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10.08.2023 | 07:01 | Neue Perspektiven 

Umschulen mit Mitte 30? SPD-Chef fordert Umbau der Weiterbildung

Stuttgart - Mit Blick auf den Fachkräftemangel und die Transformation der Wirtschaft fordert der baden-württembergische SPD-Chef Andreas Stoch eine Reform der beruflichen Weiterbildung.

Wirtschaftstransformation
Von der Ausbildung bis zur Rente im gleichen Job: Das dürfte künftig in Zeiten von Digitalisierung und Transformation der Wirtschaft eher die Ausnahme sein. SPD-Chef Stoch will deswegen die berufliche Weiterbildung reformieren. (c) proplanta
«Wir brauchen in einer Gesellschaft, die sich in einer Transformation befindet, nicht nur ein Bildungssystem, das mit 18 oder mit 20 Jahren endet. Wir brauchen ein Bildungssystem, in dem Menschen mit 25, 35 oder vielleicht sogar 40 Jahren noch mal ein Qualifizierungsangebot bekommen», sagte Stoch der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Es werde künftig immer häufiger vorkommen, dass Mitarbeiter mit Mitte 30 feststellten, dass sie ihren Beruf nicht mehr die nächsten 20 Jahre ausüben könnten. Darauf müsse das Bildungssystem reagieren. Er wolle keine neue Schule für Erwachsene bauen, sagte Stoch, der auch Fraktionschef der Sozialdemokraten im Landtag von Baden-Württemberg ist. «Warum nicht ein modular gedachtes Bildungssystem, wo ich nicht grundsätzlich jeden in eine dreijährige Lehre schicken muss, sondern wo ich sagen kann: Hör zu, der bringt schon Qualifikationen mit, es fehlt aber noch dieses und jenes», sagte Stoch.

Größere Unternehmen wie Daimler oder Bosch könnten dies auch selbst organisieren, kleinere Unternehmen oder Handwerksbetriebe hätten aber nicht die Kapazitäten und auch nicht die Kompetenzen, eine solche Weiterbildung selbst zu organisieren. Ein modulares System wäre aus Sicht des SPD-Politikers auch für die Integration von Migranten sinnvoll. «Wir haben eigentlich kein Bildungssystem für Menschen, die aus dem Ausland kommen - entweder mit Vorqualifikationen oder auch unqualifiziert -, das ihnen das Ankommen und die Integration durch Arbeit erleichtert. Das wäre aus meiner Sicht dringend notwendig», sagte Stoch.

Er habe den Eindruck, das noch nicht jeder verstanden habe, vor welchem Veränderungsdruck die Wirtschaft derzeit stehe. «Da sehe ich in Baden-Württemberg bei manchen eine hohe Sensibilität. Wenn ich mit den Gewerkschaften rede, habe ich das Gefühl, die sind sehr weit voraus. Dagegen hat man bei der Landesregierung das Gefühl, da wird einfach mal abgewartet, was passiert», sagte Stoch.

Das Wirtschaftsministerium hatte im Juli eine Kampagne gestartet, um berufliche Weiterbildung zu fördern. Mit den Slogans «The Chänce» und «Du bist mehr» sollen mehr Menschen im Südwesten zu einer beruflichen Weiterbildung motiviert werden. Das Ziel sei, über die Vorteile einer Weiterbildung sowie Beratungs- und Fördermöglichkeiten in dem Bereich zu informieren, teilte das Ministerium mit. Die Informations- und Werbekampagne soll zwei Jahre dauern.

Zustimmung bekommt Stoch vom Verband Unternehmer Baden-Württemberg. Es sei von zentraler Bedeutung, die Beschäftigten fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft zu machen, sagte Stefan Küpper, Geschäftsführer für Politik, Bildung und Arbeitsmarkt. «Für die Unternehmer Baden-Württemberg liegt ein besonderes Augenmerk darauf, kleinen und mittleren Unternehmen und ihren Belegschaften dabei Unterstützung zu bieten.» So mache etwa das Bildungswerk der baden-württembergischen Wirtschaft passende Beratungs- und Qualifizierungsangebote. Sinnvoll seien auch Qualifizierungsverbünde für kleine und mittlere Unternehmen.

Einer Umfrage der Industrie- und Handelskammern zufolge sehen mehr als 70 Prozent der Unternehmen in Baden-Württemberg Herausforderungen bei der Weiterbildung ihrer Beschäftigten. Laut Baden-Württembergischem Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) gaben knapp 25 Prozent der gut 3.000 befragten Unternehmen an, dass die gute Auftragslage zu wenig Zeit für Weiterbildung lasse. Ebenfalls fast ein Viertel der Unternehmen sagten, ihre Beschäftigten seien nicht ausreichend motiviert, sich weiterzubilden. Jedes fünfte Unternehmen gab zudem an, dass es schwierig sei, geeignete Weiterbildungsangebote zu identifizieren.

Aus Sicht von SPD-Chef Stoch braucht es für eine erfolgreiche Transformation weg von fossilen Rohstoffen hin zu regenerativen Energien auch mehr Geld vom Land. «Andere Länder machen da definitiv viel, viel mehr. Ich höre von Unternehmen aus Baden-Württemberg, dass ihnen zum Beispiel im Saarland der rote Teppich ausgerollt wurde, wohingegen sie in Baden-Württemberg schon froh sein müssen, überhaupt einen Termin im Wirtschaftsministerium zu bekommen», bemängelte Stoch.
dpa/lsw
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