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21.10.2008 | 06:22 | Zuckerrübenernte 2008  

Hessen: Erträge leicht über dem Durchschnitt

Willingshausen-Ransbach - Die Ernte der Zuckerrüben ist derzeit in Hessen in vollem Gange. Die Erträge liegen zwischen 62 und 66 Tonnen je Hektar.

Hessen: Erträge leicht über dem Durchschnitt
"Das ist ein guter Durchschnittsertrag mit dem unsere Zuckerrübenanbauer zufrieden sein können. Erfreulich ist ein Zuckergehalt von knapp 18 Prozent.“ Mit diesen Worten eröffnete der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, seine Zwischenbilanz der Zuckerrübenernte 2008 im Rahmen eines Pressegespräches, das letzte Woche im Beisein zahlreicher Medienvertreter in Willingshausen-Ransbach (Schwalm-Eder-Kreis) stattgefunden hat.

Zufriedenstellend seien auch die Erntebedingungen, denn seit dem Kampagnebeginn sei es weitgehend trocken geblieben. Somit habe man die Rüben meist störungsfrei und mit wenig Erdanhang roden können. Die Reform der EU-Zuckermarktordnung habe mit deutlichen Preissenkungen und Quotenrückgaben allerdings ihre Spuren in Hessen hinterlassen.

Auf Beschluss des EU-Agrarministerrates sei der Mindestpreis für Zuckerrüben von 43,60 Euro je Tonne im Jahr 2005 zur Ernte 2008 auf 27,83 Euro je Tonne Zuckerrüben gesenkt worden. Für diese Preissenkungen erhielten die Rübenerzeuger einen Ausgleich von rechnerisch rund 64 Prozent. Daraus resultierten empfindliche Erlöseinbußen. Durch „freiwillige“ Quotenrückgaben und Quotenkürzungen seinen EU-weit 5,6 Mio. Tonnen Zucker aus der Produktion genommen worden. Im Jahr 2010 stehe eine weitere Kürzung um 400.000 Tonnen an, um die EU-Vorgaben zu erfüllen.

Die EU-Zuckermarktreform habe in Hessen dazu geführt, dass die Zuckerrübenanbaufläche deutlich zurückgegangen sei. Derzeit würden in Hessen 15.100 Hektar Zuckerrüben angebaut, das seien 1.700 Hektar oder rund 10 Prozent weniger als im Vorjahr. 2003 hätten die hessischen Bauern noch rund 18.600 Hektar Zuckerrüben angebaut. Allein in der Wetterau sei die Rübenfläche um rund 1.300 Hektar bzw. 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingeschränkt worden, außerdem sei die Zahl der Rübenanbauer von 780 auf 490 gesunken.

„Ein wesentlicher Grund für diesen Rückgang ist die Schließung der Zuckerfabrik in Groß-Gerau. Der Hessische Bauernverband hat diese Entscheidung von vornherein kritisiert, weil die Anbauregionen Wetterau und Südhessen damit empfindlich geschwächt wurden“, sagte Präsident Schneider. Die Wetterauer Rüben würden jetzt zum Teil in Wabern und der Rest gemeinsam mit den südhessischen Rüben im rheinland-pfälzischen Offstein verarbeitet. Da sich die Zuckerrübe hervorragend zur Biogasproduktion eigne, gebe es in der Wetterau konkrete Planungen, die Zuckerrübe als Substrat für Biogasanlagen zu nutzen. Darüber hinaus  könne aus der Zuckerrübe auch Bioethanol, ein umweltfreundlicher Biokraftstoff, gewonnen werden. Von einem Hektar Rüben könnten etwa 6.500 Liter Bioethanol-Kraftstoff hergestellt werden. Damit könne ein Pkw cirka 70.000 km weit fahren. Im Vergleich zum Benzin könnten hierbei bis zu 70 Prozent der Treibhausgasemissionen eingespart werden.

„Mit Blick auf den Klimaschutz soll nicht unerwähnt bleiben, dass pro Hektar Zuckerrüben 18.500 Kilogramm des klimaschädlichen Kohlendioxids gebunden werden. Hinzu komme, dass ein Hektar Zuckerrüben rund 15 Millionen Sauerstoff freisetzt. Davon können 60 Menschen ein Jahr lang leben“, betonte Präsident Schneider. Auch vor diesem Hintergrund sei es sehr bedauerlich, dass die Zuckerrübenanbaufläche in Hessen deutlich verringert wurde.


