Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
23.03.2009 | 16:34 | Milcherzeuger 

Lage deutscher Milchbauern hat sich weiter verschlechtert

Berlin - Die Lage der deutschen Milcherzeuger hat sich nach Experteneinschätzung dramatisch verschlechtert.

Milchproduktion
(c) proplanta
"Es sind die schlimmsten Befürchtungen eingetreten", sagte der Geschäftsführer der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen, Reinhard Pauw, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Zurzeit bekämen die Landwirte in seinem Bundesland für ihre Milch im Schnitt rund 25 Cent netto je kg. In Norddeutschland bewegten sich die Preise, die die Molkereien zahlen, schon Richtung 20 Cent. Damit sei das Niveau der Erlöse derzeit um ungefähr ein Drittel niedriger als vor den Bauernprotesten vom Frühsommer 2008.

Bei den wochenlangen Bauernprotesten im Mai und Juni 2008 lieferte ein Teil der Landwirte keine Milch mehr an die Molkereien. Vereinzelt kam es auch zu Blockaden von Molkereien. Große Handelskonzerne hoben auf Druck der Bauern die Milchpreise an. Die nachgebesserten Verträge der Molkereien mit den Handelsriesen liefen aber schon nach wenigen Monaten wieder aus. Im November 2008 begannen Handelskonzerne mit umfangreichen Preissenkungen bei Milchprodukten. Neben Milch, Butter und Schlagobers wurde inzwischen auch Käse für die Verbraucher billiger. "Für die Konsumenten in Deutschland ist Butter derzeit so billig wie im Jahr 1948", verdeutlichte Pauw den Preissturz.

Der Preisverfall sei existenzgefährdend. "25 Cent je kg reichen nicht einmal, um die Produktionskosten zu decken. Davon kann man nicht leben und erst recht nicht investieren", gab Pauw zu bedenken. Wenn der Auszahlungspreis der Molkereien nicht bald steige, könnten sich viele Landwirte so in ihrer Existenz bedroht sehen, dass sie sich zur Aufgabe der Milcherzeugung entscheiden.

Die angespannte wirtschaftliche Situation der Milchbauern ergebe sich aus vielen Negativfaktoren. "Der Milchmarkt ist übervoll. An dieser Situation hat sich seit dem Jahreswechsel nichts geändert", erläuterte der Geschäftsführer. Die Exporte der deutschen Milchwirtschaft liefen schlecht, weil auf dem Weltmarkt für Milchprodukte große Konkurrenten auf dem Vormarsch seien. "Die USA exportieren mehr als jemals zuvor", schilderte Pauw. Hinzu komme in Deutschland der Konkurrenzkampf der Handelskonzerne, die das Überangebot an Milch für Preissenkungen nutzten. Zu den größeren Mengen am Markt trage auch noch der saisonale Anstieg der Milchproduktion bei.


Sonnleitner: Molkereien müssen sich besser aufstellen

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, erklärte am Wochenende in einem Interview, man sollte sich realistischerweise darauf einstellen, dass die Milchquote im Jahr 2015 in Europa weg sein werde. "Deshalb müssen wir die Zeit jetzt nutzen, um im klassischen Wettbewerb zurecht zu kommen. Dazu müssen sich auch unsere Molkereien besser aufstellen", sagte Sonnleitner. Ebenso seien benachteiligte Regionen in ihrer Wettbewerbskraft durch flankierende Maßnahmen wie zum Beispiel die Ausgleichszahlungen zu stärken. (aiz)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Milchkonsum - Zwischen Tradition und ethischer Debatte

 Kritik an Einzelhandelsplänen - Sorge um Weidetierhaltung

 Rohmilch für Schwangere? Finger weg!

 Kampf um Zollquoten für Milch zwischen Neuseeland und Kanada

 Gewerkschaft kritisiert Umstrukturierung beim Deutschen Milchkontor

  Kommentierte Artikel

 Mehr Tote bei weniger Unfällen

 Union Schuld an schwerster Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten

 Bundesbeauftragte fordert Nachbesserungen bei Tierschutz in Ställen

 EU-Agrarsubventionen veröffentlicht - Das sind die Top-Empfänger 2023

 Geld wie Heu - Geht auf den Bauernhöfen wirklich die Post ab?

 Tote Ziegen im Schwarzwald gehen auf Rechnung eines Wolfs

 Gärtner verzweifeln über Superschnecke

 Bauerndemo in Brüssel für faire Preise

 Tierschutznovelle erntet Kritik von allen Seiten

 Online-Abstimmung über Verbrenner-Verbot manipuliert?