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03.12.2023 | 07:05 | Aviäre Influenza 
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Geflügelpest-Seuchenzug nimmt Fahrt auf

Bonn - In Deutschland und auch international mehren sich die Fälle der hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) in Geflügelbeständen. Am Freitag (1.12.) meldete der Landkreis Emsland den jüngsten Ausbruch in einem Putenmastbetrieb in Lorup mit 18.000 Tieren.

Geflügelpest-Seuchenzug 2023
Ende November mussten in mehreren Bundesländern zehntausende Stück Geflügel wegen einer Einschleppung der Geflügelpest getötet werden. (c) proplanta
Nicht weit entfernt war wenige Tage zuvor in der Gemeinde Barßel im Kreis Cloppenburg ebenfalls eine Infektion mit dem Erreger H5N1 bei einem Putenmäster mit knapp 24.000 Tieren nachgewiesen worden. Beide Bestände wurden unverzüglich gekeult. Zudem wurden die obligatorischen Sperrzonen mit Aufstallgebot und Transportverboten eingerichtet, die teilweise in das andere Kreisgebiet hineinreichen.

Weitere bestätigte Geflügelpestfälle wurden vergangene Woche aus dem brandenburgischen Kreis Ostprignitz-Ruppin in einer Haltung mit 11.500 Puten sowie aus der schleswig-holsteinischen Gemeinde Selk aus einem Legehennenbetrieb mit knapp 4.000 Tieren gemeldet. Zuvor war es bereits zu Einträgen der HPAI in Geflügelhaltungen in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen gekommen.

Von Mitte Mai bis Mitte November hatte es dagegen nur sehr vereinzelt Ausbrüche der Tierseuche in Nutzgeflügelbeständen gegeben. Das Virus machte sozusagen eine Sommerpause, ist nun aber wieder mit Macht zurückgekehrt. Experten führen dies auf Einschleppungen durch Wildvögel zurück.

Auf Biosicherheit achten

Aufgrund der Häufung von HPAI-Fällen bei Wild- und Hausgeflügel riefen das hessische Landwirtschaftsministerium wie auch die Agrarressorts in anderen Bundesländern die Geflügelhalter zur strengen Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen auf. Mit den Vogelzügen steige die Gefahr, dass sich das Virus in der heimischen Wildvogelpopulation weiterverbreite, denn bei winterlichen Wetterverhältnissen hielten sich Wildvögel in höherer Dichte an Rast- und Sammelplätzen auf, erläuterte das Ministerium. Das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) hatte Mitte November das Risiko eines Eintrags in deutsche Geflügelhaltungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln von „moderat“ auf „hoch“ eingestuft.

Höhere Warnstufe in Frankreich

In Frankreich zeigt man sich ebenfalls alarmiert. Das Pariser Landwirtschaftsministerium erhöhte am Dienstag (28.11.) die Warnstufe für eine Einschleppung in Geflügelhaltungen für das gesamte Staatsgebiet von „vernachlässigbar“ auf „mäßig“. Zuvor hatte es den ersten Geflügelpestfall dieses Herbstes im Bestand eines Putenhalters mit 3.850 Tieren in der bretonischen Gemeinde Grand-Champ gegeben. Da Europa seit mehreren Wochen eine dynamische Ausbreitung der HPAI bei Wildvögeln verzeichne, werde der Infektionsdruck durch Zugvögel in Frankreich allmählich zunehmen, erklärte das Agrarressort.

Mit der neuen Risikoeinstufung gehen strengere Biosicherheitsmaßnahmen einher. So muss unter anderem sämtliches Geflügel in besonders gefährdeten Feuchtgebieten eingestallt werden. Das gilt auch für Enten jünger als 42 Tage in viehdichten Regionen wie dem Südwesten Frankreichs. Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen ergänzen dem Ministerium zufolge die am 1. Oktober begonnene obligatorische Impfkampagne in kommerziellen Betrieben mit mehr als 250 Enten.

Weltweites Tierseuchenproblem

Laut der französischen Plattform zur Überwachung der Tiergesundheit (ESA) hat es zuletzt in Ungarn die meisten Infektionen von Geflügelhaltungen mit dem HPAI-Virus gegeben, und zwar 34 im Zeitraum vom 4. bis zum 22. November. Zu Einschleppungen in einem geringen Umfang kam es im November unter anderem auch in den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Rumänien, Dänemark, Italien und Kroatien. Erstmals seit April gab es nun auch in Japan wieder Geflügelpestfälle.

Laut der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) wurde in zwei Haltungen in der Stadt Kashima der Virustyp H5N1 festgestellt. Dort mussten mehr als 110.000 Hühner gekeult und entsprechende Sperrzonen um die Betriebe eingerichtet werden. Die WOAH berichtete zudem über Fälle in Geflügelhaltungen in Kambodscha, Taiwan, Kanada, Israel und den USA. In Südafrika hat man hingegen seit kurzem auch mit dem neuen Virustyp H7N6 zu kämpfen. Laut dortigen Presseberichten sind bereits mehrere Millionen Stück Geflügel der Tierseuche zum Opfer gefallen, und die Preise für Eier und Geflügelfleisch sind merklich gestiegen.
AgE
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Kommentare 
Eckard Wendt schrieb am 03.12.2023 21:37 Uhrzustimmen(9) widersprechen(0)
Zunächst ein dickes Lob der Verfasserin / dem Verfasser des Berichts, dass die gemeinhin gebräuchliche euphemistische Formel "Die Tiere wurden tierschutzgerecht getötet" nicht verwendet wurde, denn die Tötung mit CO2 ist bekanntlich alles andere als "tierschutzgerecht". Dieses Mittel ist in erster Linie billig, also ökonomisch, und deshalb erste Wahl.
Ich frage mich oft, wer das größere Problem darstellt, die Wildvogelpopulation oder die dichtgedrängt eingesperrten Vögel in den Intensivtierhaltungsanlagen, deren Bestände nach dem Auftreten einer AI-Infektion gekeult werden, während in der Natur zumindest die theoretische Möglichkeit der Herausbildung einer Immunität besteht, die sich dann über mehrere Generationen bestandserhaltend ausbreiten kann.
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