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20.01.2019 | 15:46 | Haustechnik 

Siegeszug von Smart Home? Privatsphäre wird automatisiert

München - Das computergesteuerte «Smart Home» ist seit langem ein Schlagwort in der Baubranche - und beim Schlagwort ist es bislang für die Mehrheit der Bürger auch geblieben.

Steuerung vom Smartphone aus
Vom «Smart Home» wird seit über einem Jahrzehnt geredet. Doch bislang ist die digital gesteuerte Wohnung noch kein Massenphänomen. Das ändert sich. Die Privatsphäre wird automatisiert - und das fördert die Marktmacht von Amazon & Co. (c) proplanta
Doch die Nachfrage nach der bisher hauptsächlich in Büros und Fabriken genutzten Gebäudeautomatisierung steigt mittlerweile auch bei Privatleuten stetig, wie Fachleute berichten.

«Der Trend ist ganz klar zu sehen», sagt Bernd Dechert, Geschäftsführer für Technik und Berufsbildung beim Elektriker-Zentralverband ZVEH. «Was einmal Science Fiction war, wird in zehn Jahren allgemein verbreitet sein», prophezeit Jürgen Benitz-Wildenburg vom Prüfinstitut ift Rosenheim, das Bauprodukte auf ihre Gebrauchstauglichkeit testet.

Gemeint ist mit «Smart Home» im Wesentlichen die digitale Fernsteuerung der Haustechnik über Computer, sei es vollautomatisch mit Hilfe von Sensoren, über Smartphone-Apps oder Sprachassistenten.

Die wesentlichen Anwendungsbereiche: Bequemlichkeit, Sicherheit und Energieeffizienz. Auf der Münchner Messe «Bau 2019» (14.1.-19.1.), einer internationalen Leitmesse für die Baubranche mit rund 250.000 Besuchern, ist die Digitalisierung derzeit ein Hauptthema.

«Wenn die Waschmaschine smart ist, können wir ihr sagen, dass sie sich abends einschalten soll, wenn der Strom am günstigsten ist», sagt Thomas Hardenacke, Vertriebsmanager beim Haustechnikhersteller Busch&Jaeger. Der Energieverbrauch eine Privatwohnung lässt sich nach Schätzungen mit Hilfe der Digitaltechnik um zehn bis dreißig Prozent reduzieren.

Sicherheitstechnik wird ebenfalls viel nachgefragt: Erschütterungssensoren für Fenster melden Einbruchversuche. In Kombination mit der Haustechnik können dann die Lampen in der Wohnung automatisch angeschaltet werden, um die Anwesenheit der Bewohner vorzutäuschen. Oder das Bild des Einbrechers wird über eine verknüpfte Videokamera sofort auf das Handy des Hausbesitzers gefunkt.

Eine Hauptzielgruppe sind Senioren: «Es ist ein Riesenplus, wenn sich Fenster und Türen automatisch öffnen und schließen lassen», sagt Benitz-Wildenburg vom ift Rosenheim. Ein anderes Beispiel: Sollte eine alleinlebende alte Dame zu Hause stürzen, kann ein Sensor Kinder oder Nachbarn alarmieren.

Das «Smart Home»-Spektrum reicht bis zu Nischenprodukten, deren praktischer Nutzen begrenzt erscheint: Wer es im Badezimmer gern besonders hat, lässt sich digital gesteuert mit Geräuschen und Gerüchen des Regenwalds berieseln.

Befördert wird die fortschreitende Verbreitung von «Smart Home»-Anwendungen durch mehrere Faktoren: Die Technologie ist nicht nur billiger geworden, sondern auch einfacher. «Sie brauchen zur Installation keinen Programmierer mehr», sagt Busch & Jaeger-Manager Hardenacke.

Und viele Hersteller traditioneller Gebäudetechnik bieten mittlerweile Schnittstellen für die Verknüpfung ihrer Geräte mit den Sprachassistenten von Amazon, Google und Apple an. So lassen sich Fensterrollos, Heizung oder Licht mit gesprochenen Befehlen kontrollieren, sagt Peter Taschner vom Haustechnik-Hersteller Gira, einem Traditionsunternehmen aus dem Bergischen Land.

Nach Angaben der deutschen Amazon-Zentrale in München hat das US-Unternehmen bisher weltweit 100 Millionen Geräte mit integrierter Alexa-Funktion verkauft. «Die Anzahl der verfügbaren Geräte mit Alexa-Integration hat sich im vergangenen Jahr mehr als verdreifacht», sagt ein Sprecher in München.

Das umfasst nicht nur «Smart-Home»-Geräte, sondern auch PCs, Wearables wie digitale Armbanduhren oder Fitness-Armbänder, Mobiltelefone, und Autos von BMW, Ford oder Toyota. Die Zahlen für den deutschsprachigen Markt veröffentlicht Amazon nicht separat.

Die Anbindung an das Internet kann Schattenseiten haben. «Niemand möchte, dass sein Haus nicht mehr funktioniert, wenn die Internet-Verbindung zusammenbricht», sagt Benitz-Wildenburg vom ift Prüfinstitut. Die Nutzung von Sprachassistenten läuft darauf hinaus, dass Daten über privateste Vorlieben auf Cloud-Servern rund um den Globus gespeichert werden. «Es gibt ein Spannungsfeld zwischen Komfort und Datenautonomie», sagt Benitz-Wildenburg.

Dass Datenschutz- oder Sicherheitsbedenken das Wachstum des «Smart-Home»-Markts stoppen könnten, glaubt allerdings niemand. «Es gibt immer mehr Betriebe in den E-Handwerken, die sich darauf spezialisieren», sagt Technik-Geschäftsführer Dechert vom ZVEH. In Zukunft wird es sogar einen eigenen Handwerksberuf dafür geben.

Der ZVEH arbeitet an einer Novellierung der Ausbildungsordnung. «Wir werden alle unsere Berufe anpacken, neu hinzu kommen wird der Ausbildungsberuf des Elektronikers für Gebäudesystemintegration», sagt Dechert.
dpa
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