13.08.2008 | 14:51 | Panorama
Schweizer atmen auf: Die Cervelat-Wurst ist gerettet Zürich - Die Krise in Schweizer Fleischereien und Kühlschränken hat ein Ende: Die Cervelat-Wurst, Leibspeise der Eidgenossen, ist gerettet. |
Monatelang hatte die Alpenrepublik über die «Cervelat-Krise» debattiert und das Ende eines Nationalheiligtums befürchtet. Denn beim Import bestimmter Rinderdärme, die der Brühwurst als Pelle dienen, hatte es Probleme gegeben. «Doch nun können wir wenigstens 70 Prozent des Bedarfs wieder gesichert abdecken», sagte der Direktor des eidgenössischen Fleisch-Fachverbandes, Balz Horber, am Mittwoch in Zürich der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Beinahe wäre das beliebte Lebensmittel, im Volksmund auch «Arbeiter-Filet» genannt, an einem von der EU verhängten Importstopp zugrunde gegangen. Während die Zutaten, Rind- und Schweinefleisch, aus der Schweiz selbst stammen, erwies sich vor einigen Jahrzehnten der fettarme Darm des brasilianischen Zebu-Rindes als ideale Umhüllung. Horber erklärte warum: «Der Schweizer ist wählerisch und anspruchsvoll, er achtet auf den Krümmungswinkel, den Umfang und die Schälbarkeit der Wurst.» Wegen des BSE-Risikos dürfen seit 2006 aber keine Rinderdärme mehr aus Brasilien nach Europa eingeführt werden.
Die Schweiz, die das EU-Lebensmittelrecht übernommen hat, musste auf Darm-Lagerbestände zurückgreifen, die rapide zur Neige gingen. Nun würden vergleichbare Därme aus Argentinien, Uruguay und Paraguay eingeführt, erklärte ein Sprecher des Bundesveterinäramtes in Bern. Aus Sicht der Fleischer ist dies ein tauglicher Ersatz. «Zwar wird der Umfang der Wurst sich minimal vergrößern, aber wir sind doch zufrieden mit dieser Lösung», sagte Horber.
Entgegen der Meinung vieler Deutscher ist die Cervelat-Wurst keine Salami-Art, erläuterte der Fachmann. «Die Salami besteht aus purem Rindfleisch. Bei der Cervelat kommen jedoch Schwein und Speckwürfel hinzu, und sie wird leicht geräuchert.» In ihrer Vielfalt sei die Cervelat-Wurst mit kaum einem anderen Nahrungsmittel zu vergleichen: «Man kann sie sieden, braten, grillen, als Aufschnitt oder aus der Faust verzehren und in den Salat schnippeln.»
25.000 Tonnen Cervelat verspeisen die Eidgenossen jährlich, das entspricht etwa 160 Millionen Würsten. In einer Erhebung der Schweizer Handelskette Migros zu den meist verkauften Lebensmitteln im Land liegt die Cervelat auf dem zweiten Rang, dicht hinter der Banane. Bei den einheimischen Nahrungsmitteln erklomm sie gar die Spitzenposition, noch vor Brot, Milch und Käse. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Wurst ihren Siegeszug in der Schweiz angetreten. Wegen ihrer Haltbarkeit und der günstigen Herstellung galt sie vor allem in den Anfangsjahren der Industrialisierung als «Fleisch des armen Mannes». (dpa)
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