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16.08.2015 | 14:05 | Währungskrieg 

Turbulenzen in China verunsichern die Wirtschaft

Berlin - Die Abwertung der chinesischen Währung hat die Börsen vergangene Woche auf Talfahrt geschickt und die Sorge um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt vergrößert.

Börsen-Crash
Börsenabsturz, Exporteinbruch und überraschende Währungsabwertung - die Turbulenzen in China lösen Verunsicherung rund um den Globus aus. Die Entwicklung birgt Zündstoff für die Weltwirtschaft. Doch es gibt auch Chancen. Siemens-Chef Kaeser sieht China vor schwierigen Zeiten. (c) MAST - fotolia.com
Zwar sehen Experten keinen Währungskrieg, wohl aber große Probleme, vor denen das Reich der Mitte steht. Allerdings könnte die Abwertung der Währung etwa den deutschen Maschinenbauern auch nutzen.

In der vergangenen Woche hatte China überraschend die Landeswährung Yuan (Renminbi) an drei aufeinanderfolgenden Tagen gegenüber dem US-Dollar abgewertet. Zuvor hatte der Yuan in den vergangenen Monaten  drastisch an Wert gewonnen, was chinesische Waren im Ausland deutlich verteuerte. Der Export war eingebrochen, die Wirtschaft wächst dieses Jahr so langsam wie seit 1990 nicht mehr. Aus Sorge, die Abwertung könnte ein Zeichen für eine sich zuspitzende Krise der Wirtschaft Chinas sein, hatten die Börsen mit starken Verlusten reagiert.

«Die Währungsabwertung wirkt sich ambivalent aus», sagte Oliver Wack, beim Maschinenbauverband VDMA für Außenhandelspolitik zuständig, der Deutschen Presse-Agentur. «Wenn es China durch die Währungsabwertung gelingt, seine Wirtschaft anzukurbeln, sollte die deutsche Maschinenbauindustrie insbesondere bei den Sektoren Automatisierung, Energieeffizienz und Umwelttechnik partizipieren können.»

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht China trotz Währungsturbulenzen und einer schwächeren Konjunktur weiter als wichtigen Wachstumsmarkt. Allerdings erwarte man von der Staatsführung überzeugende Signale für eine weitere Öffnung der Märkte des Landes, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber am Sonntag in Berlin. Peking müsse beweisen, dass die flexibleren Wechselkurse ernst gemeint seien - «und nicht nur als Argument dienen, um eine taktische Abwertung zu rechtfertigen».

Siemens-Chef Joe Kaeser sieht China vor großen Problemen. Es gebe offene Fragen und das führe zu Unsicherheit, «auch wenn Unternehmen wie Siemens kurzfristig von Infrastrukturinvestitionen in der Mobilität, auf dem Energiesektor, in der Gesundheitstechnik profitieren können», sagte Kaeser der «Passauer Neuen Presse». Es bestehe die Gefahr, dass die gestarteten Investitionsprogramme die wahren Schwierigkeiten in China überdecken könnten.

«Die entscheidende Frage ist allerdings, wie China mit den Reformen vorankommt, die es sich vor einigen Jahren verordnet hat», sagte Kaeser. Mit diesen habe die Führung in Peking das Übergewicht traditioneller Industrien wie Stahl, Zement und Bergbau zugunsten von mehr Automatisierung und mehr Industrialisierung abbauen wollen, sagte Kaeser. «Damit verbunden wären zunächst zweifellos der Wegfall von zigtausend Arbeitsplätzen und die Gefahr von sozialen Verwerfungen, die es zu meistern gilt.»

Zugleich warnte Kaeser davor, in der Politik Pekings einen Währungskrieg zu vermuten. «Man sollte vor allem nicht überreagieren - auch nicht begrifflich», sagte Kaeser. Das sieht auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, so. «Ich erwarte keinen Währungskrieg», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Fratzscher sieht die Herabsetzung des Referenzkurses um fast drei Prozent nur als eine leichte Abwertung der chinesischen Währung. «China folgt vielmehr der Abwertung vieler anderer Schwellenländer des vergangenen Jahres», erklärte der Ökonom.

Gleichwohl sieht auch er China vor großen Problemen. Diese lägen aber nicht in der Währungspolitik. «Viel bedrohlicher sind die Risiken der Bankenprobleme und der hohen Verschuldung vieler Regionen und Haushalte in China, die das Wachstum nachhaltig schwächen könnten», erklärte er. Das hätte dann gravierendere Folgen. «Verwerfungen im Finanzsystem Chinas würden sich ultimativ auch deutlich auf die deutsche Konjunktur auswirken», betont Fratzscher.

Denn die deutsche Wirtschaft sei durch ihre hohen Investitionen und den Handel wie keine zweite von den Entwicklungen in China abhängig, erklärte der DIW-Chef. China ist mit Abstand Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in Asien. Im vergangenen Jahr wurden laut Statistischem Bundesamt Waren «Made in Germany» im Gesamtwert von 74,5 Milliarden Euro nach China ausgeführt.

Damit war China der viertwichtigste Absatzmarkt für deutsche Firmen - nach Frankreich, den USA und Großbritannien. Für den deutschen Maschinenbau, Autohersteller wie VW, oder die Elektrobranche ist der chinesische Markt unverzichtbar geworden. Die Sorge, dass die exportstarke deutsche Wirtschaft durch die Abwertungen der chinesischen Währung beeinträchtigt werden könnte, teilt Fratzscher indes nicht. «Ich erwarte keine negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Wachstum und die Konjunktur in Deutschland.» (dpa)
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