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03.09.2008 | 11:45 | Küferhandwerk 

Renaissance der Holzfässer beim Wein

Rödersheim-Gronau - Wenn etwas mit einem Fass nicht stimmt, kann Küfer Klaus-Michael Weisbrodt das hören.

Weinfässer
(c) proplanta
Er klopft mit den Fingerknöcheln am Rand des runden Gefäßes entlang. An dem Ton, der dabei entsteht, erkennt er, ob das Holz noch in Ordnung ist. Manchmal lohnt sich eine Reparatur. Die beiden übermannsgroßen Fässer im Hof der Küferei, die Weisbrodt zusammen mit seinem Bruder Alexander im pfälzischen Rödersheim-Gronau führt, sind allerdings nicht mehr zu retten.

Ein paar Meter weiter, in den Werkstätten, wird eifrig an neuen Fässern gearbeitet. Jetzt im Spätsommer ist die Nachfrage groß. «Die Winzer wollen Holzfässer ohne Ende, wir können nicht alle Aufträge erledigen», sagt Weisbrodt. Das Küfer-Handwerk ist eng mit der Weinbranche verbunden: Bei einem mengenmäßig schlechten Jahrgang sieht es auch in den Auftragsbüchern der Fassbinder mau aus, steht eine gute Lese an, «brummt es». In diesem Herbst erwarten die Winzer bislang eine überdurchschnittliche Ernte.

Ausgangsmaterial für die Weisbrodtschen Fässer ist Eichenholz aus dem Pfälzer Wald. Dicke Stämme liegen im Hof bereit, um mit dem speziellen Spiegelschnitt für den Fassbau zurecht gesägt zu werden. Dieser Schnitt, bei dem die Jahresringe als annähernd parallele Streifen erscheinen, ist aus Stabilitätsgründen wichtig, erklärt der Küfer.

Die Holzscheite werden - je nach Fassgröße - auf eine Länge von rund einem Meter bis 2,80 Meter und 3,5 bis 8 Zentimeter Dicke zurechtgeschnitten. Dann müssen die Dauben lange gelagert und getrocknet werden. Für die Außenwand des Fasses wird das Holz unter großem Druck mit Stahlbändern zusammengepresst, es hält ganz ohne Klebstoff oder Dübel dicht. Durch eine spezielle Sägetechnik, bei der die Holzscheite in ihrer Mitte etwas dünner sind als am Rand, entsteht der typische Fassbauch.

In seine Form wird das Fass durch Flammen und Wasser gebracht: Im Inneren wird ein Feuer entfacht, die Außenseiten gleichzeitig feucht gehalten. Durch diese Behandlung kann das Holz schließlich mit viel handwerklichem Geschick gebogen werden, ohne dass es bricht. Erst anschließend fügt der Böttcher, wie Holzküfer auch genannt werden, die weiteren Stahlreifen, den Fassboden und die Fasstür ein. Zum Schluss wird das Holz lackiert.

Nur noch drei reine Holzküfer gebe es in Rheinland-Pfalz, sagt der Obermeister der Küferinnung Rheinhessen-Pfalz, Hans Hösch, aus Hackenheim bei Bad Kreuznach. Auch bei ihm sehe es in den Auftragsbüchern «sehr, sehr gut aus». Nachdem in den 1960er und 1970er-Jahren Kunststofffässer in Mode gekommen waren, hätten die Weingüter inzwischen wieder die Vorteile der Holzfässer erkannt. «Der Weinbau wird ja immer wieder neu erfunden.»

Unabhängig von möglichen Gesundheitsgefährdungen durch Kunststofffässer komme der Wein in diesen Behältnissen «nicht voran». Im Holzfass dagegen sorge unter anderem der Sauerstoff, der durch die Poren des Naturstoffes dringen kann, für eine gute Reifung, sagt Hösch. «Da kommt eine ganz andere Qualität raus.»

Nach Zahlen des Verbandes des Deutschen Fass- und Weinküfer- Handwerks gibt es in Deutschland derzeit rund 100 Böttcherbetriebe. Die Auftragslage ist den Angaben zufolge gut, Probleme bereitet allerdings der Fachkräftemangel. Derzeit gebe es bundesweit nur fünf Auszubildende, teilte der Hauptgeschäftsführer Bernd Mühleck in Heilbronn mit. «Dabei werden qualifizierte Fachkräfte dringend benötigt.» Allein die Renaissance des Barrique-Weinfasses trage hierzu ihren Teil bei. «Darüber hinaus werden neue Betätigungsfelder wie Holzbadewannen und Wellnessausstattungen stark nachgefragt.» (dpa)


Weitere Informationen:
Verband des Deutschen Fass- und Weinküfer-Handwerks: www.kuefer.org,
Küferei Weisbrodt: www.holzkueferei.de
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