöh: „Es ist ein Nischenmarkt mit viel Potenzial."

Aus einer Nische heraus einen großen Markt erobern will ebenso Tom Sieverts von der Timura GmbH (D). Seit einem Jahr produziert das neu gegründete Unternehmen aus Laubhölzern Parkettleisten, Terrassendielen und Fassadenelemente. Das patentierte Thermo-Verfahren lässt eine genaue Steuerung der Holzverfärbung zu. „Damit erfüllen wir fast jeden Wunsch von Architekten und Kundinnen", versicherte Sieverts. Unternehmensberater Josef Lumplecker wies am Beispiel der Timura darauf hin, wie wichtig es sei, vom Markt her das Produkt zu entwickeln. „Der Bauherr will ein garantiert riss- und geruchsfreies Hartholz", betonte der Österreicher. Sieverts hatte ursprünglich Tropenholz eingeführt und hat nun mit Thermo-Laubholz eine Alternative entwickelt, deren Herstellung energieeffizient sei.

Einen Reigen von realisierten und modellierten Projekten präsentierte dem Publikum Hermann Blumer. Der findige Ingenieur betonte eingangs, dass nicht die Technik das Problem sei, sondern eher die menschlichen und wirtschaftlichen Grenzen. Es gebe einfach zu viele Bedenkenträger, monierte Blumer und stellte die Vision zur Diskussion, dass dereinst „maßgeschneiderte Laubholzwerkstoffe hohe Zuwachsraten erzielen." Nun gelte es zu verhindern, dass „die Phantasie der Bedenkenträger die Anwendung des Wissens hemmt", warnte der Appenzeller.

Holzbauer Max Kaufmann aus Wallbach / AG ließ die Erfahrungen mit Woodstock Revue passieren, dem wohl ersten mehrgeschossigen Gewerbebau aus massivem Buchenholz. Das vom Aktionsplan Holz geförderte Gebäude gilt als Leuchtturm moderner Klimaarchitektur und feierte an der diesjährigen Swissbau Premiere. Buche sei keineswegs ein Problemholz, sondern ein phantastischer Baustoff, postulierte Kaufmann.


Zukunftsträchtige Anwendungen von Laubholz

Dass die Laubholz-Branche den präsentierten Beispielen zum Trotz an einigen strukturellen Problemen leidet, wurde letztlich nicht bestritten. Drei im Auftrag des Aktionsplans Holz erstellte Analysen nahmen die Situation im Wald, in den Sägewerken und in der weiteren Verarbeitung unter die Lupe.

Hubertus Schmidtke (Silvaconsult AG) untersuchte die Wälder in den laubholzreichen Kantonen Aargau, Baselland, Schaffhausen, Solothurn, Thurgau und Zürich. Hier wurden zwar 90 Prozent des Zuwachses geerntet, doch gingen nur noch 17 (statt der zu erwartenden 40) Prozent als Stammholz B/C in den Verkauf. Die Hälfte davon wird exportiert. „Ein immer größerer Teil des Laubholzes geht direkt in den Energiebereich, auch sägefähiges Holz ist darunter", sagte Schmidtke.

Da erstaunt es wenig, dass die Laubholzsägereien zusätzlich zu den geschnittenen 130.000 fm Kapazität für weitere 85.000 fm hätten, wie Thomas Lüthi ausführte. Es fehlt an inländischen Weiterverarbeitern, die auf Schweizer Holz setzen. Lüthi hielt fest: „Der Markt für Halbfabrikate ist heute in europäischer und globaler Markt.".

Was wäre denn mit Laubholz alles anzustellen? Verena Krackler vom Institut für Baustoffe an der ETHZ zählte eine Reihe zukunftsträchtiger Anwendungen auf: Holzwerkstoffe für den tragenden Bereich, Spanplatten, OSB und MDF. Geeignet wären Laubhölzer weiterhin im Möbelbau; Thermohölzer auch für Gartenmöbel. Und: aus rotkerniger Buche ließen sich Särge zimmern.

Doch auch damit wäre die Diskussion um die Laubholzverwertung keineswegs beerdigt. Das Bundesamt für Umwelt wird nun auf der Grundlage der Ergebnisse der Studie und des Workshops aus den acht strategischen Stoßrichtungen diejenigen auswählen, die einen erfolgversprechenden Beitrag zu einer optimaleren Laubholzverwertung in der Schweiz leisten.

Studien und Referate sind auf der Website des Aktionsplans Holz unter „Projektübersicht und Ergebnisse: Laubholzverwertung" frei zugänglich.


Aktionsplan Holz - 7 Nägel mit Köpfen

Der Aktionsplan fokussiert im Zeitraum 2008-2012 neben der Laubholzverwertung auf sechs weitere Schwerpunkte:

  1. Datengrundlagen
  2. Holzmobilisierung bei privaten Waldbesitzern
  3. Information der Bevölkerung
  4. Verwertung von Laubholz
  5. Großvolumige Holzbausysteme
  6. Sensibilisierung von institutionellen Bauherren
  7. Rahmenbedingungen und Abstimmung mit Partnern

Verantwortlich für die Programmleitung sind Ulrike Krafft und Michael Gautschi im Bundesamt für Umwelt BAFU.

Im Rahmen des Schwerpunktes Laubholzverwertung lädt der Aktionsplan Holz am 12. November 2011 zur Tagung „Bauen mit Laubholz" ein. (Anmeldung über Hausbau- und Energiemesse Bern). (bafu)

Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Spezialhubschrauber stürzt bei Forstarbeiten ab - Pilot überlebt

 Erlöse der Holzindustrie sinken - Sorge wegen Trend bei Verpackungen

 Hohe Preise für edles Holz aus Sachsens Wäldern

  Kommentierte Artikel

 Kein kräftiger Aufschwung in Sicht - Wirtschaftsweise für Pkw-Maut

 Schutz vor Vogelfraß durch Vergrämung?

 Globale Rekord-Weizenernte erwartet

 Immer mehr Tierarten sorgen in Thüringen für Ärger

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Bedarf an hofeigenen KI-Wetterfröschen wächst rasant

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?

 Frankreichs Staatsrat schränkt Vogeljagd weiter ein

 LED-Lampen in Straßenlaternen sparen massiv Strom ein

 Zahl der Bäckereien weiter rückläufig