Der Bundesverband Deutscher
Milchviehhalter (BDM) kündigte für Donnerstagabend Kundgebungen vor den niedersächsischen Molkereien in Aurich, Zeven (Kreis Rotenburg), Dringenburg (Kreis Ammerland) und Uelzen an. «Den Molkereien geht es auch schlecht, wir können das Milchmarktproblem nur gemeinsam lösen», sagte am Mittwoch der niedersächsische BDM-Landesvorsitzende Christian Niemann in Aurich. Angesichts des Überangebotes liege der Milchpreis derzeit bei unter 20 Cent pro Kilogramm Milch. «Daran verdient der Landwirt nichts.»
Unterdessen forderte der bayerische Ministerpräsident, Ex-Agrarminister Horst
Seehofer (CSU), eine neue Milch-Spitzenrunde. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bat Seehofer um die schnelle Einberufung eines Treffens von Bundesregierung, Bauern und Einzelhandel sowie um Staatshilfen für Landwirte. Der drastische Preisverfall bedrohe viele Milchbauern in ihrer Existenz, warnte der CSU-Chef am Mittwoch.
Im schleswig-holsteinischen Neumünster demonstrierten rund 1.800 Bauern für höhere Milchpreise. «Die Situation in den Betrieben ist katastrophal», sagte der Präsident des Landesbauernverbandes, Werner Schwarz. «Mit solchen Preisen können wir nicht leben.» Viele Betriebe hätten echte Liquiditätsprobleme. «Wir stehen am Abgrund und blicken in eine ungewisse Zukunft. Gehen wir noch einen Schritt weiter, dann stürzt unsere Milcherzeugung ab», sagte Schwarz. Die Situation ist nach Einschätzung der Bauern schlimmer als vor dem Lieferboykott 2008.
Damals hatten Milchbauern bundesweit zehn Tage keine Milch ausgeliefert. Sie forderten einen Abnahmepreis von 43 Cent pro Liter statt 30 Cent und eine Reform des gesamten Preis- und Liefersystems. Vom Milchpreis, den die Verbraucher im Supermarkt bezahlen, bekommen die Bauern weniger als die Hälfte. Etwa 13 Prozent entfallen auf die Molkereien, 11,5 Prozent auf die Verpackung und rund 10 Prozent auf den Einzelhandel.
«Derzeit bekommen wir keine 20 Cent pro Kilogramm», sagte BDM- Sprecher Hero Schulte aus St. Georgiwold bei Weener (Kreis Leer) in Aurich. «Das ist Kamikaze-Melken: Wir melken, bis wir pleite sind, bis nichts mehr geht.» Die Lage werde auch durch die
Wirtschaftskrise und die Vorsicht der Banken bei der Kreditvergabe erschwert. Viele Landwirte hätten ihre Betriebsprämien bereits bis zum Jahr 2012 verpfändet. Nach Ansicht des
BDM sind jetzt die Molkereien bei der Umsetzung notwendiger Schritte gefordert. Sie könnten etwa Milch von den Bauern nicht mehr abholen, die ihre Quote bereits erfüllt hätten, sagte Schulte. Die vom
Bauernverband geforderten Subventionen für Milcherzeuger machten dagegen keinen Sinn. (dpa)