Zum Auftakt der Europäischen Impfwoche beklagten Gesundheitsexperten in Berlin eine allgemeine Impfmüdigkeit der Deutschen. Jeder müsse wissen, dass der Impfschutz «lebenswichtig sein kann», sagte der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium Klaus Theo Schröder (SPD). Defizite bestehen nach RKI-Angaben bei Impfungen gegen Masern, Tetanus und Diphtherie. Eine Ursache für die Impfblockade sieht RKI-Präsident Reinhard Kurth darin, dass viele Eltern bestimmte Krankheiten gar nicht mehr kennen. Masern zum Beispiel seien aber keine «harmlose Kinderkrankheit».
Schröder appellierte an Hausärzte, die vergangenen Impfungen ihrer Patienten abzufragen. «Viele Patienten kennen ihren eigenen Impfstatus gar nicht mehr», bemängelte er. Schröder erinnerte daran, dass die Krankenkassen seit dem In-Kraft-Treten der Gesundheitsreform die Kosten für Schutzimpfungen übernehmen. Eine
Impfpflicht lehnten allerdings sowohl er als auch Kurth ab.
Die Impfung gegen
FSME wird allen Menschen in Risikogebieten empfohlen, die einer Zeckenstichgefahr ausgesetzt sind. Mit der neuen Methode zählt das RKI nun insgesamt 129 Landkreise zu den FSME-Risikoregionen - darunter fast alle Landkreise in Bayern und Baden-Württemberg, dort sind es 26 Kreise mehr als bisher. Ausnahmen sind Ballungsräume um Großstädte wie München, Augsburg und Ulm. Im südlichen Thüringen kamen die Stadtkreise Jena und Gera sowie die Landkreise Saalfeld-Rudolstadt und Sonneberg neu zu den bestehenden Risikogebieten hinzu. In Hessen wurden drei neue Risikogebiete ausgewiesen, der Main-Kinzig-Kreis, der Landkreis Groß Gerau sowie der Stadtkreis Darmstadt.
Die im Volksmund auch Holzbock genannte Zecke kann verschiedene Krankheiten übertragen, am häufigsten ist mit geschätzten 60 000 bis 80 000 Fällen pro Jahr die von Bakterien ausgelöste Borreliose, die bundesweit verbreitet ist. Eine Impfung existiert nicht, die
Borreliose ist aber im Frühstadium gut mit
Antibiotika zu behandeln. Gegen die FSME-Viren, die nur in bestimmten Risikoregionen vorkommen, gibt es eine Impfung.
Als Gründe für die steigenden FSME-Zahlen vermutet das RKI mehr Freizeitaktivitäten im Freien, aber auch ein erhöhtes Bewusstsein bei Ärzten. Mit wärmeren Wintern und längeren Sommern gibt es darüber hinaus günstigere Klimaverhältnisse für Zecken. Stärker vermehrt haben sich auch Nagetiere wie Mäuse, die wichtige Wirte für
Zecken sind.
Die meisten registrierten Patienten wurden in Deutschland gestochen, einige Infektionen stammten von Stichen im Ausland. Von 511 Infektionsorten in Deutschland liegen 269 in Baden-Württemberg und 182 in Bayern. Weit weniger Fälle gab es in Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Vereinzelt kamen Meldungen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Nicht betroffen sind bisher Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Berlin, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. (dpa)