Rund 100 Tonnen will der Obstgroßmarkt Mittelbaden in Oberkirch in dieser Saison vermarkten. Auch die Weinlese hat bereits begonnen. Diese Gleichzeitigkeit kommt nicht von ungefähr; denn seit der Gesetzesänderung im Jahr 2000 gelten
Tafeltrauben als Obst und unterliegen nicht mehr der weiterhin gültigen Anbauregulierung für Weintrauben.
Das bedeutet, dass Tafeltrauben außerhalb von „genehmigten Rebflächen“ angebaut werden dürfen. Das war die Chance für die mittelbadischen
Winzer, die gleichzeitig Obstbauern sind, ihr umfangreiches Know-how auch im Anbau von Tafeltrauben zu nutzen. Das gemäßigtere Klima ist günstig und eine langsamere Reifung fördert die Aromenbildung. Jetzt mussten nur noch die Sorten gefunden werden, die ideal nach Mittelbaden passten.
Die Suche führte zu den weißen Sorten „Lilla“ und „Victoria“ und zu „Muskat Bleu“, einer blauen Traubensorte mit erlesenem Muskatgeschmack. Die frühreifende Lilla mit gelben Früchten ist bissfest und schmeckt fruchtig-süß. Die rötlichen Sonnenbäckchen sind ein Indiz für „von der Sonne verwöhnt“. In den Augen einiger Verbraucher stellen diese Farbtupfer einen Makel dar, der sensorisch jedoch nicht nachvollziehbar ist. Tafeltrauben-Spezialistin und Anbauberaterin beim Obstgroßmarkt Mittelbaden, Susanne Früh, weiß, dass gerade diese Farbstellen einen höheren Zuckergehalt aufweisen, und süsser „und damit besser“ schmecken. Sie empfiehlt den Tafeltrauben-Bauern jedoch aus Vermarktungsgründen, eine Schattierfolie in den Anlagen einzuziehen, um damit die Früchte vor hoher Sonneneinstrahlung zu schützen.
„Ich bin selbst ein großer Tafeltrauben-Fan und könnte ich mich nur von Trauben ernähren, maximal noch ein Stück Käse dazu“, schwärmt Früh. Die Sorte Victoria reift ab Mitte September und bildet sehr große Trauben. Von dieser charakteristischen Wuchsform der einzelnen Beeren zu einem traubenartigen Fruchtstand hat übrigens die Tafeltraube ihren Namen. Die blaue Muskat Bleu ist reichhaltig an Anthocyanen und antioxidativen Inhaltsstoffen, die Sehvorgänge verbessern, entzündungshemmend und gefäßschützend wirken sollen. Doch das Außergewöhnliche daran ist der feine Muskatgeschmack. „Wir hoffen, dass wir schon bald eine weitere blaue kernlose Sorte anbieten können“, erklärt Susanne Früh. Auch die weiße Traubensorte Tonia, die vorerst noch in Versuchsanlagen angebaut wird, soll das kernlose Sortiment ergänzen.
Jetzt zur Erntezeit werden die heimischen Trauben vor allem in den mittel- und südbadischen Filialen des Einzelhandels zu finden sein. Als optischer Verzehrtipp rät Susanne Früh: „Bei großen Trauben nicht die Beeren einzeln abzupfen. Das schaut schnell unappetitlich. Lieber kleine Äste portionsgerecht abbrechen. So schaut die Traube immer lecker zum Anbeißen aus.“ (MKB)