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20.03.2022 | 04:26 | VEZG-Notierung 

Erneut kräftiger Anstieg der Schlachtschweinepreise

Bonn - Nach mehrmonatigen Niedrigpreisen am Schweinemarkt in Deutschland und in der Europäischen Union geht es nun so kräftig aufwärts wie niemals zuvor. Das begrenzte Lebendangebot wird von den Schlachtbetrieben weiter lebhaft umworben.

Schlachtschweinenotierung
Preisrally am Schweinemarkt setzt sich in Deutschland und der EU fort - Knappes Lebendangebot trifft auf zunehmende Nachfrage. (c) proplanta
Begleitet von der Kostenexplosion bei Energie und Rohstoffen sowie sich abzeichnenden Versorgungsengpässen steigen die Notierungen europaweit an. In Deutschland setzte die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) am vergangenen Mittwoch ihren maßgeblichen Leitpreis für Schlachtschweine um 10 Cent auf 1,85 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) herauf.

Innerhalb von fünf Wochen summiert sich der Anstieg damit auf 65 Cent oder 54 %; das hat es noch nie gegeben. Nach Angaben der VEZG reicht das gegenwärtige Angebot am Lebendmarkt weiterhin kaum aus, um den Bedarf der Fleischhersteller zu decken. Die Anmeldungen von Schlachttieren bei den VEZG-Mitgliedern lagen zuletzt nur bei 83 % des normalen Umfangs.

Laut der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) wurden in der Woche zum 13. März lediglich 735.000 Schweine in Deutschland geschlachtet; ein Jahr zuvor waren es in der gleichen Kalenderwoche noch 856.000 oder gut 16 % mehr gewesen.

Die Schlachtunternehmen kämpfen derzeit darum, den höheren Einstandspreis und die gestiegenen Kosten für Rohstoffe und Energie an ihre Kunden im Handel weiterzugeben. Sie haben aus „Gründen von höherer Gewalt“ ihren Kunden Anpassungen nach oben angekündigt (1222dw02).

Zwar ließ sich bisher der größte Teil des Schlachtschweinepreisanstiegs auch in höhere Preise im Teilstückverkauf umsetzen, doch sei dies nicht überall am EU-Binnenmarkt möglich, berichteten Analysten aus dem Ausland. In Deutschland hat sich der Absatz im Fleischhandel Marktbeobachtern zufolge trotz höherer Preise belebt; die Nachfrage nahm mit Blick auf Corona-Lockerungen sowie das Oster- und Grillgeschäft zu. Angesichts des knappen Schweineangebotes decken sich die Fleischeinkäufer vermehrt mit Ware ein, zumal das Fleisch von Woche zu Woche teurer wird.

Kostendeckung nicht erreicht

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) wies indes abermals darauf hin, dass sich trotz des deutlichen Anstiegs der Schlachtschweinenotierung die „katastrophale Lage der Schweinehalter“ kaum verbessert habe, weil vor allem die Kosten für Futter und Energie explodiert seien.

„Wir haben in den vergangenen Tagen teilweise drastische Erhöhungen der Futterpreise gesehen. Gerade dort, wo Kontrakte ausgelaufen sind und Futter zu Tagespreisen gekauft werden muss, laufen die Futterkosten vollkommen davon“, berichtete ISN-Marktanalyst Klaus Kessing. Zur Kostendeckung müsste der Schlachtschweinepreis inzwischen in einer Spanne von mindestens 2,40 Euro/kg bis 2,50 Euro/kg liegen.

Und bei einer solch rasanten Kostenentwicklung könne es bald sogar noch deutlich mehr sein. Zu beachten sei auch, so Kessing, dass hierbei lediglich von Kostendeckung gesprochen werde. Für einen Unternehmer sei es allerdings auch zwingend notwendig, dass Geld für ihn dabei übrig bleibe.

Das gelte insbesondere nach der monatelagen katastrophalen Tiefpreisphase, aber auch mit Blick auf bevorstehende Herausforderungen, wie beispielsweise Investitionen für die Transformation der Landwirtschaft und Tierhaltung.

Keine Schweine nach Spanien

In anderen EU-Ländern mussten die Schlachtunternehmen für schlachtreife Schweine ebenfalls deutliche Aufschläge zahlen; in der Höhe gab es jedoch Unterschiede. So sind bei den offiziellen Notierungsstellen in Spanien, Frankreich und Italien, wo die Marktparteien an einem Tisch den Preis aushandeln, Limits nach oben gesetzt.

