Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft

29.10.2017 | 11:00 | Prognose 

Rabobank erwartet steigende Weinpreise

Amsterdam - Weil die europäische Weinlese 2017 wahrscheinlich zu den kleinsten der vergangenen Jahrzehnte gehören dürfte, ist auf dem europäischen Markt und auch global mit steigenden Weinpreisen zu rechnen.

Weinpreise 2017
Trauben und Fasswein dürften teurer werden. (c) proplanta
Das geht zumindest aus einer aktuellen Studie der Rabobank hervor. Die Amsterdamer Analysten begründen ihre Einschätzung mit schlechten Witterungsbedingungen in den wichtigsten Anbauländern Italien, Frankreich und Spanien, auf die im vergangenen Jahr Anteile an der Weltproduktion von 19 % beziehungsweise 16 % und 15 % entfielen. In diesem Jahr aber hätten dort Frost im Frühjahr sowie eine Hitzewelle und Trockenheit im Sommer regional zu empfindlichen Ertragseinbußen geführt. So sei beispielsweise in einigen Gemeinden um Bordeaux, eines der wichtigsten französischen Anbaugebiete, schätzungsweise die Hälfte der Ernte ausgefallen. In Frankreich insgesamt könnte das Traubenaufkommen so niedrig wie zuletzt 1945 ausfallen.

Die diesjährigen Produktionsrückgänge in den drei Haupterzeugerländern gegenüber 2016 schätzt die Rabobank auf 10 % bis 20 %. Den Niederländern zufolge war es in den vergangenen Jahren zwar nicht ungewöhnlich, dass eines der drei Länder eine schlechte Traubenernte verzeichnete; jetzt aber seien alle gleichzeitig betroffen. Darüber hinaus sei auch die Weinlese in Argentinien, der Nummer fünf auf der globalen Erzeugerrangliste, erneut schlecht ausgefallen.

Deutlicher Bestandsabbau

Mit Blick auf die Entwicklung des globalen Weinangebots heben die niederländischen Analysten hervor, dass die weltweiten Weinlagerbestände schon Anfang 2017 recht klein ausgefallen seien. Aufgrund der niedrigen Erntemengen in den wichtigsten Erzeugerländern rechnen die Experten nun mit einer weiteren Abstockung der weltweiten Bestände um 20 Mio. hl auf rund 220 Mio. hl bis Anfang 2018. Diese Angebotseinschränkung entspreche etwa 8 % des globalen Weinverbrauchs. Daraus ergebe sich die knappste Weinversorgung seit Jahrzehnten.

Zwar könnten die Winzer die rückläufige Produktion etwas abfedern durch die Verarbeitung von Trauben, die in besseren Weinjahren verworfen oder für die Erzeugung von Most oder Brandy verwendet würden. Diese Trauben könnten nun in bestimmten Grenzen für die Herstellung von Weinen im unteren Preissegment eingesetzt werden. Trotzdem rechnet die Rabobank für 2018 mit einem „dramatischen“ Rückgang der Verfügbarkeit von Wein. Die unausweichliche Folge seien steigende Kosten für Weintrauben und Fasswein.

Aufgabe von Kellereien wahrscheinlich

Wegen der knappen Versorgung mit Weintrauben erwartet die Rabobank vor allem für den europäischen Weinsektor spürbare Konsequenzen. In diesem Marktumfeld könnten nämlich die Anbieter von höherpreisigen Markenweinen mehr Geld für das verfügbare Angebot bieten, so dass für die Kellereien mit Wein in den unteren Preissegmenten weniger Volumen verbleibe.

Mit Blick auf die voraussichtlichen Erlöse für Trauben und Massenwein gehen die niederländischen Analysten davon aus, dass die Preissteigerungen den Mengenrückgang kaum ausgleichen dürften. Als Folge der Verteuerung von Trauben und Fasswein sei auch mit Preisanhebungen für Markenweine zu rechnen, weil die Winzer nur eine schmale Gewinnmarge hätten.

