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05.12.2007 | 08:29

Massive Qualitätseinbußen durch Ährenfusarium möglich

Oldenburg - In den letzten Jahrzehnten haben Ährenfusariosen zunehmend an Bedeutung in der Landwirtschaft gewonnen.

Weizen
(c) proplanta
Die Krankheit, die von allen Getreidearten neben Mais den Weizen am häufigsten befällt, wird durch Erreger der Gattung Fusarium verursacht. Die durch Fusarien verursachten Schäden sind vielseitig und müssen immer wieder in Erinnerung gerufen werden. Ein wichtiger Aspekt ist die Produktion von Mykotoxinen wie Zearalenon (ZEA) und Deoxynivalenol (DON), die eine Gefährdung für Mensch und Tier darstellen können. Der Einfluss eines Fusarienbefalls auf Inhaltsstoffe und Verarbeitungseigenschaften ist ein weiterer sehr bedeutender Gesichtspunkt, der jedoch in den Diskussionen in der Regel kaum angesprochen wird.


Auswirkungen des Fusarienbefalls auf die Qualität des Erntegutes

Ziel einer im Jahr 2001 an der Georg-August-Universität Göttingen im Institut für Agrikulturchemie sowie im Institut für Pflanzenpathologie angefertigten Masterarbeit war, die negative Beeinflussung der Qualität und der Backeigenschaften durch eine Fusarieninfektion des Getreides näher zu untersuchen. Die Aktivität der Proteasen sollte dabei besonders berücksichtigt werden, da die Proteine, insbesondere die glutenbildenden Proteine (Gliadine und Glutenine) eine sehr wichtige Rolle für die Backeignung und -qualität des Weizens spielen. Schwerpunkt war, neben der Bestimmung der Proteaseaktivität in infizierten Weizenproben, die Ermittlung der direkten Auswirkungen eines Fusarienbefalls auf die Qualität, insbesondere auf Teig- und Backeigenschaften.

Bei dem in der Arbeit verwendeten Pflanzenmaterial handelte es sich um Getreidekörner, die nach einer künstlichen Inokulation im Freiland gewonnen wurden. Nach der Ernte wurde mit Hilfe von ELISA-Tests eine Befallsquantifizierung durchgeführt und anhand der hiermit gewonnenen Ergebnisse je eine Probe mit schwachem, mittlerem, starkem Befall ausgewählt.


Auswirkungen auf Qualitätsmerkmale

Neben der Bestimmung der Proteaseaktivität erfolgte auch eine Reihe von Untersuchungen direkter und indirekter Qualitätsmerkmale. Eines davon war die Tausendkornmasse (TKM), die durch einen starken Befall deutlich reduziert wurde. Ursache hierfür ist die eingeschränkte oder sogar unterbrochene Nährstoffversorgung der Ährchen durch das Einwachsen des Pilzes in die Ährenspindel.  

Die Fallzahl gibt indirekt Auskunft über die a-Amylase-Aktivität in den Getreideproben und ist in der Praxis neben dem Proteingehalt mit eines der wichtigsten Kriterien für die Qualitätsbeurteilung der Partien. Die Bestimmung zeigte jedoch keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen einem Befall mit Fusarien und der Höhe der Fallzahl.

Der in stärker betroffenem Getreide ebenfalls ermittelte höhere Proteingehalt bedeutet jedoch keinen absoluten Anstieg. Er war vielmehr auf die sich durch die Verringerung der TKM ergebende Änderung der Massenverhältnisse im Korn zurückzuführen.

Wichtiger als der Proteingehalt, ist für die Backeigenschaften des Weizens die Pro-teinqualität, die unter anderem durch den Gehalt an glutenbildenden Proteinen, welche für den Strukturaufbau der Gebäcke von Bedeutung sind, bestimmt wird.

Die Bestimmung des Feuchtglutengehaltes sollte Aufschluss über die Auswirkungen eines Fusarienbefalls und der damit einhergehenden erhöhten Proteaseaktivität geben. Die Untersuchungen zeigten, dass der Feuchtglutengehalt durch einen Fusarienbefall deutlich von 25,66 % in der schwach auf 19,42 % in der stark befallenen Variante reduziert wurde, was sich auch in den nachfolgend dargestellten Teigeigenschaften bemerkbar machte.


