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12.02.2012 | 07:13 | Sturmflut 

Rückblick auf eine der schwersten Sturmfluten für Hamburg und die Nordseeküste

Offenbach - Naturkatastrophen, die große Schäden verursachen und viele Menschenleben fordern, treten meist in weit entfernten Gebieten der Erde auf und berühren selten Deutschland.

Sturmflut
(c) wil tilroe-otte - fotolia.com
Im Februar 1962 war das anders. Das Orkantief „Vincinette“, dessen Sturmfeld in den späten Abendstunden des 16. Februars 1962 in der Deutschen Bucht und kurz nach Mitternacht in Hamburg seinen Höhepunkt erreichte, führte an der Nordseeküste und in der Elbe zu einer sehr schweren, folgenreichen Sturmflut.

Deiche brachen, viele Stadtteile Hamburgs standen unter Wasser und mehr als 300 Menschen kamen ums Leben. Ganz Deutschland nahm damals großen Anteil am Leid der Menschen, die von den Überflutungen betroffen waren.


Bordwetterwarte meldete erste Orkanwinde in der Nordsee

Die eigentliche Geburt des für die Küsten der Deutschen Bucht und für Hamburg und Nordwestdeutschland so folgenreichen Orkantiefs begann am 14. Februar 1962.

Grönlandkaltluft spaltete von einem Tief nahe Island ein kleines Teiltief ab, das sich danach verstärkte und als „Schnellläufer“ mit einem breiten Niederschlagsband aus gewittrigen Regenschauern, Schneeregen und Graupel südostwärts zog.

Am Morgen des 16. erreichte es mit einem Kerndruck von nur 950 hPa (damals noch Millibar) Südskandinavien. In der nachfolgenden Nordmeerkaltluft steigerte sich über der Nordsee der Nordwest-Sturm allmählich zum Orkan.

Die Bordwetterwarte des Fischereischutzbootes „Meerkatze“ meldete inmitten der Nordsee gegen 13 Uhr Windstärke 11, um 19 Uhr dann bereits Orkan-Windstärke 12. Das norwegische Wetterschiff „Eger“ geriet in Seenot.

Hinter der deutschen Küstenlinie und in Hamburg traten in der Nacht mehrmals Orkanböen auf. Die mittleren Windgeschwindigkeiten lagen jedoch deutlich niedriger, das eigentliche Hauptsturmfeld zog glücklicherweise weiter nördlich vorbei. Trotzdem behinderten die über viele Stunden anhaltenden, heftigen Nordwestwinde des Orkans am Nachmittag des 16. das Zurückströmen des Elbewassers in die Deutsche Bucht in fataler Weise. So stieg das Hochwasser in der Nacht zum 17. weiter an.


Sturmsignale entlang der Nordseeküste waren gesetzt

Bereits gegen Mittag des 15. waren die Sturmsignale entlang der Nordseeküste auf Anweisung des Seewetteramtes des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Hamburg gesetzt worden.

Das damals für den Sturmflutwarndienst zuständige Deutsche Hydrographische Institut erhielt in der Folge vom DWD neben der meteorologischen Beratung kontinuierliche Sturm- und Orkanwarnungen.

Im Sachverständigenbericht des Hamburger Senats wird es später heißen: „Das Seewetteramt hat am 16. Februar die Entwicklung eines schweren Sturmes mit Orkanböen frühzeitig erkannt. Behörden und Öffentlichkeit wurden über Fernsprecher und Rundfunk gewarnt.“

So waren die Hilfsdienste trotz allem in der Lage, viele Leben zu retten und zum Teil auch Schäden zu begrenzen. DWD-Präsident Prof. Dr. Gerhard Adrian: „Bedenkt man, dass damals weder numerische Vorhersagemodelle, noch Wetterradar oder gar Wettersatelliten zur Verfügung standen, so muss man der präzisen Vorhersageleistung auch heute noch großen Respekt zollen.“

In späteren Jahren gab es ähnliche oder sogar noch heftigere Sturm- und Orkanwetterlagen. Nach der Katastrophe 1962 wurden jedoch die Schutzeinrichtungen der Hansestadt und die Deiche wesentlich verstärkt, so dass die Folgen von Stürmen und Sturmfluten weit weniger verheerend waren.


Moderne Wettervorhersagen nutzen Supercomputer und Satellitentechnik

Heute können solche Orkanlagen im Deutschen Meteorologischen Rechenzentrum des DWD meist schon einige Tage zuvor relativ gut erfasst werden. Für die Vorhersage einer Sturmflut an der deutschen Nordseeküste ist dabei vor allem eine möglichst genaue Windvorhersage entscheidend.

Die Verbesserung der numerischen Modelle im Deutschen Wetterdienst, die Nutzung immer leistungsstärkerer Rechnersysteme, ein dichtes globales Mess- und Beobachtungsnetz sowie der Einsatz von Radar- und Satellitentechnik ermöglichen treffsicherere Wettervorhersagen und Unwetterwarnungen. Sie sind meist so früh verfügbar, dass Maßnahmen zur Schadensbegrenzung rechtzeitig umsetzbar sind.

DWD-Präsident Prof. Dr. Adrian: „Das Wetter ist ein chaotisches System und nach wie vor nicht hundertprozentig vorhersagbar, so dass die Vorbereitung auf extreme Wetterereignisse auch künftig eine Herausforderung bleiben wird.Die Beschäftigten des Deutschen Wetterdienstes leisten dazu rund um die Uhr einen wichtigen Beitrag.“ (dwd)
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