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08.06.2011 | 01:13 | Lebensmittelsicherheit  
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Ernährungsindustrie: Internationale Lebensmittelmärkte sichern Wohlstand

Berlin - Die Ernährungsindustrie ist eng in die internationale Arbeitsteilung eingebunden - mit Exporten, Importen und Investitionen.

Lebensmittelmärkte
Mit Ausfuhren in Höhe von 42,9 Mrd. € ist 2010 ein Rekordwert erreicht worden. Die Branche trägt so zum Wirtschaftsaufschwung und zum Wohlstand in Deutschland bei und erhält durch den Export rund 190.000 Arbeitsplätze, vorwiegend in den ländlichen Regionen.

Viele Unternehmen haben sich durch den Export eine neue Perspektive geschaffen - die angesichts einer sinkenden Bevölkerungszahl in Deutschland und eines extremen Preiswettbewerbs als Überlebenschance für den Mittelstand gelten muss. Der Weg ins Ausland führt zunächst über den Europäischen Binnenmarkt - in dem die Unternehmen über 80 % der Auslandsumsätze erzielen, aber er geht auch weiter in die wachsenden Volkswirtschaften wie Russland und China.

Deutschland bietet qualitativ hochwertige, sichere Lebensmittel in kaufkräftigen Auslandsmärkten an, die von den Kunden sehr geschätzt werden. Fast jeden 3. Euro erwirtschaftet die Ernährungsindustrie im Ausland. Mit den Erträgen allein aus dem Inlandsgeschäft wären zahlreiche Unternehmen heute nicht überlebensfähig. Darum ist und bleibt der Export für den Mittelstand ein strategisches Muss!


Ergebnisse des "Exportbarometers"

Die Branche ist auch für die nächsten Monate optimistisch, wie das "PwC-Exportbarometer der deutschen Ernährungsindustrie" zeigt, das die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft im Auftrag der BVE durch eine repräsentative Befragung von 400 Exportleitern erhoben hat.

Das "Exportklima" wird als Durchschnitt der Antworten zur "aktuellen Geschäftslage" und den "Erwartungen für die Zukunft" berechnet. Insgesamt hat sich der Exportklimaindex der Ernährungsindustrie im Mai 2011 leicht verbessert und lag mit 45 Punkten um 10 % höher als im Dezember 2010.

Bei näherer Betrachtung des "Exportklimas" zeigt sich allerdings, dass die "aktuelle Geschäftslage" auf den Auslandsmärkten von den Unternehmen etwas weniger positiv eingeschätzt wird als vor einem halben Jahr. Insbesondere die Exporte in die EU-Länder haben sich weniger dynamisch entwickelt als erwartet.

Deutlich verbessert haben sich hingegen die "Erwartungen für die Zukunft", vor allem im Molkereibereich. Die Exportleiter der Ernährungsindustrie gehen davon aus, dass sich das Auslandsgeschäft in den nächsten sechs Monaten spürbar verbessern wird, insbesondere durch einen Zuwachs in den Märkten außerhalb der Europäischen Union.


Erwartungen für einzelne Absatzmärkte

Zu den wichtigsten Absatzmärkten innerhalb der EU zählen die Niederlande, Österreich, Frankreich und Italien. Verbessert haben sich die Erwartungen für das Auslandsgeschäft mit Österreich - rund 49 % der Befragten rechnen mit steigenden Absätzen. Und auch die ohnehin sehr positiven Absatzerwartungen für Dänemark haben sich noch einmal deutlich verbessert - 61 % gehen von steigenden Absätzen in den nächsten sechs Monaten aus. Weniger optimistisch werden die Märkte Frankreich und Niederlande eingeschätzt.

Nach wie vor sehr große Erwartungen setzen die Unternehmen an die Geschäftsentwicklung in Russland. Russland ist derzeit der wichtigste Drittlandsmarkt für deutsche Lebensmittel mit einem Volumen von 1,6 Mrd. €. 72 % der Befragten rechnen mit weiter steigenden Exporten. Äußerst sensibel reagiert dieser Markt auf Meldungen über Lebensmittelkrisen, wie die Branche bereits im Januar und gerade aktuell erfährt.

Die asiatischen Märkte spielen für die deutschen Lebensmittelhersteller eine zunehmend wichtigere Rolle. 76 % der Befragten rechnen mit steigenden Absätzen in China, allerdings ausgehend von einem noch geringen Niveau von 0,2 Mrd. €.


Exportförderung

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) unterstützt die kleinen und mittelständischen Unternehmen der Ernährungsindustrie im Export durch seinen Einsatz für die Öffnung von Märkten und den Abbau von Handelshemmnissen. Unterstützung erfahren die Unternehmen - wie andere Branchen durch das Bundeswirtschaftsministerium - durch das Instrument der Auslandsmessebeteiligungen des Bundes oder durch andere Instrumente der Außenwirtschaftsförderung, die in Zusammenarbeit mit den Auslandshandelskammern und der GEFA als Exportförderorganisation organisiert werden.

Ohne die Exportförderung durch das BMELV hätten gerade kleine und mittlere Unternehmen weniger Chancen, Auslandsmärkte erfolgreich zu bearbeiten. Das wirtschaftspolitische Engagement des BMELV in der Exportförderung ist daher auch in Zukunft wichtig!


Internationale Zusammenarbeit

Angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung und der Notwendigkeit, in Zukunft deutlich mehr Nahrungsmittel nachhaltig zu erzeugen, wäre es unverantwortlich, auf internationalen Handel mit Agrarprodukten und Lebensmitteln zu verzichten.

Deutschland braucht die wachsenden Märkte im Ausland, aber genauso sind wir auf landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Ausland angewiesen, sei es als Agrarrohstoffe zur Weiterverarbeitung oder auch durch Lebensmittel, die unser Warenangebot bereichern. Rund ein Viertel der von der Ernährungsindustrie verarbeiteten Rohstoffe werden im Ausland eingekauft, da sie in Deutschland nicht in ausreichender Menge vorhanden sind oder hier nicht angebaut werden. Insgesamt importiert Deutschland verarbeitete Lebensmittel im Wert von 40 Mrd. €.

Mit der Einbindung in die Weltwirtschaft übernimmt die Ernährungsindustrie auch Verantwortung, Verantwortung für die Kunden, denen wir sichere, nachhaltig erzeugte und geschmackvolle Lebensmittel bieten, Verantwortung aber auch für den Aufbau und die Entwicklung neuer Partnerschaften im Ausland.

Die Rohstoffsituation für die Ernährungsindustrie zu einer großen Herausforderung geworden. Der Umgang mit der zunehmenden Preisvolatilität, die Sicherung der Versorgung zu bezahlbaren Preisen und die nachhaltige Erzeugung unserer Lebensmittel sind die Herausforderungen unserer Zeit. Diese werden wir nur bewältigen können, wenn wir die Zusammenarbeit und Kooperation international suchen, wenn wir unser Wissen über den Anbau und die Verarbeitung von Lebensmitteln weitergeben und in Projekte, gerade in den Entwicklungsländern einbringen. Davon werden beide Seiten Nutzen haben - die Menschen in den Entwicklungsländern durch eine verbesserte Ernährungssituation und wir in den Industrieländern durch eine stabile Versorgung und - langfristig - durch die Entwicklung von kaufkräftigen Märkten für unsere Produkte!


EHEC-Krise

Die gegenwärtige EHEC-Krise gefährdet die Menschen unmittelbar. Wir sind tief betroffen von den Todesfällen; unsere Gedanken und besten Genesungswünsche gelten den Erkrankten.

Die Krise zeigt erneut, dass Lebensmittelsicherheit nur im internationalen Kontext zu gewährleisten ist. Dazu bedarf es hoher gemeinsamer, internationaler Standards sowie die Kenntnisse und das Verantwortungsbewusstsein, sie höchst sorgfältig zu beachten. Ebenso notwendig sind effiziente Kontrollen - unabhängig davon, in welchem Land sie durchgeführt werden. Daran täglich zu arbeiten, ist Aufgabe von Wirtschaft und Politik gleichermaßen. Die Komplexität der bestehenden internationalen wirtschaftlichen Verflechtung lässt keine Alternative dazu zu.

Man sollte sich aber auch davor hüten, Grenzen aus falsch verstandenem, nationalem Interesse zu schließen - die Motive dafür liegen in der Regel eher im Protektionismus und sind weniger durch Verbraucherschutz geboten.

Die Krisen dieses Jahres zeigen auch: es kann jedes Land treffen. Daher sollten wir uns mit Vorwürfen, die auf eine unzureichende Sicherheits- oder Kontrollpraxis im Ausland abzielen, zurückhalten. Wir haben in Deutschland selbst erlebt und erleben es derzeit wieder, was es heißt, wenn andere Länder die Grenzen schließen aus Angst vor unsicheren Lebensmitteln.

Nur eine internationale vertrauensvolle Zusammenarbeit hilft den Verbrauchern, der Politik und der Wirtschaft. Vieles ist schon erreicht, vor allem in der EU; es bleibt aber sicher noch manches in den globalen Beziehungen zu tun; daran muss intensiv weiter gearbeitet werden. (bve)
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Kommentare 
Romanda Thurston schrieb am 02.09.2011 15:53 Uhrzustimmen(59) widersprechen(22)
Es reicht, die Überschrift zu lesen. Für den Text fehlt mir die Überwindung. Es hat sich doch zwischenzeitlich bis in die letzte Ecke herumgesprochen, dass die Globalisierung und damit der Welthandel mit all seinen Auswüchsen (Spekulationen, wirtschaftlichen Abhängigkeiten, Vernichtung bewährter regionaler Strukturen usw.) erst in dieses Dilemma geführt haben! Ich verweise den interessierten Leser auch auf den aktuellen Artikel im "Spiegel" zu dieser Thematik!
André Gaufer schrieb am 08.06.2011 13:56 Uhrzustimmen(62) widersprechen(67)
Keine Rendite zu Lasten der Ärmsten Setze Dich mit uns für mehr Gerechtigkeit ein und sage NEIN zu Finanzprodukten, die Menschen in den Hunger spekulieren! Die Initiative handle-fair.de freut sich über Deinen befürwortenden Kommentar.
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