Physikalische Teigeigenschaften

Die Backfähigkeit des Weizens wird einerseits von der Zusammensetzung und der Qualität der Inhaltsstoffe, andererseits aber auch von deren technologischen Eigenschaften beeinflusst.

Die in einem Valorigraphen erzielten Ergebnisse über die rheologischen Eigenschaften der Mehle geben Auskunft über die Verarbeitbarkeit der fusariuminfizierten Getreideproben. In den hier durchgeführten Versuchen sollten die Auswirkungen der fusarienbedingt verschlechterten Proteinqualität auf die Teigeigenschaften ermittelt werden. Die Untersuchungen zeigten eine erhöhte Wasseraufnahmefähigkeit der Mehle mit steigendem Befall. Während die Teigentwicklungszeit kaum beeinflusst wurde, waren bei Teigstabilität und Teigerweichung deutliche Unterschiede zu erkennen. Die Auswertungen wiesen insgesamt auf eine mit zunehmendem Befall abnehmende Stabilität der Teige hin.


Ergebnis des Mikrobackversuchs

Im Backversuch können die direkten Auswirkungen von Qualitätsverschlechterungen der Mehle auf die Merkmale der Gebäckstücke deutlich gemacht werden. In diesem Versuch sollen Bedingungen erzeugt werden, die denen der praktischen Kleingebäckherstellung entsprechen. Um die Folgen des verringerten Feuchtglutengehaltes und der hierdurch beeinträchtigten Teigeigenschaften in ihrer Gesamtheit und im direkten Zusammenhang mit der Verarbeitung aufzuzeigen, wurde ein Mikrobackversuch mit den Getreideproben durchgeführt.


Auf dem Bild sind Gebäckstücke aus unterschiedlich stark mit Fusarien befallenen Weizenproben dargestellt
 Gebäckstücke aus unterschiedlich stark mit Fusarien befallenen Weizenproben



Die starke Beeinträchtigung der Gebäcke durch einen Fusarienbefall zeigte sich deutlich. Es zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Varianten. Gebäckstücke, die aus Mehl der stark befallenen Variante hergestellt wurden, waren deutlich zerlaufen und zeigten neben der dunkleren Färbung eine veränderte Oberflächenstruktur. Zudem hatten sie einen weniger aromatischen Geruch.Auch die Entwicklung des Ausbundes, das Aufreißen des Gebäckes in der Mitte, wurde durch einen Fusarienbefall deutlich negativ beeinflusst.Die durchgeführte Volumenbestimmung der Gebäckstücke zeigte, dass das Backvolumen der Gebäckstücke durch einen Fusarienbefall des Erntegutes deutlich reduziert wurde. Mehle, die aus solch stark mit Fusarien befallenen Getreidepartien stammen, sind für die Herstellung von Backwaren, einmal ganz abgesehen von einer möglichen Belastung mit Mykotoxinen, allein schon aus verarbeitungstechnischer Sicht nicht geeignet.


Fazit

Aus den im Rahmen der Masterarbeit gewonnenen und durch bereits zuvor veröffentliche Studien bestätige Ergebnisse kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein Befall des Weizens mit Fusarium graminearum eine erhebliche negative Beeinflussung der Qualitätsmerkmale und Verarbeitungseigenschaften des Erntegutes darstellt. Die Verschlechterung der Qualität kann so gravierend ausfallen, dass sie unter Umständen sogar zu einer völligen Unbrauchbarkeit der Partien führen kann.Aus diesem Grund muss der Befall des Getreides mit Fusarien von vorne herein so weit wie möglich verhindert werden.

Da die derzeitige Bekämpfung mit azolhaltigen Fungiziden keine Maßnahme zur vollständigen Eindämmung der Erreger darstellt, sind weitere Entwicklungen in der chemischen sowie biologischen Bekämpfung notwendig. Auch der Züchtung neuer, resistenter Sorten muss weiterhin große Bedeutung zugemessen werden, um für die Zukunft, neben geeigneten pflanzenbaulichen Maßnahmen wie weitgestellte Fruchtfolgen und wendende Bodenbearbeitung vor Weizenanbau (v.a bei Mais als Vorfrucht), insgesamt ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur Einschränkung des Fusarienbefalls des Getreides und der hierdurch verursachten Schäden zur Verfügung zu haben.

Quelle: LWK Niedersachsen
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