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17.06.2012 | 16:10 | Server-Farmen 

Island wirbt um Rechenzentren

Reykjavik/Berlin - Die Welt braucht für die stetig wachsende Datenmenge immer mehr Speicherplatz. Um die Rechenzentren der Internet-Riesen bemüht sich Island. Die Insel im Nordatlantik wirbt dabei mit Feuer und Eis.

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(c) Mihai Simonia - fotolia.com
Schneidender Wind fegt fast unablässig über die zerklüftete Landschaft Islands, riesige Gletscher überziehen das Land, unter der Erde brodelt Lava. Auf dieser unwirtlichen Insel im Nordatlantik sollen zukünftig die Daten der Welt gelagert werden. Island bemüht sich um Rechenzentren - und spielt dabei mit seiner Geografie eine Trumpfkarte aus.

«Unsere Energie ist zu 100 Prozent grün», betont Einar Hansen Tómasson von der staatlichen Investitionsagentur Islands den wohl größten Standortvorteil. Denn Server-Farmen benötigen sehr viel Energie und in Island wird Strom ausschließlich CO2-neutral aus Geothermie und Wasserkraft gewonnen. «Hier wissen die Unternehmen genau, was sie bekommen», sagt Tómasson. «Wir haben auf der Insel ein in sich geschlossenes Netz, so dass der Strom nicht von Atommeilern, Kohlekraftwerken, Gas oder Öl kommen kann.»

Das kleine Land mit seinen 320.000 Einwohnern erholt sich erst langsam von der verheerenden Bankenpleite vor vier Jahren und sucht nach neuen Wirtschaftszweigen. Die Idee der Isländer: Wenn die im Überfluss vorhandene Energie aus den Tiefen ihrer Erde nicht zu den Rechenzentren in Zentraleuropa gelangen kann, so müssen die stromfressenden Bausteine der IT-Infrastruktur eben zu ihnen kommen. Zwei Komplexe haben bereits geöffnet und füllen sich mit Daten von Kunden aus aller Welt. Weitere sollen bald folgen. «Es gibt sehr viel Interesse von Investoren», sagt Tómasson.

Doch Island hat Konkurrenz, denn auch in anderen Ländern rund um den Polarkreis entstehen Rechenzentren für den schnell wachsenden Markt. Der Norden hat einen entscheidenden Vorteil: In der arktischen Kälte können die Server leicht kühl gehalten werden. Erst im Herbst vergangenen Jahres gab das Online-Netzwerk Facebook bekannt, sein erstes europäisches Datenzentrum in Nordschweden zu bauen. Nun werden im Küstenstädtchen Luleå am Bottnischen Meerbusen drei Hallen für zehntausende Server aus dem Boden gestampft, so groß wie elf Eishockey-Arenen.

Auch Google weiß, dass das Teuerste die Kühlung ist. Der Internet-Riese errichtete eine Server-Farm in einer ehemaligen Papierfabrik in Hamina in Finnland. «Wir nehmen Meerwasser direkt aus dem finnischen Meerbusen und pumpen es durch einen Tunnel», sagt Joe Kava, der Leiter des Google-Datenzentrums. So könne die ganze Hitze der Server ohne Gebläse oder Kühlmittel abgeleitet werden. Die Anlage sei damit «eines der effizientesten Google-Rechenzentren».

Die Internetgiganten sehen sich immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, ihren steigenden Strombedarf auf Kosten der Umwelt zu decken. Nach einer Bitkom-Studie benötigten allein die Rechenzentren in Deutschland im vergangenen Jahr die Energie von vier mittelgroßen Kohlekraftwerken. Greenpeace attackierte erst jüngst die Betreiber von Cloud-Rechenzentren, weil sie hauptsächlich Atom- und Kohlestrom verwendeten. Facebook und Google kamen bei der Umweltschutzorganisation gut weg, aber Apple, Amazon und Microsoft setzten demnach nicht genug auf erneuerbare Energien.

Verne Global muss sich um den CO2-Fußabdruck seines neuen Rechenzentrums keine Gedanken machen. Die Hallen des gerade eröffneten britischen Unternehmens liegt an der südwestlichen Spitze von Island in einer ehemaligen Nato-Basis. Hier ist der Strom nicht nur grün, sondern auch billiger als überall sonst in Europa, erzählt Sprecherin Lisa Rhodes. «Und die isländische Regierung leistet sehr viel Unterstützung», fügt sie hinzu. Dazu gehören neben langfristig gesicherten Strompreisen auch reduzierte Steuern, geringere Sozialabgaben sowie gute Umrechnungskurse.

Auch die liberale Gesetzgebung beim Datenschutz spielt Island in die Hände. Ein Gesetzespaket zu modernen Medien (IMMI) soll für eine umfangreiche Meinungs- und Pressefreiheit sorgen, das erste Gesetz wurde bereits verabschiedet. Beteiligt waren die Internetaktivisten der Enthüllungsplattform Wikileaks, die ihren Sitz in Reykjavik hat. Selbst die Berliner Piratenpartei möchte ihre Daten und Computer bald nach Island verlagern, weil sie dort als relativ sicher vor Zugriffen des Staates gelten.

Die Atlantikinsel mag weit weg sein von den Datenproduzenten - die Verbindung zur Welt aber steht. Farice, Danice und Greenland Connect heißen die Tiefseekabel nach Europa und Nordamerika, ein viertes Hochgeschwindigkeitskabel soll 2013 fertig sein. Im Herbst will Einar Hansen Tómasson auch in Frankfurt für sein Land werben. Wegen der Diskussion um die deutsche Energiewende sieht er viel Potenzial. (dpa)
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