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18.01.2010 | 14:27 | Milchwirtschaft  

European Milk Board und Entwicklungsverbände fordern faire Rahmenbedingungen im Milchhandel

Berlin/Bonn/Hamm - Das European Milk Board (EMB), Oxfam und die UN-Millenniumkampagne fordern faire Milchpreise und ein Ende des Milchdumpings, um Milchbauern in Deutschland, Europa und in den armen Ländern vor dem Ruin zu bewahren.

European Milk Board
(c) proplanta
Die geringe Verhandlungsmacht der Milchbauern in einem Marktumfeld mit vielen Überschüssen, erlaube den Milchbauern hierzulande und im Süden nicht, den Molkereien und den Supermarktketten auf Augenhöhe zu begegnen und ihre Interessen als gleichberechtigte Akteure zu vertreten.

„Die Milchpreise decken immer noch nicht die Produktionskosten der Erzeuger“, kritisiert  Romuald Schaber, Präsident des European Milk Board. Derzeit erhalte der Milchbauer nur durchschnittlich 26 Cent pro Liter Milch, während die Kosten bei 40 Cent lägen. Die Betriebe in ganz Europa gingen an ihre Reserven und finanzierten die Milchproduktion aus anderen Betriebszweigen quer. Hauptursache sei die von der EU forcierte Überproduktion.

„Der Schaden der verfehlten EU-Agrarpolitik macht an den Grenzen der Europäischen Union nicht halt“, erklärt Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland. Billiges Milchpulver aus der EU gefährde die Absatzmärkte von Milchbäuerinnen und -bauern in Afrika. „Das freie Spiel der Marktkräfte ist unfair. Wir können nicht mit billigen Milchpulverimporten konkurrieren“, betont Njakoi, Milchexperte der Entwicklungsorganisation Heifer International aus Kamerun. „Um Hunger und Armut zu bekämpfen, muss unsere Regierung dringend die bäuerliche Produktion schützen. Gleichzeitig muss Europa das Milchdumping beenden.

“ Billigmilch aus der EU konterkariert die Erreichung der Millenniumsziele“, kritisiert auch Dr. Renée Ernst von der UN-Millenniumkampagne Deutschland. „Unser Agrardumping verhindert, dass sie sich selbst aus der Armut befreien können.“ Sieta van Keimpema, Vize-Präsidentin des EMB: „Die Bewegung der europäischen Milcherzeuger hat sich in den letzten Monaten abwartend verhalten, in der Hoffnung, dass die EU-Milchpolitik die weitreichenden gesellschaftlichen Folgen von niedrigen Milchpreisen anerkennt und die Weichen für eine zukunftsorientierte Milcherzeugung in Europa und weltweit stellt.“       

Ihr EMB-Vorstandskollege Willem Smeenk aus Frankreich ergänzt: „Die Milcherzeuger beobachten sehr kritisch, ob tatsächlich politische Maßnahmen zur Stabilisierung der Milchpreise ergriffen werden. Ansonsten sind sie bereit, die Notwendigkeit einer Regulierung des Marktes auch mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen erneut zu verdeutlichen.“Die EU-Kommission hatte im Oktober 2009 eine Expertengruppe zum Thema Milch eingerichtet, um Lösungen zu erarbeiten, die ein Kräftegleichgewicht der Milchmarktteilnehmer ermöglichen. Romuald Schaber: „Das EMB schlägt die Einrichtung einer europäischen Monitoring-Stelle vor, an der Milcherzeuger, Molkereien, Einzelhandel, NGOs, die Politik und Verbraucherverbände vertreten sind.“ Zudem müssten Erzeuger die Möglichkeit haben, die Produktionsmenge an den tatsächlichen Bedarf anzupassen.

Hierzu muss die EU auf gesetzlicher Ebene die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Sie sind die Voraussetzung für eine nachhaltige Milcherzeugung in Europa und faire Handelsbeziehungen weltweit.“EMB, die UN-Millenniumkampagne und Oxfam weisen gemeinsam darauf hin, dass entsprechende Rahmenbedingungen für einen ausbalancierten Milchmarkt der einzige Weg sind, um die Lebensgrundlage der Erzeuger in Nord und Süd und damit auch eine nachhaltige regionale Milcherzeugung zu sichern. (EMB)
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