«Glyphosat ist ein einfacher Problemlöser», sagt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) für Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Franz Joachim Bienstein. Der Landwirt aus der Nähe von Wismar setzt das Gift gelegentlich ein, um stark verunkrautete Äcker zu behandeln. Die AbL-Bundesvorsitzende Gertraud Gafus aus Bayern hingegen fordert von der Bundesregierung, sich gegen die Wiederzulassung des Wirkstoffs in der EU auszusprechen.
Glyphosat ist weltweit eines der meistgenutzten Pflanzenschutzmittel. Die EU-Zulassung läuft Ende Juni aus, zuvor müsste über die Neuzulassung entschieden werden. Die Substanz steht im Verdacht, Krebs zu erregen, die Wissenschaft ist in dieser Frage gespalten. Auch die Bundesregierung liegt bei der Neuzulassung über Kreuz: Während die
SPD dagegen ist, plädieren die Unionsparteien dafür. Experten der EU-Staaten entscheiden voraussichtlich am Donnerstag über die Zulassung.
Konventionelle Betriebe, die ohne Glyphosat wirtschaften, dürften nach Ansicht des Bauernverbandes im
Agrarland Mecklenburg-Vorpommern schwer zu finden sein. In der Pflanzenbau-Genossenschaft in Warin mit 2.800 Hektar Land erspart der Unkrautvernichter das Pflügen und damit Zeit und Diesel, wie der Vize-Vorstandsvorsitzende Daniel Bohl sagt. Die Schläge würden nur jedes dritte Jahr gepflügt, etwa wenn auf Weizen Gerste folge.
«Vernünftige Landwirtschaft braucht kein Glyphosat», ist dagegen der Bio-Landwirt Jens Rasim überzeugt. Bio-Bauern dürfen kein Glyphosat anwenden. Der Geschäftsführer des Gutes Gallin im Landkreis Ludwigslust-Parchim meint, eine gute
Fruchtfolge und die mechanische
Bodenbearbeitung machten das Gift auf dem Acker überflüssig. «Es ist nicht der richtige Weg, immer mehr Dünger und Chemie einzusetzen», mahnt er.
Doch viele Landwirte wollen nicht mehr pflügen. Bohl zählt die Vorteile auf: Die pfluglose Bearbeitung sei bodenschonend, erhalte die Bodenstruktur, mache die Äcker weniger anfällig für Wind- und Wassererosion, reduziere das Befahren der Felder und damit den Schadstoffausstoß. Ohne Glyphosat wäre der Verzicht auf den Pflug unmöglich.
Bio-Bauer Rasim gibt zu, dass das Pflügen Humus abbaut. In Betrieben mit Tierhaltung wie in Gallin falle aber genügend organischer Dünger an, um das wieder auszugleichen. Der 1.000-Hektar-Bio-Betrieb hält 400 Rinder und 130 Schweine. Auch baue er keinen humuszehrenden Mais für Biogas an, sondern Kleegras als Futter. Rasim moniert, die konventionellen Bauern hätten nicht aufgehört zu pflügen, weil sie dem Boden Gutes tun wollten, sondern um Kosten zu sparen. Einen Hektar zu pflügen, koste etwa doppelt so viel wie das Spritzen.
Ein großer Vorteil von Glyphosat ist für Bohl, dass es Getreide gleichmäßiger reifen lässt und Unkraut abtötet, so dass die Halme besser geerntet werden können. Das Spritzen wenige Tage vor der Ernte sieht der AbL-Vertreter Bienstein kritisch: Es sei dann kein Wunder, wenn Glyphosat im Brot oder Bier und schließlich im Urin von Menschen nachzuweisen ist.
Wer Glyphosat ablehnt, kann dennoch nicht sicher sein, dass keines auf seinen Flächen landet. Hecken helfen, meint Rasim. Wichtig sei aber vor allem, dass Glyphosat nicht bei Wind ausgebracht wird und dass Sicherheitsabstände eingehalten werden. Mancherorts gibt es Beschwerden, wie die Umweltorganisation
BUND angibt. Nicht selten vernichte von Feldern abdriftendes Gift sogar Pflanzen in Hausgärten.
Sollte Glyphosat verboten werden, werde sicher schnell ein anderes Mittel zugelassen, vermutet Bohl. Ob dies ungefährlicher wäre, hält er für fraglich. «Ganz sicher aber wird es teurer.»