Dabei wurde klar, dass die
GAP in Zukunft wieder verstärkt Einfluss auf die Agrarmärkte nehmen soll. Eine Mehrheit der EU-Agrarminister, darunter auch Österreich, sprach sich gestern dafür aus.Im Hinblick auf die Tierschutz-Kennzeichnung zeigten sich viele Ressortchefs aus verschiedensten Gründen noch vorsichtig bis skeptisch. Frankreichs Wunsch nach Ausfuhrhilfen für Gerste wurden zudem abgelehnt. Weitere Themen waren darüber hinaus ein zusätzliches EU-Einfuhrkontingent für Roh-Rohrzucker, die Lockerung der BSE-Auflagen, europäische Geflügelhaltungsstandards und eine von Italien vorgesehene Unterstützung seiner Bauern beim Landkauf.
Berlakovich: Preisvolatilität in Zukunft besser abfedern Österreichs Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich sprach sich im Hinblick auf die GAP-Zukunft mit Nachdruck gegen das Zocken mit Ernährungsgütern und entsprechenden Rohstoffen an den Börsen aus. Die Preisvolatilität müsse in Zukunft abgefedert werden. Zu massive Spekulationen seien für die europäischen und heimischen Bauern von Nachteil, ebenso wie für viele Entwicklungsländer. Aus diesem Grund seien verstärkte Aktivitäten gefordert, um dieser schädlichen Entwicklung entgegenzuwirken. Die Kommission müsse analysieren, welche Instrumente auf den Börsen stabilisierend eingreifen könnten, um allzu großen Schaden für die Landwirte und die Konsumenten zu verhindern. Auf nationaler Ebene sei dieses Problem keinesfalls zu lösen, sondern nur auf internationaler, so Berlakovich.
Speziell der Milchsektor habe jedenfalls gezeigt, dass ein völlig liberalisierter
Agrarmarkt nicht zielführend sei. Mit marktsteuernden Eingriffen habe man in der Niedrigpreissituation aber schlussendlich etwas bewirken können. So habe sich der Erzeugerpreis wieder erholt.
Frankreich denkt Kurswechsel an Frankreich sprach sich sogar für einen Kurswechsel im Rahmen der nächsten Reformen aus, damit Landwirte wieder von ihren Produkten auf dem Markt leben könnten. Soweit wollten viele EU-Mitgliedstaaten nicht gehen. Aber über stärkere Erzeugergemeinschaften, Ernte- und Ertragsversicherungen sowie über Krisenfonds sollte die Marktpolitik wieder verstärkt für ausreichende Einkommen der Landwirte sorgen. Die EU-Mitgliedstaaten wollen ihren Positionen im nächsten Sonderausschuss Landwirtschaft absprechen. Nach Möglichkeit soll ein gemeinsames Papier dabei herauskommen, auf das die
EU-Kommission dann in ihren Mitteilungen zur Zukunft der GAP im Herbst eingehen kann.
Ciolos denkt ebenfalls an neue Instrumente, vor allem für Krisenzeiten. Die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe müsse aber Ziel der GAP bleiben, stellte der neue EU-Agrarkommissar klar. Exporterstattungen würden auslaufen und die
Intervention dürfe über ihre Funktion als basales Sicherheitsnetz hinaus nicht ausgedehnt werden. Von einem generellen Kurswechsel will
Ciolos hingegen nichts wissen. Er versteht neue Marktordnungsinstrumente lediglich als Ergänzung zu den vorhandenen.
EU-Kommission regt freiwillige Tierschutz-Kennzeichnung an Weiters stehen die meisten EU-Agrarminister einer neuen Tierschutz-Kennzeichnung auf Lebensmitteln eher skeptisch gegenüber. Ob sich dadurch bessere Preise durchsetzen ließen, bezweifelten verschiedene Ressortchefs. Die Kommission hatte eine freiwillige Kennzeichnung von Maßnahmen des Tierschutzes angeregt, die über den gesetzlichen Standard hinausgehen. Dadurch dürfe aber nicht der Eindruck entstehen, dass die normalen Methoden unzureichend seien, warf die belgische Landwirtschaftsministerin Sabine Laruelle ein. Neue Labels dürften bekannten Biosiegeln zudem keine Konkurrenz machen, betonte Berlakovich. Einig waren sich die Minister, dass die Forschung über die Indikatoren des Wohlbefindens von Tieren ausgebaut werden müsse.
