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04.09.2007 | 10:44 | Klimaforschung 

Klimaforscher schlagen Alarm: Eisschmelze am Nordpol schlimm wie nie

Kopenhagen/Hamburg - Am Nordpol gibt es so wenig Eis wie noch nie seit Beginn moderner Messungen. Die Eisschmelze habe sich dramatisch beschleunigt und verlaufe viel schneller als befürchtet, berichteten dänische und deutsche Forscher am Montag.

Klimaforschung
(c) proplanta
Nur noch weniger als drei Millionen Quadratkilometer der Arktis seien eisbedeckt, sagte der Meteorologe Leif Toudal Pedersen von der Technischen Universität Kopenhagen (DTU). Dies entspricht etwa der achtfachen Fläche Deutschlands. «Das ist ein extremer Tiefstwert für die Eisdecke», zitierte ihn die Zeitung «Jyllands-Posten». Der Meteorologe Eigil Kaas sagte: «Was wir da erleben, ist krass. Es bestätigt die schlimmsten Prognosen.»
 
Experten des Zentrums für Marine- und Atmosphärische Wissenschaften (ZMAW) der Universität Hamburg hatten noch vor einem Monat als untere Grenze der Eisfläche eine Ausdehnung von 3,5 Millionen Quadratkilometern prognostiziert. «Es ist noch weiter geschmolzen, das hätte ich nicht für möglich gehalten», sagte der ZMAW-Physiker Lars Kaleschke. «Zumindest seit Beginn der Satellitenbeobachtungen vor 35 Jahren ist das ein Rekordminimum.» Zum Vergleich: In den vergangenen fünf Jahren schrumpfte das Eis am Nordpol nicht unter etwa 4 Millionen Quadratkilometer, und in den 1990er Jahren waren es auch im Sommer noch mindestens etwa 4,7 Millionen Quadratkilometer.
 
Das Schmelzen der vereisten Polkappen gilt als wichtiges Alarmsignal für den Klimawandel. An den Polregionen der Erde ließen sich die Folgen der globalen Erwärmung besonders gut beobachten, weil sich die Effekte dort noch verstärkten, erläuterte Kaleschke.
 
Pedersen führt die extreme Schmelze dieses Jahres außer auf den Klimawandel auch darauf zurück, dass gewaltige Eisströme aus Sibirien an die grönlandischen Ostküste geflossen und dabei geschmolzen seien. Zu den Konsequenzen aus den neuesten Messungen sagte er: «Bisher wurde angenommen, dass die Arktis in 30 bis 40 Sommern den Sommer über eisfrei sein würde. Wenn die jetzige Entwicklung weitergeht, wird es vielleicht nur 15 bis 20 Jahre dauern.»
 
Nach den DTU-Berechnungen sind verglichen mit dem bisher eisärmsten Arktis-Sommer 2005 mehr als eine Millionen Quadratkilometer Eis zusätzlich verschwunden. Im Vergleich zum durchschnittlichen Vorkommen der Jahre 1978 bis 2000 ist die Eisfläche um 2,5 Millionen Quadratkilometer und damit um 40 bis 45 Prozent geschrumpft. Damit sei eine Eisfläche fast von der Größe Westeuropas in weniger als zehn Jahren verschwunden.
 
Auch in anderen Breiten hat der Klimawandel starke Auswirkungen auf das Meer: In den Sommermonaten sei die Oberflächentemperatur von Nord- und Ostsee zwischen 1985 und 2002 um durchschnittlich 1,4 Grad Celsius gestiegen, sagte Brian MacKenzie vom dänischen Institut für Fischereiforschung kürzlich auf dem 42. Europäischen Meeresbiologen- Symposium in Kiel. Nicht nur Schwertfische und Sardellen seien in dänischen Gewässern gefangen worden, auch andere Arten wie die Meerbarbe oder die Meerbrasse. «Diese Fische kennt man üblicherweise aus dem Mittelmeer oder dem Golf von Biskaya», sagte der Fischereibiologe.
 
Forschungsprojekte weltweit zeigten, dass sich die Ökosysteme der Ozeane neu sortierten, betonte Martin Wahl vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) auf dem Symposium. (dpa)
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