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03.09.2014 | 15:21 | US-Bier-Markt 

Das Geheimnis des Craft Beer-Erfolgs

New York - Die großen Bier-Multis schwächeln, doch das Geschäft der Indy-Branche wächst mit zweistelligen Raten: Amerikas Durst auf «Craft Beer» lockt Unternehmer und Investoren. Boom oder Blase - wieviele Brauereien kann die weltgrößte Volkswirtschaft vertragen?

US-Bier-Markt
(c) proplanta
Freitagabend, die Zapfanlage im «Arts and Crafts Beer Parlor» läuft auf Hochtouren: Bierkreationen wie «Flying Dog Raging Bitch», «Coronado Sock Knocker» oder «Victory DirtWolf» verkaufen sich - der Laden ist voll.

Gut für Ex-Special-Agent Don Borelli. Nach 25-jähriger FBI-Karriere hat er die stylische Kellerbar in Greenwich Village erst Ende März mit einem Freund zusammen aufgemacht. Günstiges Timing: handgemachte Bierspezialitäten, Craft Beers, liegen in Amerika im Trend.

Der Hype in Zahlen: Ein Verkaufsplus von 17,2 Prozent im Geschäftsjahr 2013 meldet der Branchenverband Brewers Association. Im schrumpfenden Gesamtmarkt, wohlgemerkt. In der ersten Hälfte des laufenden Jahres stiegen die Zulassungen von Brauereien in den Vereinigten Staaten laut der Steuer- und Handelsbehörde auf mehr als 4.500 - über 500 neue Anträge seit Dezember.

Zum Vergleich: 1995 gab es noch weniger als 1.000 Betriebe. «Egal wie man die Daten betrachtet, das sind erstaunliche Zahlen», sagt Lester Jones, Chefökonom vom Lobbyverband der Bierlieferanten NBWA.

Der Brooklyn Brewery gefällt das. Das Unternehmen hat seine Verkaufszahlen in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht und dabei noch nicht einmal Geld für Werbung ausgeben müssen. Gründer Steve Hindy, ein ehemaliger AP-Journalist, entdeckte die Leidenschaft fürs Heimbrauen als Korrespondent in islamischen Ländern mit Alkoholverbot wie Saudi Arabien oder Kuwait.

Heute liefern er und sein Kompagnon Tom Potter von Brooklyns Hipster-Hochburg Willamsburg aus Lager, Pils und Ale in 26 US-Staaten und 20 Länder weltweit. In New Yorks Delis und Groceries sind ihre Sixpacks allgegenwärtig.

Es sind Geschichten wie diese, die ehemalige FBI-Agenten, vor allem aber Unternehmer und Investoren ins Bier-Business treiben. 100 Milliarden Dollar schwer ist der amerikanische Markt. 7,8 Prozent davon steuerten unabhängige Hausbrauereien zuletzt bei - Tendenz steil ansteigend. Das weiß man auch in der Private-Equity-Branche und an der Wall Street.

Die Investmentbank Demeter Group prognostiziert für Craft Beer bis 2020 einen Marktanteil von 20 Prozent. Venture-Kapitalisten wie Fireman Partners aus Boston setzen drauf.

Wegen ihrer schwachen Absatzentwicklung in Amerika könnten die großen Bierkonzerne wie ABInBev, SABMiller, Carlsberg oder Heineken über kurz oder lang in die Tasche greifen, um ihre Marktanteile und Margen durch die Übernahme erfolgreicher kleiner Firmen auszubauen. Die müssen allerdings auch wollen - oftmals ist das Brauen eher Leidenschaft als Geschäftszweck.

In weiten Teilen der Szene gilt das Motto: «No Sell out». Bislang ist nur ABInBev ein größerer Zukauf gelungen. Das war 2011 und sorgte bei vielen Fans für Unmut.

Einigen in der Branche scheint der ganze Rummel und Andrang sowieso etwas unheimlich. «Viele fragen sich - wie viele Brauereien können die USA vertragen?», sagt Bart Watson, Chefvolkswirt der Brewers Association. Das bekannte Wirtschaftsblog «Business Insider» warnte schon Ende 2013 vor der großen Blase.

Nachdem Watson nachgerechnet hat, gibt er allerdings rasch Entwarnung - die USA hätten halt einigen Nachholbedarf. So gebe es beispielsweise in Deutschland umgerechnet auf die Bevölkerung deutlich mehr kleine Hausbrauereien.

Doch auch dort wird es bald Konkurrenz aus den USA geben: Greg Koch, Chef der zehntgrößten amerikanischen Craft-Brauerei Stone Brewing aus Südkalifornien, will in einem ehemaligen Berliner Gaswerk bis 2016 einen Komplex mit Brauerei, Restaurant, Biergarten entstehen lassen.

Koch verachtet Industriebier und er schert sich nicht um das deutsche Reinheitsgebot. Aus seinen Braukesseln kommen Sorten mit rauchigen, würzigen oder süßlichen Aromen. (dpa)
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