Produktion und Verarbeitung vor Ort wichtig

Die im Rahmen der EU-Zuckermarktreform vorgenommenen Strukturveränderungen machten eines ganz deutlich: Wertschöpfung und Arbeitsplätze können nur dann in einer Region gehalten werden, wenn Produktion und Verarbeitung vor Ort gewährleistet sind. Das sei bei anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, wie z. B. Milch, Rind- und Schweinefleisch, nicht viel anders. „Deshalb sind wir froh, dass wir mit Wabern in Nordhessen noch eine leistungsfähige Zuckerfabrik in unserem Bundesland haben. Im Verbandsgebiet des Kasseler Zuckerrübenanbauer-Verbandes wurde deshalb der Rübenanbau weitaus weniger eingeschränkt“, so Präsident Schneider.

Georg Koch, Vorsitzender des Verbandes der Zuckerrübenanbauer Kassel, stellte sein aus vier einzelnen Regionen bestehendes Verbandsgebiet vor und sagte: „Wir erwarten einen guten Durchschnittsertrag von rund 62 Tonnen je Hektar. 40 Prozent der Rüben unseres Verbandsgebietes sind bisher geerntet, 20 Prozent auch schon verarbeitet.“

Im Rahmen der reformbedingten Quotenrückgaben hätten im Verbandsgebiet Kassel cirka 400 Anbauer, das entspricht 20 Prozent, den Rübenanbau aufgegeben. Insgesamt stünden den Betrieben im Kasseler Verbandsgebiet damit fast 32.000 Tonnen Zuckerquote nicht mehr zur Verfügung. Allein im Gebiet des Werkes Wabern habe sich die Anbaufläche gegenüber 2007 um 270 Hektar vermindert und die Zahl der Rübenanbauer sei von 898 auf heute 759, das heißt um 139 Anbauer, zurückgegangen, stellte Georg Koch mit Bedauern fest.

Auch durch den Anbau von cirka 18.800 Tonnen Ethanolrüben im gesamten Waberner Gebiet könne der Verlust an Vertragsrübenmenge nicht aufgefangen werden. Die Südzucker-Rübenanbauer hätten ihren Anteil an den von der EU-Umstrukturierungsmaßnahmen voll erfüllt. „Wir fordern, dass bei der im Jahr 2010 anstehenden Quotenkürzung alle EU-Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden und die von den starken Erzeugerländern bislang erbrachten Rückgaben in vollem Umfang angerechnet werden“, so Vorsitzender Georg Koch.

Rüdiger Nagel, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Ziegenhain wies darauf hin, dass im Schwalm-Eder-Kreis rund 1.800 landwirtschaftliche Betriebe, davon ein Drittel im Haupterwerb, rund 70.000 Hektar Land bewirtschaften. 20.000 Hektar davon gehörten zum Altkreis Ziegenhain. Er habe den elterlichen Hof in Willingshausen-Ransbach 1985 übernommen. Damals wurden im Betrieb Nagel acht Hektar Zuckerrüben angebaut, heute sind es 13 Hektar. Der Zuckerrübenanbau sei noch in den 80er Jahren durch viel Handarbeit geprägt gewesen. Während Mitte der 80er Jahre noch mit einem einreihigen Köpfrodebunker geerntet wurde, erledige dies heutzutage ein 6-reihiger Rübenvollernter. Die Zuckererträge lagen bei rund acht Tonnen pro Hektar, mittlerweile werden cirka 11 bis 12 Tonnen Zucker bei einem Gesamtertrag von rund 70 Tonnen pro Hektar geerntet. Rüdiger Nagel betonte, dass die Zuckerrübe für seinen Betrieb ein wichtiges Standbein ist. Bedingt durch die Zuckermarktreform habe er allerdings gegenüber dem Jahr 2005 im Rübenanbau Erlöseinbußen von rund 20 Prozent hinnehmen müssen.

Bei dem anschließenden Besuch der Zuckerfabrik Wabern der Südzucker AG konnte sich Präsident Friedhelm Schneider von der Leistungsfähigkeit dieses Unternehmens überzeugen. Werksleiter Christian Voss sagte, dass die Fabrik über eine Fläche von 38 Hektar verfüge. Für eine Ausdehnung des Unternehmens, in dem aktuell 70 Mitarbeiter beschäftigt sind, gebe es noch Spielraum. Manfred Kröhl, Gebietsdirektor West der Südzucker AG, und Rübeninspektor Peter Fecke informierten über aktuelle Entwicklungen. Werksleiter Voss und Präsident Schneider betonten übereinstimmend, dass es für die Region ganz wichtig sei, den letzten hessischen Zuckerfabrikstandort für die Zukunft zu erhalten. Nur so könnten im ländlichen Raum Arbeitsplätze und Wertschöpfung gesichert werden. (PD)
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