Es sei zu kalt, erklärt Bärbel Höhn, Grünen-Abgeordnete und Tochter eines Hobby-Imkers. «Die sind deshalb ein bisschen ruhig.» Trotzdem ist man im Bundestag, wo am Montag 50.000 Bienen ein neues Zuhause gefunden haben, guter Hoffnung: Im Sommer soll es Honig geben, gesammelt rund ums Zentrum der Macht, im Tiergarten und Unter den Linden.
Fraglich ist, ob sich der Namensvorschlag des SPD-Abgeordneten Martin Burkert durchsetzt. «Umweltfreundlicher Verkehrsflughonig», schlägt der 51-Jährige vor, schließlich sei er Vorsitzender des Verkehrsausschuss und Höhn Vorsitzende des Umweltausschusses. Es geht einprägsamer. Auch die Königin des Bienenvolks ist noch namenlos.
Das rot-grüne Gemeinschaftprojekt hat ein pädagogisches Ziel: Die Politiker wollen darauf hinweisen, wie schwer Bienen und Insekten es in Deutschland haben, und wie wichtig sie für die Ernährung sind. Früher habe man regelmäßig tote Insekten von der Windschutzscheibe geputzt, erinnert sich Höhn. «Das ist heute hat nicht mehr nötig».
Was den Bienen vor allem zu schaffen macht: Pestizide und Monokulturen in der Landwirtschaft. Deswegen sammeln sie in der Stadt sogar besseren Honig als auf dem Land, sagt Benedikt Polaczek, der an der Freien Universität Berlin Bienenhaltung unterrichtet. Es wird weniger gespritzt und es gibt mehr Blütensorten.
Die Abgeordneten liegen im Trend, Bienen-Rettung ist en vogue. Die baden-württembergische Landesregierung ist stolz auf ihren «Regierungshonig». Und auf dem Dach der Landesvertretung Brandenburgs in Berlin wurden vergangenen Juli die ersten 30 Kilo Honig geerntet. Der Deutsche Imkerbund, nach eigenen Worten Europas größter Bienenzüchterverband, meldet seit acht Jahren steigende Mitgliederzahlen (Stand März 2016: 103.370 Mitglieder in 19 Landesverbänden).
Nicht statistisch erfasst sind die Liebhaber des «urban beekeeping», also Leute, die Bienen auf dem heimischen Balkon oder im Garten halten - «Das perfekte Haustier für Städter», wirbt ein Hersteller einer sogenannten Bienenkiste.
Im
Bundestag sahen das nicht alle gleich so. Unter anderem hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert bedenken, weil es immer wieder Probleme mit Wespenstichen gab. Deshalb kamen schon vergangenen Sommer 2.000 Bienen auf Probe in den Hof des Paul-Löbe-Hauses gleich neben dem Reichstag, zur allseitigen Beruhigung. «Die Bienen kommen nur dann rein, wenn man ein Honigbrot ans Fenster legt», erklärt Höhn. Außerdem sei keiner allergisch, fügt Burkert hinzu.
Übrigens mahnt der Imkerverband auch, dass zur Bienenpflege mehr gehöre, als nur eine Behausung aufzustellen. «Mit zunehmender Sorge» sehe man, dass Anfänger das unterschätzten, teilt Präsident Peter Maske nicht. Für die Bundestags-Bienenzüchter gilt das nicht: Experte Polaczek war mit dem Testlauf sehr zufrieden.
Bald könnte der Bundestag sogar zwei
Bienenvölker haben, denn die Abgeordneten hoffen, dass die alte Königin sich mit einem Teil des Volks eine neue Bleibe sucht. Vorsorglich steht schon ein zweiter Stock bereit. Erfahrungen mit Haustieren hat man in den Büros der Parlamentarier bisher wenig. «Ich hab schon mal eine Maus bei mir gehabt», berichtet Höhn. «Da war ich froh, als sie wieder weg war.»