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17.07.2019 | 00:46 | Bauernregel außer Kraft 

Juni-Hitze schmälert Getreideernte

Ober-Olm - Die alten Bauernregeln kommen aus einer Zeit ohne ständige Wetterextreme. Eigentlich hatten die Landwirte in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr auf den schönen Spruch gebaut: «Ist der Mai kühl und nass, füllt's dem Bauern Scheun' und Fass.»

Weizenernte 2019
Die Landwirte in Rheinhessen und der Pfalz erwarten eine unterdurchschnittliche Ernte. Auch im Norden fallen die Körner in den Ähren kleiner aus als üblich. Der Bauernverband bekennt sich zu Artenvielfalt, fordert aber auch ein «wirtschaftliches Auskommen». (c) proplanta
Aber dann ließ die starke Hitze im Juni die zunächst positiven Ertragserwartungen «in der Sonne dahinschmelzen», wie der Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt, mit Blick auf die diesjährige Ernte am Dienstag auf einem Hof in Ober-Olm (Kreis Mainz-Bingen) mitteilte.

Der Tornado am Freitag in der Pfalz mit Schäden im Bereich von Hunderttausenden Euro im Weinbau zeige deutlich, «dass das Wetter immer problematischer, immer unberechenbarer wird».

Nach einer noch befriedigenden Ernte der Wintergerste erwarten die Bauern in Rheinhessen und der Pfalz für Weizen und anderes spät reifende Getreide eine Ernte, die hinter dem Ergebnis von 2018 zurückbleibt und auch unter dem langjährigen Durchschnitt liegt. Im nördlichen Rheinland-Pfalz, wo die Ernte noch nicht so weit fortgeschritten ist wie im Süden, ist die Situation ähnlich.

«Bis Ende April war alles normal», sagte Wilfried Berg, Fachausschussvorsitzender beim Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau. Die Trockenheit im Juni habe die Wintergerste am besten überstanden, weil sie in der Reife schon relativ weit fortgeschritten gewesen sei. Schwieriger sei die Situation auf den Feldern mit Sommergerste und Weizen. Beim Weizen gebe es viele Ähren mit kleinen Körnern.

In Rheinhessen und der Südpfalz ist ein Teil der Ernte bereits eingefahren. «Wenn es trocken bleibt, sind wir dort in 14 Tagen durch», sagte Hartelt. Bei Schlechtwetterfronten könne es aber auch Tage geben, in denen es zu feucht sei, um mit dem Mähdrescher aufs Feld zu fahren.

Die Landwirte in der Westpfalz seien in der Regel 10 bis 14 Tage später fertig. Für den Norden erwartet Berg, dass die Getreide-Ernte noch drei bis vier Wochen dauern und dann nach der zweiten Augustwoche abgeschlossen sein werde.

Die Situation beim Schnitt von Feldfutter, also der Heuernte, sei angespannt, sagte Hartelt. «Alle Wiesen waren braun.» Die Niederschläge der letzten Woche machten aber wieder Hoffnung. Die Ernte von Sonderkulturen wie Spargel und Erdbeeren sei gut verlaufen, ebenso wie die bisherige Gemüseernte.

Bei den Frühkartoffeln sei bereits die Hälfte der Flächen geerntet, dabei zeichne sich ein guter Ertrag ab. Allerdings seien «Obst, Gemüse und Rüben unsere größten Sorgenkinder, was die Preissituation für diese Früchte betrifft», sagte der Verbandspräsident. Hier stünden verschärfte Bestimmungen bei Pflanzenschutzmitteln und ein erschwertes Dünge-Management in einem krassen Gegensatz zur Marktsituation. «Wenn wir hier nicht andere Wege finden, wird das eine ganz dramatische Entwicklung nehmen.»

Für die Erhaltung von Artenvielfalt setzte sich der Fachausschussvorsitzende Adolf Dahlem ein: «Biodiversität ist uns sehr wichtig.» Die Landwirtschaft sei mit intensiven Anbaumethoden Teil des Problems, aber auch Teil der Lösung. «Wir müssen mehr tun für eine bunte Landschaft für Lebewesen, Insekten, auch für das ganze Wild, das mit uns gleichberechtigt auf der Erde lebt.»

Immer mehr Teile von Ackerflächen würden für Blühstreifen reserviert. «Wir sind die Fachleute, wir stellen unsere Betriebe auf ökologischen Landbau um», sagte Dahlem. «Aber es muss uns dabei ein wirtschaftliches Auskommen ermöglicht werden.»

Die Landwirte kritisieren, dass die Erzeugerpreise viel zu niedrig seien und Betriebe in Existenznot brächten. «Hier ist der Lebensmitteleinzelhandel dringend gefordert, seine Strategie zu ändern und den Wettbewerb über die Preise nicht weiter zu forcieren», sagte Verbandspräsident Hartelt.
dpa/lrs
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