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01.09.2015 | 07:09 | Weinbau 2015 

Weinlese in der Ortenau: 85-92 Grad Oechsle erwartet

Zell-Weierbach - Super Traubengut, top gesund, keine einzige faule Beere, zwischen 85 und 92 Grad Oechsle. So mutet der Jahrgang 2015 nach dem Auftakt der Weinlese am Zeller Abtsberg in der Weinstadt Offenburg an.

Weinlese Ortenau 2015
(c) proplanta
Auf dem Rebstück „Palmert“ von Vorstandsmitglied Reiner End wurden gestern in Offenburg-Zell-Weierbach 3.500 Kilogramm Findling gelesen. Insgesamt brachte die Gengenbacher Winzer eG gestern in Fessenbach, Ortenberg, Diersburg und Gengenbach rund 40.000 Kilogramm Trauben ein.

„Heute wird gekeltert, morgen wird gefüllt, ab Mittwoch ist der erste neue Wein am Markt“, berichtet Geschäftsführer Christian Gehring von der großen Nachfrage. „Die Bestellungen haben ab Juli begonnen.“ Gastronomie, Großhändler und natürlich die Verbraucher warten sehnsüchtig auf den ersten Federweißen. Und der hat es in diesem Jahr in sich. Oechsle-Werte wie seit dem Super-Jahrgang 2003 wurden gestern schon gemessen.

Der Spitzenwert lag bei 98 Grad Oechsle. Die Trauben präsentieren sich wunderschön gelb und prall gefüllt. Sie schmecken zuckersüß. Die offizielle Weinlese startet am 14. September, acht Tage früher als sonst, berichtet Reiner End, der dem Vorstandsgremium der Gengenbacher Winzer eG angehört. „Heute ernten wir Qualitäten, die wir zu diesem Zeitpunkt letztmals in 2003 hatten,“ erklärt End vor den Medienvertretern.

Auch die Burgunder-Sorten sind schon jetzt sehr schön durchgefärbt. Die Säurewerte sind bestens, da es vor acht Tagen einen Temperatureinbruch und etwas Regen gab. Sonne satt brachte die Oechsle, wenngleich das Wasser überall fehlt. Wer extreme Steillagen bewirtschaftet, musste schon Traubengut auf den Boden schneiden, um vor allem junge Rebanlagen zu schonen. „Sonst sterben sie ab,“ sagt Vorstandsmitglied End. Für einige Winzer dürften daher die Erträge geringer ausfallen als im Vorjahr. Auch an den Blättern sieht man schon eine gewisse Altersfärbung. Das ist eine Folge der massiven Trockenheit.

Die lange Trockenheit und die niedrige Feuchte haben aber der Kirschessigfliege zugesetzt. Der Schädling aus Fernost hatte bislang keine Chance. „Absolutes Horrorszenario“ wären jetzt zu hohe Niederschlagsmengen. Die Trauben haben so viel Zucker gezogen. Würden sie jetzt viel Wasser aufnehmen, drohen die Trauben zu platzen. „Aber wir reagieren auf die Witterung. Dann würden wir schnell die Lese einberufen.“ Das entscheidet die Herbstkommission, die es in jeder Weinbaugemeinde gibt und der neben den Winzern auch die Kellermeister angehören.

„Wir sind heute die Ersten“, vermutet Geschäftsführer Christian Gehring. In anderen Orten der Gengenbacher Winzer eG wird neben dem Findling auch schon Müller-Thurgau gelesen. Die Winzer rechnen mit einer Durchschnittsmenge zwischen 100 und 120 Kilo pro Ar. In der Qualität kann der Jahrgang 2015 an die Jahrgänge 2003, 2007 und 2009 anschließen. Bei den Burgundersorten werden Spät- und Auslesen erwartet. Dennoch will man auf die Säurestruktur achten und sie erhalten, damit die Weißweine leicht und fruchtig werden.

Bezüglich der eingelagerten Mengen im Keller, sagt Gehring: „Wir sind auf Stand, haben keine Lieferengpässe, aber auch keine Überhänge. Der neue Jahrgang kommt im rechten Augenblick.“ Auch wolle man künftig neben der Gengenbacher Hauptlage „Kinzigtäler“ die einzelnen Lagen wie „Fessenbacher Bergle“ und „Zeller Abtsberg“ sowie seit diesem Jahr neu „Ortenberger Freudental“  weiter stärken. Letztere werde man nur als Lage anbauen und den Kunden so auch anbieten. „Das ist unsere Stärke, dass wir diese Vielfalt bieten können.“ Und Reiner End setzt noch eins drauf: „Das Terroir besteht aus Boden, Klima, Winzern und Kellermeister.“ Das können wir gut demonstrieren anhand unterer Einzellagen-Charaktere.

Dass sich der Zusammenschluss mit Gengenbach vor drei Jahren bewährt hat, unterstreichen beide Sprecher. „Auf lange Zukunft gesehen war das der richtige Schritt“, bekräftigt Gehring. In der Landwirtschaft werde sich ein Strukturwandel vollziehen. „Wir fördern unseren Winzernachwuchs beispielsweise über ein Jungwinzer-Projekt“, betont Reiner End. Die heutigen Betriebe sind zu klein.

Die Betriebsstruktur stamme aus den 60ern. Und die Mechanisierung in der Hügelzone ist nicht so einfach „wie beispielsweise in der Pfalz“. So wird es künftig größere Betriebe geben müssen. „In Zell-Weierbach haben wir zwei bis drei junge Winzer, die Fläche an sich nehmen. Daher war es richtig, dass wir diesen Gürtel von Zell-Weierbach bis Gengenbach geschlossen haben.“

Die 18 Lesehelfer bei Reiner End haben in den frühen Morgenstunden mit der Lese begonnen. Am Ende wurden alle mit einem zünftigen Vesper im Weinberg belohnt. (PD)
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