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20.02.2024 | 09:48 | COPA-Präsidentin Lambert 

Klimawandel bedroht zunehmend die EU-Agrarproduktion

Brüssel - Die Nahrungsmittelerzeugung der Landwirte ist zunehmend von extremen Klimaereignissen bedroht. Darauf hat die Präsidentin des EU-Ausschusses der Bauernverbände (COPA), Christiane Lambert, am Dienstag (13.2.) in Brüssel bei einer Anhörung im Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments hingewiesen.

EU-Agrarpolitik
Die Verbandspräsidentin sieht die landwirtschaftlichen Einkommen durch Klimaextreme bedroht. (c) proplanta
Überschwemmungen und extreme Trockenheit träten zu häufig auf und würden zunehmend zum Risiko für die Einkommen der Landwirte. Zugleich kritisierte die Französin die überbordenden Umweltauflagen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Hier nannte sie die zu strenge Konditionalität sowie die hohe Messlatte bei vielen Eco-Schemes.

Positiv bewertet Lambert die nun von der Kommission beschlossene, abgeschwächte Konditionalitätsregelung zur Stilllegung, die sogenannte GLÖZ 8. Eines der Hauptprobleme sieht die COPA-Präsidentin in der überhandnehmenden Bürokratie. Außerdem seien die Auswirkungen der Agrareinfuhren aus der Ukraine zunehmend schwerwiegender.

Von der Kommission verlangte Lambert, die Einfuhren von Getreide und Ölsaaten einzuschränken. Zudem bekräftigte sie ihre Forderung nach einer Aufwertung des Agrarkommissars. In der nächsten Kommission müsse der oder diejenige als Vizepräsident im Kollegium sitzen.

Der Präsident des EU-Ausschusses der ländlichen Genossenschaften (COGECA), Lennart Nilsson, forderte von der Brüsseler Agrarpolitik mehr Anreize und weniger „Top-Down-Gesetze“, die den Landwirten das Leben schwer machten. Zudem drängte der Schwede auf mehr Fördermittel, um Agrargenossenschaften zu unterstützen. Rückblickend  kritisierte Nilsson den Versuch des ehemaligen geschäftsführenden Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, den Green Deal durchzupeitschen.

Bald nur noch 4 Millionen Landwirte?



Geneviève Savigny von der Europäischen Koordination Via Campesina (ECVC) machte derweil deutlich, dass viele Maßnahmen der EU-Agrarpolitik schlicht ihr Ziel nicht erreichten. Vor allem kleine Betriebe gerieten unter die Räder des „landwirtschaftlichen Überlebenskampfes“.

Insbesondere Kleinbauern seien vom Höfesterben betroffen. Savigny verwies auf eine Untersuchung der Kommission, der zufolge von den heute noch 10 Millionen Betrieben in der EU im Jahr 2040 nur noch 4 Millionen existieren werden. Als eine Hauptursache sieht die ECVC-Vertreterin die ungleich verteilten EU-Agrargelder.

Auch müssten die Kernfragen beantwortet werden, wo der gerechte Erzeugerpreis liege und wie dieser erreicht werden könne. Zu niedrige Preise gefährdeten die wirtschaftliche Zukunft sehr viel stärker als Auflagen und Bürokratie, warnte Savigny. Gefährlich sei zudem die wachsende Zahl an Handelsabkommen.

Der Präsident des Europäischen Rates der Junglandwirte (CEJA), Peter Meedendorp, beklagte die überhandnehmenden Auflagen. Diese haben nach seiner Ansicht für die Umwelt oft keinen Nutzen. Darüber hinaus beklagte der CEJA-Präsident, dass gegenwärtig nur 6,5% der Landwirte in der Europäischen Union unter 35 Jahre alt seien.

EVP-Agrarsprecher für gekoppelte Beihilfen



Der agrarpolitische Sprecher der EVP, Herbert Dorfmann, drängte auf eine liberalere Auslegung der Konditionalitätsregelungen. Auch müsse man wieder über mehr produktionsgekoppelte Beihilfen nachdenken. Im Hinblick auf die Ukraine plädierte der Südtiroler dafür, dass diese beispielsweise mehr Soja und andere Eiweißträger zur Versorgung der EU produzieren sollte. Getreide und andere Produkte erzeuge der EU-Binnenmarkt ohnehin genug.

Die Agrarkoordinatorin der Sozialdemokraten, Clara Aguilera, räumte ein, dass die Vorhaben des Green Deals nicht ausreichend im Dialog mit den Landwirten diskutiert worden seien. Man dürfe aber die gesamte Kritik nicht nur auf Timmermans abladen. Anstelle von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski wäre sie angesichts der aktuellen Lage schon zurückgetreten, räumte die Spanierin ein.

Der Liberale Agrarpolitiker Jérémy Decerle pochte darauf, die Handelsbeziehungen mit Drittstaaten zum Wohle der EU-Landwirtschaft zu überprüfen. Auch dürften die Landwirte bei der Preisfindung am Ende der Kette „nicht die Anpassungsvariable“ sein. Martin Häusling, Agrarsprecher der Grünen/EFA, erinnerte daran, dass Europa zwar seine Bauern brauche; gleichzeitig brauchten die Bauern aber auch Europa. So gehe ein Drittel des EU-Haushaltes in die Landwirtschaft. Zudem forderte Häusling, dass die Landwirte mehr Geld für ihre Umweltleistungen erhalten müssten.
AgE
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