Ciolos lehnt Exporterstattungen ab
Was die Situation am Getreidesektor betrifft, sagte Berlakovich, dass diese in Europa angespannt sei. Man sollte gegebenenfalls auch dort marktsteuernd eingreifen. Ciolos wies auf seinem ersten EU-Agrarministerrat die Forderung von Frankreich nach weiteren Ausfuhrhilfen für Gerste allerdings zurück. Die Lage auf dem Gerstenmarkt sei zwar schwierig, Erstattungen würden aber nur einen Preisdruck auf dem kaum aufnahmefähigen Weltmarkt bewirken, meinte der Rumäne. Die Kommission setzt deswegen auf eine niedrigere Gerstenernte im kommenden Sommer, die die Lage entspannen könnte. Finnland, wo die Interventionslager knapp werden, sollte Kapazitäten in anderen EU-Mitgliedstaaten nutzten. Die Kommission erachtet Verkäufe aus der Gerstenintervention somit weder für den EU-Binnenmarkt noch für den Export als Thema. Der Abbau der öffentlichen Bestände ist für Ciolos kein so großes Problem, da die Gerstenintervention ohnehin ausläuft.
Kommission lehnt weitere Zuckerimporte ab
Ferner scheiterte Portugal mit seiner Forderung, das Einfuhrkontingent der EU für Roh-Rohrzucker zu erhöhen. Die EU-Kommission lehnte das Anliegen gestern ab. Das westliche EU-Land hatte argumentiert, wenn die Kommission die Hersteller von Rübenzucker mit zusätzlichen Ausfuhrmöglichkeiten unterstütze, müsse auch etwas für die Verarbeitungsindustrie getan werden, die auf billige Rohstoffe angewiesen sei. Portugal wurde vom Vereinigten Königreich sowie von Rumänien und Bulgarien unterstützt. Polen lehnte hingegen zusätzliche Rohzuckereinfuhren eindeutig ab. Österreich zeigte sich der Ansicht, dass zollfreie Importe von Roh-Rohrzucker nur im Ausmaß der notwendigen Versorgung für einen begrenzten Zeitraum freigegeben werden dürften, nicht allerdings ein Dauerkontingent.
Belgien fordert Lockerung für BSE-Auflagen Weiters forderte Belgien, dass das Alter für BSE-Tests bei Rindern von 48 auf 60 Monate angehoben wird. Das deutlich rückläufige Seuchengeschehen erlaube eine Lockerung der Auflagen, meinte die belgische Landwirtschaftsministerin Laruelle. Die Kommission berichte, es habe im Jahr 2009 lediglich 59 BSE-Fälle in der EU gegeben. Im Sommer werde man einen neuen Fahrplan vorlegen, in dem der Verzicht auf weitere Auflagen geprüft werde, gab der Sprecher von EU-Verbraucherkommissar John Dalli bekannt. Berlakovich traf sich am Rande des Ministerrates mit Dalli. Österreich werde seine Selbstbestimmung in den Fragen der Grünen
Gentechnik verteidigen, betonte der Minister. Er sei zuversichtlich, dass von Dalli Fortschritte zu erwarten seien.
Gleiche Geflügelhaltungsstandards - auch für Polen Der neue Verbraucherkommissar stellte darüber hinaus klar, dass sich auch Polen in der Geflügelhaltung an die gleichen Tierschutzstandards wie die anderen EU-Mitgliedstaaten halten müsse. Der Malteser wies damit eine Forderung dieses Landes zurück, einfache Käfige in der Hühnerhaltung noch länger nutzen zu dürfen. Das wäre ein Rückschlag für den Tierschutz, betonte Dalli. Außerdem würde eine solche Ausnahme für Polen den Wettbewerb verzerren und alle diejenigen Geflügelhalter benachteiligen, die ihre Haltungsmethoden verbessert hätten. Deutschland, die Niederlande, Österreich und Schweden hatten sich im Vorfeld des Rates gegen eine Ausnahme für Polen ausgesprochen.
EU-Mitgliedstaaten verweigern Italien die Hilfe Weiters darf Italien seine Bauern beim Landkauf nicht unterstützen. Eine von diesem Land vorgesehene Staatshilfe bekam gestern in Brüssel keine Zustimmung. Dänemark, Deutschland und Schweden lehnten dies ab. Nationale Beihilfen brauchen aber die Zustimmung oder Enthaltung aller EU-Mitgliedstaaten. Dänemark erklärte, Italien solle den normalen Weg gehen und sich seine Beihilfe durch die Kommission genehmigen lassen. Verschiedenen Agrarunterstützungen in osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten hat der EU-Landwirtschaftsministerrat allerdings bereits zugestimmt und die Kommission damit eigentlich übergangen.
Quelle: Lebensministerium Österreich