Landwirtschaft und Ernährungsindustrie spüren die Wirtschaftskrise, sie äußerten sich am Mittwoch lediglich «verhalten optimistisch» für 2009. Auf der Messe zu Jahresbeginn jedoch wollen sie zeigen, was die Branche leistet. Bis zum 25. Januar präsentiert die
Grüne Woche neue Trends sowie Altbewährtes und lädt zu einer Schlemmertour mit mehr als 100.000 Genüssen von allen Kontinenten. Offiziell eröffnet wird sie am Donnerstagabend mit einer Gala.
Die Messe ist auch Treffpunkt für Politiker aus aller Welt, allein mehr als 30 Agrarminister werden in den Hallen am Funkturm und bei Konferenzen erwartet. Die Bundesregierung will die Grüne Woche zum «Davos der Agrarwirtschaft» machen - in Anlehnung an das Weltwirtschaftsforum, das jedes Jahr in Davos in der Schweiz stattfindet. Landwirtschaftsministerin Ilse
Aigner (CSU) diskutiert mit ihren Fachkollegen über die Nahrungskrise und die Folgen der Wirtschaftskrise. Auch Russlands Regierungschef Wladimir
Putin plant nach Messeangaben einen Besuch bei der Agrarschau.
Druck auf die
Agrarministerin machten vor Messebeginn die Milchbauern: Sie drohten wegen gesunkener Preise mit einem neuen Lieferstopp. «Wir geben der Politik die Chance, die Kuh vom Eis zu holen. Falls das nicht passiert, wird sicherlich auch ein Milchstreik zu überlegen sein», sagte Romuald Schaber, der Präsident des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. Der Verband hatte im Mai und Juni 2008 bundesweit mit einem zehntägigen Lieferstopp für höhere Anbieterpreise gekämpft.
Zur
Wirtschaftskrise sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Gerd
Sonnleitner, die Bauern würden durch die Flaute gebeutelt. Er fügte aber hinzu: «Wir produzieren Lebensmittel, die auch in Wirtschaftskrisen gebraucht werden.» Die Chancen stünden gut, dass die Bauern «weiterhin durchstarten können». «Eine solche Krise geht natürlich nicht spurlos an der Landwirtschaft vorbei», sagte Ministerin Aigner der «Saarbrücker Zeitung» (Donnerstag). «Dennoch ist unsere Landwirtschaft so stabil, dass sie sich am Markt behaupten kann.» Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie sprach von «verhaltenem Optimismus». Wegen der Krise sei 2009 allenfalls ein leichtes Umsatzwachstum möglich, sagte Verbandschef Jürgen Abraham.
Der Export werde weiter wachsen, im Inland seien die Aussichten aber weniger gut - was den Verbrauchern zugute käme: Der Preisanstieg bei Lebensmitteln sei vorerst gestoppt, wegen des harten Wettbewerbs müssten die Kunden in Deutschland 2009 vermutlich nicht tiefer in die Tasche greifen, sagte Abraham. Vor allem durch höhere Preise war der Umsatz der Branche nach Schätzung der Vereinigung im vergangenen Jahr um 5,6 Prozent auf 155 Milliarden Euro gewachsen.
Unbeeindruckt von der Krise zeigte sich vor Messebeginn die Bio- Branche. «Die Stimmung ist gut», sagte Thomas Dosch, der Präsident des Anbauverbands Bioland. 2008 ist der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln um etwa zehn Prozent auf rund 5,8 Milliarden Euro gestiegen, wie der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft unter Berufung auf eine Schätzung der Zentralen Markt- und
Preisberichtstelle mitteilte.
Größter Aussteller der Grünen Woche mit einer Fläche von 6.000 Quadratmetern ist erneut Russland. Die deutsche Wirtschaft hält das Land für den wichtigsten
Agrarmarkt für Deutschland. Agrargüter im Wert von 2,7 Milliarden Euro seien 2007 nach Russland geliefert worden, teilte der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft mit. Höhepunkt für die Russen ist der Putin-Besuch am Freitag. «Das wird einen Auflauf auf dem Gelände und einen Sicherheitsaufwand geben, wie ihn die Messe Berlin noch nie gesehen hat», sagte Messegeschäftsführer Christian Göke. (dpa)