In Frankreich wurde am vergangenen Donnerstag am Marché du Porc Breton jedoch wegen der außergewöhnlichen „geopolitischen Situation“ und dem „historischen Anstieg der europäischen Schweinepreise“ die geltende Grenze einer Notierungsänderung von 5 Cent/kg vorrübergehend außer Kraft gesetzt. Die Notierung für Schlachtschweine stieg um 10 Cent, was zusammen mit der Erhöhung am vorherigen Montag im Vorwochenvergleich zu einem Plus von 11 Cent auf einen Basispreis von 1,515 Euro/kg SG führte.

In Italien blieb die Deckelung hingegen in Kraft; der nationale Leitpreis stieg um den Maximalbetrag von 5 Cent/kg Lebendgewicht (LG). Noch stärker haben dort zuletzt aber laut dortigen Analysten die Schlachtunternehmen ihre Abgabepreise für Teilstücke angehoben, so dass die Marge auf überdurchschnittlichem Niveau liegen soll.

Auch in Spanien blieb, trotz anders lautender Forderungen der Erzeugerseite, der Notierungsanstieg regelkonform mit maximal 6 Cent auf 1,352 Euro/kg SG begrenzt. Das spanische Schweineangebot ist geringer als die Nachfrage und dürfte in den kommenden Monaten noch kleiner ausfallen. Importschweine kommen aufgrund des größer werdenden Preisunterschiedes zu anderen EU-Ländern kaum noch ins Land.

Fleischmarkt jetzt Verkäufermarkt

Anders sieht die Preisbildung für Schlachtschweine in Belgien mit den individuellen Ankaufsmodalitäten der führenden Abnehmer aus, die in den vergangenen Wochen noch stärker als in Deutschland zulegten. Aktuell wurden die Auszahlungspreise um 8 Cent/kg LG angehoben, innerhalb der vergangenen fünf Wochen sogar um 58 Cent oder 77 %.

Nach wie vor wird im Nachbarland von einem sehr umfangreichen Hälftenexport zu lukrativen Preisen nach Osteuropa berichtet. Auch in Österreich und den Niederlanden gibt es keine Notierungslimits. Der Leitpreis des Verbandes landwirtschaftlicher Veredlungsproduzenten (VLV) stieg um 10 Cent auf 1,97 Euro/kg SG.

Das Lebendangebot lag dort laut VLV um 10 % bis 15 % unter dem Wunschniveau der Abnehmer. Für die Schlachtunternehmen sei nicht der Preisanstieg, sondern die Knappheit der Ware Hauptproblem gewesen, so der VLV. In den Niederlanden hatten die Schlachtschweinepreise vergangene Woche bereits um 20 Cent/kg SG zugelegt; sie dürften diese Woche weiter steigen.

Danish Crown hinkte bei den Preisanpassungen in den Vorwochen hinterher und hob zuletzt sein Auszahlungsniveau für schlachtreife Tiere um umgerechnet 8,1 Cent auf einen Basiswert von 1,25 Euro/kg SG an. Das Unternehmen berichtete, dass sich der Fleischmarkt in der EU gedreht habe und zu einem Verkäufermarkt mit steigenden Preisen geworden sei.

Zweistelliger Preiszuwachs

Bereits in der Woche zum 13. März hatte es im EU-Durchschnitt einen noch nie dagewesenen Anstieg der Schlachtschweinepreise gegeben. Laut Kommission wurden Tiere der Handelsklasse E im gewogenen Mittel der Mitgliedstaaten mit 160,40 Euro/100 kg SG abgerechnet; das waren 15,25 Euro oder 10,5 % mehr als in der Vorwoche.

Der Vorsprung auf das vergleichbare Vorjahresniveau wuchs auf 12,9 %, obwohl damals die Schweinefleischexporte nach China noch sehr umfangreich gewesen waren. In elf der 24 meldenden Mitgliedstaaten ging es in der Berichtswoche mit den Schlachtschweinepreisen im zweistelligen Prozentbereich nach oben. An der Spitze stand Lettland mit 21,2 %, gefolgt von Polen mit 18,0 %.

Über Aufschläge zwischen 12,0 % und 15,5 % konnten sich unter anderem die Mäster in Österreich, den Niederlanden, Belgien, Tschechien, der Slowakei und Deutschland freuen. Moderater ging es aufgrund der Notierungslimits in Spanien und Portugal mit jeweils rund 6 % aufwärts.

Zudem verzeichneten die Schlachtschweinepreise in Frankreich ein Plus von 3,6 %, in Italien waren es nur bescheidene 1,4 %. Für Schweden wurde als einzigem Land ein Preisrückgang gemeldet, der sich auf 0,8 % belief.
EU-Marktpreise für Schlachtschweine (Woche 7. bis 13.3.2022)Bild vergrößern
EU-Marktpreise für Schlachtschweine (Woche 7. bis 13.3.2022)
AgE
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