(c) proplanta Pollenallergiker verbinden im Frühjahr strahlende Sonne, warme Luft und blühende Pflanzen mit tränenden Augen, laufenden Nasen und pfeifendem Atem. Bewegung im Freien oder der Besuch eines Straßencafés sind da nicht immer die reine Freude. In diesem Jahr machen es der sehr milde Winter und der warme Frühling den Allergikern besonders schwer. «Sie leiden derzeit wie die Hunde. Die Situation ist in diesem Jahr schon besonders extrem», sagt Hans Nagel, Leiter des Fachbereichs Dermatologie und Allergologie an der Deutschen Klinik für Diagnostik in Wiesbaden.
Haselnuss, Erle, Birke und Co. haben in diesem Jahr weitaus früher geblüht als üblich. Sie stoßen ganze Wolken gelber Pollen aus, die die Immunabwehr der Allergiker in Alarmzustand versetzen. Mehr als 50 Prozent aller Allergien gehen laut Nagel auf ihr Konto. Insgesamt plagen sich rund 20 Prozent der Deutschen mit Allergien herum. «Und die Tendenz ist steigend», sagt der Mediziner.
Die Haselnusssträucher haben schon im Januar gestäubt, und zu Ostern machten sich Birkenpollen breit, berichtete die Agrarmeteorologin vom Deutschen Wetterdienst, Brigitte Klante. Insgesamt sei die Natur der üblichen Entwicklung um zwei bis drei Wochen voraus. Dennoch findet sie das Wetter prachtvoll. Auch Obstbäume wie Kirschen, Birnen und Zwetschen blühten längst. Die Gefahr dabei: «Da vergisst man mal die Pollen und geht raus, und abends rächt sich das», sagte sie.
Seit den 80er Jahren beobachtet die Agrarmeteorologin, dass die Natur früher als sonst blüht und grünt. Ausnahmen habe es nur in den Jahren 1996 und 2006 gegeben. Nagel verweist darauf, dass zu den traditionell in Deutschland auftretenden Leitpollen von Birke, Erle und Hasel auch neue Pollen wie die der Ambrosia kommen. Die Pollen der eigentlich im Osten der USA beheimateten Pflanze seien besonders aggressiv. Als Ursache für die Ausbreitung der Ambrosia werde unter anderem preiswertes Vogelfutter aus Osteuropa vermutet. Darin seien oftmals Ambrosia-Samen enthalten.
Auch erste, harmlos wirkende Anzeichen für eine Allergie sollten die Betroffenen ernst nehmen. «Die Gefahr besteht darin, dass aus einer Allergie schnell eine Asthmaerkrankung werden kann», sagt Nagel. Er rät den unter Allergien leidenden Menschen daher zu einer Beratung bei einem Spezialisten, um eine Verschlimmerung der Beschwerden zu verhindern. «Jetzt einfach nur ein Antiallergiespray zu nehmen und darauf zu hoffen, dass es im nächsten Jahr schon nicht so schlimm sein wird, wäre naiv», sagt der 51-Jährige. Vielmehr könne eine gezielte Behandlung im Frühstadium einer Allergie dafür sorgen, dass diese gestoppt wird.
Dass Allergiger im Zuge der Erwärmung in Zukunft dauerhaft mit stärkerem Pollenflug zu kämpfen haben werden, glaubt der Allergologe nicht. «Es werden auch wieder kältere Zeiten kommen», ist sich Nagel sicher. Für die nächsten Tage wünscht sich der selbst an einer Gräserallergie leidende Mediziner nur eins. Einen kräftigen Regen, der die Luft von Pollen reinigt und auch den Allergikern wieder angenehme Tage beschert. (dpa)
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