Diese Forderung findet sich in dem am vergangenen Donnerstag (21.9) von den beiden Berichterstattern des Pflanzenschutzmittel-Sonderausschusses im Europaparlament, dem CDU-Politiker Norbert Lins und dem Grünen-Politiker Bart Staes, vorgelegten Berichtsentwurf an die EU-Kommission. Der Berichtsentwurf soll dem Sonderausschuss diese Woche zur erstmaligen Beratung und am 6. Dezember zur Abstimmung vorgelegt werden. Beide Politiker plädieren in dem Papier für „eine angemessene Bewertung der langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf die Umwelt“. Dafür sollen die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet werden.
Ferner sollen Kommission und Mitgliedstaaten Sorge dafür tragen, dass entsprechende ökotoxikologische Tests zu Bodenorganismen und über die Konzentrationen und Rückstände an Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in Staub,Wind,
Luft und Wasser durchgeführt werden. Als Vorbild wird hier auf das Überwachungssystem für Arzneimittel verwiesen.
Des Weiteren sollen die Antragsteller für Pflanzenschutzmittel dem Berichtsentwurf zufolge dazu verpflichtet werden, alle vorzunehmenden Studien in einem öffentlichen Register und vor Beginn der notwendigen Untersuchung erfassen zu lassen. Damit soll sichergestellt werden, dass nur methodisch korrekte Studien in die
Risikobewertung einfließen.
Bereits „strengstes“ Genehmigungssystem der WeltLins, der Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) ist, bekräftigte seine generelle Ansicht, dass die EU bereits das strengste Genehmigungssystem der Welt hat. Dennoch könne ein System immer noch besser werden, erklärte der Baden-Württemberger. Er wolle vor allem dafür sorgen, dass das
Zulassungsverfahren wissenschaftlich fundiert bleibe. Eine Schlüsseländerung für mehr Unabhängigkeit könne vor allem darin bestehen, dass die Kommission den Bericht erstattenden Mitgliedstaat für Wirkstoffe schärfer überprüfe und nur dann benenne, wenn das entsprechende EU-Land auch die notwendigen Kapazitäten vorweisen könne. Dies würde nicht nur die Qualität der Bewertung erhöhen, sondern auch robuste und zeitnahe Ergebnisse gewährleisten, so der CDU-Agrarpolitiker.
Staes forderte indes mehr Transparenz. So müsse die Öffentlichkeit Zugang zu allen Studien erhalten, die die
EFSA für ihre Stellungnahmen genutzt habe. Dadurch sollten vor allem wissenschaftliche Kontroversen vermieden werden, wie sie bei der Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs
Glyphosat aufgetreten seien, erklärte der Belgier.
Gemeinsam nach alternativen Lösungen suchenDerweil mahnte die EVP-Sprecherin im Sonderausschuss, Angélique Delahaye , die Entscheidungsträger sollten aufhören, sich gegen die Landwirtschaft oder die Umwelt zu stellen. Sie warnte vor ideologischen Positionen. Aufgrund des Mangels an wirtschaftlich und ökologisch nutzbaren Alternativen seien sowohl der
Agrarsektor als auch einige andere Branchen, wie zum Beispiel der Schienenverkehr, stark vom Einsatz verschiedener Pflanzenschutzmittel abhängig. Deshalb müsse gemeinsam nach alternativen Lösungen gesucht werden. Nur so könne der Landwirtschaft eine umweltfreundlichere und profitablere Produktion ermöglicht werden, betonte die Französin.
Für die grüne Europaabgeordnete Maria Heubuch macht der Entwurf zum Abschlussbericht vor allem deutlich, dass es sowohl in der „EUPestizidverordnung“ als auch bei ihrer Umsetzung Schwachstellen gibt. Eines der zentralen Probleme liegt nach Einschätzung des stellvertretenden Mitglieds im Sonderausschuss in der Tatsache, dass die Behörden sich bei der Zulassung auf Studien verlassen würden, die von der Industrie selbst in Auftrag gegeben worden seien. Heubuch begrüßte, dass laut dem Berichtsentwurf hier nun Abhilfe geschaffen werden solle.