Allerdings dürften sie hier wiederum vorsichtig agieren, um Marktanteilsverluste zu vermeiden, die sehr schwer zurückzuerobern seien. Eine vollständige Überwälzung der höheren Kosten auf die Verbraucher sei also kaum möglich. Im Zuge der steigenden Weinpreise erwarten die Banker einen rückläufigen Weinverbrauch und warnen, dass einige Kellereien diesen Margendruck wahrscheinlich nicht „überleben“ würden. Die Weinteuerung könnte nach ihrer Ansicht einen Dominoeffekt auslösen, der auch einige andere Regionen der Welt betreffen werde. Derweil dürften die Konsumenten die „Weinlücke“ zum Teil mit Bier und Spirituosen schließen.

Provencewein im ersten Halbjahr 2017 sehr gefragt

Wie die niederländischen Banker mit Blick auf den internationalen Handel mit Wein ausführen, dürfte der Export von europäischem Wein in den kommenden Monaten als Folge der Knappheit zurückgehen. Davon wären vor allem die Märkte für Massenware wie Russland betroffen. Die in der ersten Jahreshälfte 2017 noch verzeichnete positive Wertentwicklung beim Export von Weinen aus Frankreich, Spanien und Italien wird sich der Rabobank zufolge nicht fortsetzen. Frankreich hatte es im Halbjahresvergleich auf ein Plus von 13 % auf 4 Mrd. Euro gebracht. Gleichzeitig erhöhte sich das Ausfuhrvolumen um 5 % auf 69 Millionen Kisten.

Im Einzelnen stiegen die Schaumweinexporte mengenmäßig um 5 % und der damit erzielte Umsatz um 13 %. Zudem wurden gemessen an der Menge 9 % mehr Bordeaux-Weine im Ausland vermarktet, wobei der Erlös um 23 % stieg. Das Vermarktungsvolumen von Burgunder blieb indes stabil, während der betreffende Exportwert um 10 % zulegte. Für Beaujolais wurden entsprechend Wachstumsraten von 13 % und 20 % verzeichnet, für Wein aus der Provence sogar Steigerungen um 38 % und 43 %. Die starke Nachfrage asiatischer Länder - vor allem von Japan und China - habe den schwächeren Verkauf in einigen EU-Ländern ausgeglichen.

Etwas weniger Wein aus Spanien

Für die italienischen Weinexporte weist die Rabobank für das erste Halbjahr 2017 im Vergleich zur Vorjahresperiode einen Wertanstieg um 7,3 % auf 2,8 Mrd. Euro aus. Dabei schnitt Schaumwein mit einem Plus von 14,6 % beziehungsweise von 12,6 % am besten ab.

Mit Blick auf die Umsatzentwicklung bei den wichtigsten Destinationen für italienische Weine beziffern die niederländischen Analysten den Zuwachs für die USA auf 5,6 %, für Deutschland auf 4,7 % und für das Vereinigte Königreich auf 5,5 %. Spanien konnte laut Rabobank die Erlöse mit im Ausland verkauftem Wein im Zeitraum Januar bis Juni 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 5,9 % auf 1,36 Mrd. Euro ausbauen, obwohl die betreffende Menge um 0,7 % zurückging. Dabei legte der Wert des Weinexports nach Deutschland um 4,3 % zu; für die USA und Frankreich wurden Zuwächse von 5 % und 3,7 % gemeldet. Dagegen nahmen die spanischen Weinausfuhren in das Vereinigte Königreich, die Schweiz und in die Benelux-Staaten auch wertmäßig ab.
 
Entwicklung der Weinexporte ausgewählter LänderBild vergrößern
Entwicklung der Weinexporte ausgewählter Länder
AgE
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Brasilien: Digitales Zertifikat erleichtert Geflügelfleischexport in EU

 Absatz am deutschen Weinmarkt weiter gesunken

 Rabobank: Wachstum des Kreditbestandes im Agrar-und Lebensmittelsektor rückläufig

 Geflügelfleischmarkt dürfte wieder stärker zulegen

  Kommentierte Artikel

 Größere EU-Getreideernte erwartet

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?

 Frankreichs Staatsrat schränkt Vogeljagd weiter ein

 LED-Lampen in Straßenlaternen sparen massiv Strom ein

 Zahl der Bäckereien weiter rückläufig

 Wundermittel und Jahrhundertgift PFAS: Derselbe Circus - andere Clowns

 Deutsche Verbraucher offen für abgelaufene Lebensmittel

 Brandenburger Dackel wohl von Wolf angegriffen

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau