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28.07.2009 | 11:09 | Europapolitik  

Europa braucht Vorwärtsstrategie in der Agrarpolitik

Wien - Elisabeth Köstinger, Österreichs einzige bäuerliche Vertreterin im EU-Parlament, hat heute gemeinsam mit dem Leiter des ÖVP-Europaklubs, Ernst Strasser, ihre Arbeitsschwerpunkte und Ziele für die kommenden Jahre vorgestellt.

EU-Fahne
(c) proplanta
"Die EU braucht eine Vorwärtsstrategie in der Agrarpolitik. Dies gilt insbesondere für die Gestaltung des künftigen Landwirtschaftshaushalts, für die Lebensmittelsicherheit und für die Erhaltung eines lebensfähigen ländlichen Raumes", betonte Köstinger. Sie will sich vor allem im Landwirtschaftsausschuss des EU-Parlaments für diese Themen einsetzen und dabei Verbündete in anderen Ländern suchen. Weiters ist sie Mitglied der Ausschüsse für Haushaltskontrolle und für internationalen Handel (WTO). Die ÖVP sei die einzige Partei, die mit ihren Abgeordneten in allen Politikfeldern beziehungsweise Ausschüssen der EU vertreten ist, unterstrich Strasser.

"Zentrale Themen meiner Arbeit im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sind der Erhalt einer flächendeckenden, multifunktionalen, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Land- und Forstwirtschaft in Europa. Dieses Ziel kann und wird man nicht mit einer Liberalisierungsstrategie innerhalb der WTO erreichen können. Die EU braucht ein klares Bekenntnis zu seiner Agrarpolitik und der damit verbundenen Finanzierung der gewünschten und notwendigen bäuerlichen Leistungen", betonte Köstinger. Leider gebe es in Europa einige Mitgliedstaaten und politische Parteien, die eine drastische Kürzung der Agrarprogramme und andererseits eine Verschärfung der Auflagen für den Bezug von Förderungen fordern. Dagegen müsse vereint aufgetreten werden.


GAP braucht auch nach 2013 zwei starke Säulen

"Ab 2014 gelten in der EU neue Rahmenbedingungen für die Gemeinsame Agrarpolitik. Ich werde gemeinsam mit meinen Kollegen für die Beibehaltung einer starken ersten und einer darauf abgestimmten zweiten Säule kämpfen. Eine Renationalisierung der GAP lehne ich energisch ab. Darüber hinaus sollte es zu einer möglichst geringen Umverteilung der Finanzmittel zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten kommen", erklärte die Abgeordnete.

Die aktuelle Problematik am internationalen Milchmarkt zeige, dass innerhalb der GAP auch künftig wirksame Marktordnungsinstrumente zur Regulierung von zerstörerischen Preis- und Mengenschwankungen notwendig seien. Für bestimmte Grundnahrungsmittel sei eine Krisenvorsorge und Lagerung auf EU-Ebene vorzusehen (ähnlich wie bei Erdölprodukten). Für die auslaufende, aber wichtige Maßnahme der Exporterstattung müsse rechtzeitig eine Ersatzlösung gefunden werden, als Beispiel nannte Köstinger Exportkredite. Im Bereich der Ländlichen Entwicklung sprach sie sich für die Beibehaltung des bisherigen EU-Finanzierungsniveaus und für die Bereitstellung entsprechender Kofinanzierungsmittel in Österreich aus.


Verteidigung der ökosozialen Agrarpolitik in WTO-Verhandlungen

"Seit neun Jahren wird in der WTO über eine weitere Liberalisierung des Welthandels verhandelt, bis dato ist keine Einigung in Sicht. In dieser Verzögerung sehe ich aber auch eine Chance für uns, denn der Abschluss der Doha-Runde hat fundamentale Auswirkungen auf die Ausgestaltung der EU-Agrarpolitik. Daher werde ich gemeinsam mit meinen Berufskollegen für die Aufrechterhaltung eines erkennbaren EU-Außenschutzes eintreten. Wir brauchen auch Stabilität bei den EU-Direktzahlungen. Nicht handelsbezogene Anliegen wie der Tierschutz, die Lebensmittelsicherheit, aber auch Umweltschutzmaßnahmen und die verpflichtende Kennzeichnung von landwirtschaftlichen Produkten sollten vertraglich verankert werden", forderte Köstinger. Eine weitere Liberalisierung in diesem Bereich würde zu einer zunehmenden Industrialisierung der Landwirtschaft mit allen negativen Auswirkungen auf Bauern und Gesellschaft führen, warnte sie. In Österreich müssten sonst viele Bauernhöfe vor allem in den benachteiligten Regionen aufgeben, etwa 100.000 Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich gingen in der Folge verloren.


Lebensmittel-Versorgungssicherheit in Gefahr

Aber auch im Interesse der Konsumenten gelte es, das Modell der ökosozialen EU-Agrarpolitik abzusichern. Die Abhängigkeit von Nahrungsmitteln aus Drittländern steige, die Versorgungssicherheit sei hier in Gefahr - ähnlich wie im Energiebereich, gab Köstinger zu bedenken. Eine industrielle Landwirtschaft würde zu Monokulturen und dem Verlust der Artenvielfalt führen. Wer eine solche Entwicklung nicht wolle, müsse sich klar zur europäischen Landwirtschaft bekennen. Die EU selbst müsse in Zukunft noch viel stärker und selbstbewusster ihr Agrarmodell bei internationalen Verhandlungen positionieren.


Für Selbstbestimmungsrecht der Regionen bei GVO

"Ich werde in den kommenden Jahren im EU-Parlament Verbündete in diesen Fragen suchen und gemeinsam für eine Weiterentwicklung der GAP und die Sicherung der europäischen Lebensmittel-Souveränität kämpfen. Die Gespräche starten bereits im Herbst 2009. Ich unterstütze in diesem Zusammenhang auch die österreichische Forderung nach einem Selbstbestimmungsrecht der Regionen bei der Entscheidung über den Anbau von gentechnisch modifizierten Pflanzen", hielt Köstinger fest. Notwendig sei auch ein weiterer Abbau der bürokratischen Hürden im Bereich der Cross Compliance-Bestimmungen. Als Vertreterin der bäuerlichen Jugend forderte sie darüber hinaus eine Aufstockung der Förderungen für Hofübernehmer und den Ausbau der Bildungsprogramme für Frauen in der Land- und Forstwirtschaft. (ots)
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