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17.11.2011 | 12:37 | Gemeinsame Agrarpolitik 

GAP-Reformpläne: Mitgliedstaaten fordern mehr nationalen Spielraum

Wien - In einer zweiten Debatte über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im EU-Agrarministerrat am Montag in Brüssel standen die neuen Umweltprämien und die Verteilung der Direktzahlungen im Mittelpunkt

Direktzahlungen
Die Kommission schlägt einheitliche Umweltprämien für alle Landwirte in der EU vor, die überall wirksam werden sollen. Die meisten EU-Mitgliedstaaten befürchten neue Belastungen für die Produktion und die Einkommen der Landwirte. Zahlreiche Änderungsvorschläge kamen im Agrarrat deshalb auf den Tisch. Ungarn sprach sich gegen zu strenge Sanktionen bei Verstößen aus. Belgien und Tschechien wünschen sich neue Umweltprämien auf freiwilliger Basis. Nicht nur Biolandwirte sollten von neuen Umweltauflagen in der 1. Säule (Direktzahlunten) der GAP befreit werden, sondern auch Teilnehmer an Agrarumweltprogrammen in der 2. Säule (Ländliche Entwicklung), forderten Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich und der deutsche Staatssekretär Robert Kloss.


Ökologisierungs-Maßnahmen im Zentrum der Kritik

Das Vereinigte Königreich und Polen betonten ihre Ablehnung für eine 7%ige Flächenstilllegung, die der gewünschten Versorgung mit Lebensmitteln und der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Landwirtschaft widerspreche. Der estländische Minister Helir-Valdor Seeder erklärte, Ackerstücke in seinem Land seien klein und von viel Wald umgeben, weshalb zusätzliche Landschaftselemente auf 7% der Fläche keinen Sinn machten. Er forderte deshalb, genau wie zahlreiche seiner Kollegen, mehr nationalen Spielraum für die neuen Umweltprämien.

In die gleiche Kerbe stößt Gerd Sonnleitner, Präsident des EU-Landwirteverbandes Copa, in einem Treffen mit dem polnischen Landwirtschaftsminister Marek Sawicki. "Bei einer weltweit wachsenden Nachfrage nach Lebensmitteln habe ich kein Verständnis für eine 7%ige Flächenstilllegung, die gleichzeitig die Produktionskosten der Bauern in die Höhe treibt. Für die Zukunft müssen sich Ökologisierungs-Maßnahmen zunehmend an grünem Wachstum orientieren", so Sonnleitner kritisch.

Finnland signalisierte Schwierigkeiten mit den geforderten drei Kulturen, die ein Betrieb mindestens in einem Jahr anbauen muss. Das mache im Norden Probleme, betonte der finnische Minister Jari Koskinen. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos schließt Anpassungsmöglichkeiten an sein Umweltkonzept im Laufe der Verhandlungen nicht aus, unter der Voraussetzung, sein flächendeckender Ansatz in der 1. Säule der GAP wird nicht in Frage gestellt.

Die Niederländer lehnen die Kürzung ihrer Direktzahlungen zugunsten der Osteuropäer ab. Selbst wenn sich die Kürzungen nicht auf 8% belaufen, sondern nur auf 6%, wie von der Kommission bestätigt, sei dies zu viel, erklärte der niederländische Landwirtschaftsminister Henk Bleker.


Westliche EU-Länder lehnen Angleichung der Direktzahlungen ab

Bei der Umverteilung zwischen Ost und West müssten die beiden Säulen der Agrarpolitik und die Strukturpolitik berücksichtigt werden. Belgien machte auf höhere Lohnkosten in den alten EU-Mitgliedstaaten aufmerksam, die unterschiedlich hohe Direktzahlungen rechtfertigten. Auf der anderen Seite beklagten sich die Minister von Rumänien, Bulgarien, Polen und die drei baltischen Länder über die mangelnde Angleichung der Direktzahlungen in der EU bis 2020. Die Kommission hat vorgeschlagen, lediglich ein Drittel der Zahlungen auszugleichen, für jene Empfängerländer mit den niedrigsten Flächenprämien unter dem EU-Durchschnitt.

Spanien, Portugal, Frankreich und Belgien machen sich vor allem Sorgen wegen der von der Kommission geforderten einheitlichen Flächenprämie innerhalb eines EU-Mitgliedstaates. Das passe nicht zu den sehr unterschiedlichen Produktionsstrukturen, hoben die Minister dieser Länder hervor. Sie forderten dagegen den Erhalt von gekoppelten Direktzahlungen, um besondere Sektoren, wie etwa die Mutterkuhhaltung, zu unterstützen. Auch Minister Berlakovich erklärte, für Ackerland, für intensiv und extensiv genutztes Grünland dürfe es keine einheitliche Prämie geben.


Ungarn setzt sich für Zuckerquoten ein

Die Zuckerquoten sollten mindestens bis 2020 erhalten bleiben. Auf dem EU-Agrarministerrat sprach sich Ungarn für eine Verlängerung des Quotensystems aus. Ungarn wurde von Österreich, Frankreich, Litauen und Rumänien unterstützt. Auf vorherigen Ratssitzungen hatten sich auch Deutschland, Belgien, Finnland und die Slowakische Republik für eine Verlängerung der Quoten über 2015 hinaus ausgesprochen.

Wegen der deutlich gesunkenen Weltmarktpreise für Zucker und der zunehmenden Preisschwankungen sei es dringend geboten, den Rübenanbau in der EU durch das Quotensystem zu erhalten, argumentierte György Czervan, Staatssekretär im ungarischen Landwirtschaftsministerium. Agrarkommissar Ciolos betonte, die Zuckerquoten gehörten zum gesamten Paket der Reform und sollten nicht einzeln verhandelt werden. Die Richtung sei für ihn klar, nachdem man den EU-Zuckermarkt für Importe aus den ärmsten Ländern geöffnet habe. Die Frage für Ciolos sei lediglich, wann die Quoten fallen.


Minister einigen sich über Bedürftigenhilfe

In den Jahren 2012 und 2013 wird es Lebensmittelhilfen aus dem EU-Agrarhaushalt geben. Ab 2014 soll die Bedürftigenhilfe dafür gestrichen werden. Darauf verständigten sich Deutschland und Frankreich. Die EU-Agrarminister stimmten dem Kompromiss am Montag in Brüssel zu. "Ab 2014 darf es keine Sozialpolitik mehr auf europäischer Ebene geben", betonte die deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Das sei schließlich Aufgabe der einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Ihr französischer Kollege Bruno Le Maire hat sich auf das Auslaufen der Lebensmittelhilfen eingelassen, um die Programme für die kommenden beiden Jahre retten zu können. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten seien die Lebensmittellieferungen besonders wichtig, erklärte Le Maire.

Die EU-Kommission sieht jeweils EUR 500 Mio. in den Jahren 2012 und 2013 aus dem EU-Agrarhaushalt vor. Ciolos stellte klar, dass ab 2014 die Bedürftigenhilfe nicht mehr Bestandteil der GAP sei. Ob es Lebensmittellieferungen der EU an Arme dann noch nach 2014 aus anderen Haushaltsteilen gebe, darüber müssten die Beteiligten noch verhandeln. (BMLFUW/AIZ)
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