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29.07.2010 | 02:12 | Geflügelmast 

EFSA untersucht Tierschutz bei Masthühnern und ihrer Zucht

Parma - Das EFSA-Gremium für Tiergesundheit und Tierschutz (AHAW-Gremium) hat ein wissenschaftliches Gutachten über den Einfluss der genetischen Auswahl auf das Wohlbefinden von Masthühnern (Broilern) und ein weiteres Gutachten über den Einfluss von Unterbringung und Haltung auf das Wohlbefinden von Masthuhnzuchttieren[1] angenommen.

Geflügelmast
Die Sachverständigen der EFSA stellen fest, dass die meisten Tierschutzprobleme mit zu schnellem Wachstum, welches durch genetische Selektion der Hühner erreicht wurde, zusammenhängen. Außerdem beschreiben sie Probleme durch die Wechselwirkungen zwischen genetischen Merkmalen und der Umwelt der Hühner (zum Beispiel die Haltung und das Management auf Geflügelfarmen). Diese Gutachten unterstützen die Europäische Kommission bei der Erstellung eines Berichts an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union[2].

Im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Wachstum von Masthühnern hauptsächlich durch genetische Auswahl um das 4-fache beschleunigt. Obwohl es allgemein unbestritten ist, dass die genetische Auswahl auf eine erhöhte Produktivität bei diesen Hühnern zu Tierschutzproblemen geführt hat, kann die genetische Auswahl aber auch die Möglichkeit zur Verbesserung ihres Wohlbefindens und ihrer Widerstandsfähigkeit bieten. Die genetische Auswahl von Hühnern berücksichtigt inzwischen auch Tierschutzaspekte, wobei jedoch Verbesserungen oder sonstige Veränderungen in diesem Bereich schwer zu quantifizieren sind, weil keine verlässlichen Daten zur Verfügung stehen. Die Sachverständigen des AHAW-Gremiums der EFSA betonen die Notwendigkeit, Tierschutzindikatoren in Masthühnerbeständen zu entwickeln und zu überwachen, um Veränderungen des Wohlergehens der Tiere messen zu können. Außerdem heben sie hervor, dass es an harmonisierten quantitativen Daten in Europa mangelt, um die Auswirkungen der genetischen Auswahl sowie die Auswirkungen der Unterbringungs- und Haltungssysteme auf das Wohlergehen von Masthuhnzuchttieren zu beurteilen. Die Sachverständigen empfehlen insofern, systematische Datenerhebungs- und Überwachungssysteme einzuführen.

Die Sachverständigen berücksichtigten die von Fachkollegen begutachtete wissenschaftliche Literatur und werteten außerdem Informationen aus, die in Konsultationen mit Interessengruppen wie zum Beispiel die Geflügelindustrie, Zuchtunternehmen, Forschungsgruppen und Nichtregierungsorganisationen, gesammelt wurden[3].


Wissenschaftliches Gutachten über den Einfluss der genetischen Auswahl auf das Wohlbefinden von Masthühnern (Broilern)

Bei Masthühnern waren die wichtigsten Tierschutzprobleme, welche im Zusammenhang mit der genetischen Auswahl ermittelt wurden, vor allem Skeletterkrankungen, die zu Problemen wie Lahmheit, Kontaktdermatitis, unregelmäßigen Körperformen und plötzlichem Herztod („sudden death syndrome“) führen. Diese Probleme hängen hauptsächlich mit einem zu schnellen Wachstum zusammen und führen zu beeinträchtigtem Wohlergehen der Tiere. Die Sachverständigen weisen auf Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern, Regionen und Haltungssystemen hin.

Die Sachverständigen zeigen auf, dass das Wohlbefinden von Masthühnern verbessert werden könnte, insbesondere, wenn die Tiere genetisch auf höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltbedingungen ausgewählt würden; so sollten beispielsweise Tiere, die langsamer wachsen, für heiße Klimabedingungen ausgewählt werden, weil schnell wachsende Masthühner anfällig für Hitzestress sind. Darüber hinaus sollte bei der genetischen Auswahl von Hühnern vorrangig Wert auf die Verringerung der Zahl von lahmen Tieren und des Auftretens der Kontaktdermatitis gelegt werden. Dies sind wichtige Tierschutzprobleme, die aus dem Zusammenspiel zwischen genetischen Veranlagungen und Umweltbedingungen resultieren[4].


Wissenschaftliches Gutachten über den Einfluss von Unterbringung und Haltung auf das Wohlbefinden von Masthuhnzuchttieren

Aufgrund der Auswahl auf schnelles Wachstum und hohen Muskelansatz haben Zuchthühner eine sehr hohe Futteraufnahme. Deshalb sind Futterbeschränkungen zur Begrenzung der Wachstumsrate erforderlich, um die Gesundheit der Tiere zu erhalten. Die Sachverständigen empfehlen, die Nahrungskonkurrenz (die unter Hühnern zu beobachten ist, wenn kein Futter bereitgestellt wird) zu minimieren und dadurch auch die damit einhergehenden Verletzungen zu verringern. Außerdem empfehlen die Sachverständigen, dass Tiere, die weniger Futterbeschränkungen erfordern, als zukünftige Zuchthühner ausgewählt werden sollten.

Bei Zuchthühnern ermittelten die Experten fünf Hauptrisikofaktoren bei der Haltung und der genetischen Auswahl, die sich auf das Wohlergehen der Tiere auswirken. Die Haltungsfaktoren sind reizarme Umgebung, Besatzdichte, Futterbeschränkung und begrenzte Lichtquellen, und der genetische Faktor ist das schnelle Wachstum. Auch die Wechselwirkungen zwischen Genetik und Umwelt bedingen Tierschutzprobleme.

In dem Gutachten wird festgestellt, dass die Bereitstellung von Reizen - wie etwa Sitzstangen und erhöhte Nestkästen - dem Wohlbefinden von Masthühnern, die zur Zucht gehalten werden, zuträglich sind.

Ferner wird empfohlen, dass Haltungsmaßnahmen mit dem Ziel der Verringerung von Verletzungen - wie zum Beispiel das Kürzen der Zehen oder des Kamms - entweder nicht durchgeführt oder, falls erforderlich, nur von geschultem Personal unter Verwendung der am wenigsten schmerzhaften Methode durchgeführt werden sollten.

__________________________________________

[1] Masthühner sind (häufig auch als „Broiler“ bezeichnete) Hühner, die zur Fleischerzeugung gezüchtet und gehalten werden. Als Masthuhnzuchttiere werden die Großeltern- und Elterntiere von Masthühnern bezeichnet.
[2] Richtlinie 2007/43/EG des Rates mit Mindestvorschriften zum Schutz von Masthühnern verpflichtet die Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über den Einfluss von genetischen Parametern auf Mangelzustände, die das Wohlbefinden von Masthühnern beeinträchtigen, vorzulegen.
[3] Die EFSA veranstaltete im September 2009 eine technische Sitzung mit Interessengruppen und führte im März/April 2010 eine öffentliche Online-Konsultation zu ihrem Berichtentwurf durch.
[4] Feuchte Einstreu ist zum Beispiel ein wesentlicher begünstigender Faktor für das Auftreten von Kontaktdermatitis.
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