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13.02.2011 | 10:36 | Agrarberufe 

Bauern im Winter

Monheim - Das Getreide ist eingeholt, draußen ist es kalt und unwirtlich. Die Wintersaat ist längst im Feld, das Frühjahr ist noch weit. Was machen eigentlich Europas Landwirte in der dunklen Jahreszeit, wenn die Natur Pause macht? Winterschlaf am Kachelofen? Oder geht der Betrieb einfach weiter?

Getreide im Winter
(c) proplanta
Die Illusion von der besinnlichen Winteridylle auf dem Bauernhof platzt jedenfalls gleich zu Beginn: „Im Sommer arbeiten wir bis zu 14 Stunden, im Winter haben wir einen geregelten Arbeitstag“, sagt Jochen Weibeler, staatlich geprüfter Landwirt und Verwalter auf einem 370-Hektar-Betrieb nahe Köln. Das Erntedankfest mag zwar vorbei sein, aber die Ernte geht für Weibeler weiter: Dezember ist er mit seinem Team draußen im Feld und kümmert sich um den Wirsing. 30.000 Wirsingköpfe pro Hektar wollen per Hand geerntet werden, denn für das empfindliche Gemüse wurde noch keine Erntemaschine erfunden. Mit einer Geschwindigkeit von 300 Metern pro Stunde fährt der Schlepper über das Feld. Ein halbes Dutzend Erntehelfer halten Schritt mit dem Fahrzeug, während sie die Kohlköpfe so abschneiden, dass die untersten, meist unschönen Umblätter an der Wurzel bleiben.

Über ein Förderband gelangen die Köpfe auf den Schlepper, wo sie von zwei weiteren Erntehelfern vorsichtig in die Großraumkisten fürs Kühlhaus gesetzt werden. Sind die Kisten voll, geht es nach Hause: Dort gibt es eine kalte Dusche - für die Kohlköpfe, versteht sich, damit sie leicht gefrieren - denn der Wirsing braucht etwas Frost für den guten Geschmack. Dann werden sie im Kühlhaus eingelagert, wo sie bei minus 0,5 Grad gut über den Winter kommen. Im benachbarten Rübenfeld ist die Erntearbeit übrigens schon getan: Große Rübenberge dort liegen am Feldrand, mit Vlies zugedeckt, damit sie vor Frost geschützt sind. Die „goldenen Früchte des Rheinlands“ warten darauf, von der nahegelegenen Zuckerfabrik zur Verarbeitung abgeholt zu werden.


Frost und Schnee können kommen

Ebenso wie Europas Hobbygärtner müssen auch die Landwirte ihren Betrieb winterfest machen. Dazu gehört es, empfindliche Pflanzen abzudecken, Wasserleitungen und Wassergefäße zu leeren sowie Geräte zu säubern, zu reparieren und eventuelle Roststellen zu beseitigen. Für den Landwirt Pau Salze Trepat im Nordosten Spaniens bedeutet dies, seine Bewässerungsanlage auf Beschädigungen und undichte Stellen zu kontrollieren. „Wir bewässern 100 Hektar Sommergetreide, das sind eine Menge Leitungen, die versorgt werden müssen“, sagt er. „Solche Reparaturarbeiten erledigen wir immer in Eigenregie, denn sonst steigen die Kosten ins Uferlose.“

Im benachbarten Feld überzieht unterdessen ein zarter grüner Flaum den Erdboden wie ein Teppich. Das Wintergetreide ist aufgegangen. Für die einheimischen Mäuse bieten die kleinen Weizen- und Gerstepflänzchen eine verlockende Nahrungsquelle. „Die haben dort einen gedeckten Tisch, und diesen Tisch räumen sie ab, wenn man sie lässt“, sagt Pau Salze Trepat. Mäusebekämpfung gehört daher zu den notwendigen und immer wiederkehrenden Aufgaben des Winterbetriebes.

Schnee hingegen bereitet der Wintersaat keine Probleme: selbst nicht in der Ukraine. Oleg Malyarenko, dessen Farm in der südlichen Nikolaev-Region liegt, wünscht sich im Gegenteil „viel, viel Schnee für den Winter“. Denn wenn die Weizenpflänzchen unter der Schneedecke schlafen, sind sie geschützt gegen Frost, Wind und Austrocknung. „Am besten ist es, wenn der Schnee trocken und pulvrig ist“, erläutert er. Dann hat er hat eine Menge Luft eingeschlossen und bildet eine isolierende Schutzschicht für meinen Weizen. Selbst unter einer Schneedecke von 30-40 cm und bei minus 30 Grad ist es am Boden nur wenig unter dem Gefrierpunkt.“ Eiskrusten dagegen, oder starke Winde ohne Schnee, schätzt Malyarenko gar nicht: Sie können große Schäden verursachen und sind daher sehr gefürchtet.


Warten auf gute Preise

Moderne Landwirte kümmern sich aber nicht nur um den Hof und die Felder, sondern sind auch Leiter eines Wirtschaftsbetriebes. Dazu gehören Buchhaltung, Einkauf, Verkauf und Marketing. Jochen Weibeler sitzt daher jetzt häufig am Computer, um auf dem Laufenden zu sein, wie sich die Preise für die eingelagerten Produkte entwickeln. „Manche Landwirte liefern ihr Getreide im Sommer nach der Ernte beim Landhändler ab. Wir nicht. Wir haben ein Getreidelager und können dadurch frei als Marktteilnehmer reagieren. Wir staffeln den Weizenverkauf, um vernünftige Preise zu erzielen. Wir beobachten das Geschäft und wenn Schwung in den Getreidemarkt kommt, verkaufen wir.“ Auch für die Wirsingernte wird der Verkauf optimiert. Nur wenn die Preise gut sind, kommt ein Teil der Ernte in den Direktverkauf, der Großteil wartet im Kühlhaus auf bessere Preise.

Der Winter bietet den Landwirten aber auch Zeit für die Aufarbeitung liegengebliebener Büroarbeiten und für die Überprüfung der Dokumentation über die Pflanzenschutz- und Düngeranwendung. „Wenn man in Europa die großen Supermarktketten beliefert, muss man über jede Pflanzenschutzmaßnahme im Feld Buch führen und nachweisen, dass man die geforderten Wartezeiten eingehalten hat. Mit der Kontrollbehörde des sogenannten GlobalGap-Standards setzen wird uns erst im Winter zusammen, denn für die umfassende Prüfung der Standards muss man sich ein bisschen Zeit nehmen“, erklärt Weibeler.
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