Vier Jahre sind vergangen, seitdem das Virus zuletzt in den westfälischen Landkreisen Borken und Recklinghausen festgestellt wurde. Über 120.000 Schweine wurden damals auf Anordnung der EU getötet. Folgenschwerer verlief der letzte Seuchenzug in Niedersachsen. Vor 15 Jahren wurden in der Region Weser-Ems 1,5 Millionen Schweine gekeult.
Die Gefahr eines erneuten Ausbruchs bleibt durch die explodierenden Schwarzwildbestände und die weite Verbreitung des Erregers in den Wildschweinepopulationen groß. Dieses Thema wird auch am morgigen Dienstag, dem 23.02.2010 bei der Mitgliederversammlung der ISN aufgegriffen. Dr. Klaus Depner von der
EU-Kommission wird zunächst in einem Kurzreferat über „die neue EU-Schweinepest-Bekämpfungsstrategie“ berichten. Anschließend wird das Thema in einer Podiumsdiskussion, an der neben Dr. Depner auch Andreas Leppmann vom Deutschen Jagdschutzverband aus Berlin sowie weitere Gäste teilnehmen, vertieft.
Die Analyse der ISN beruht auf Annahmen, die die ISN je nach Schwere eines Schweinepestausbruchs als durchaus realistisch ansieht. In der Untersuchung werden die direkten und indirekten Schäden eines Pestausbruches detailliert dargestellt. Es werden zwei Szenarien durchgespielt:
Im ersten Fall bricht die
Schweinepest im veredlungsintensiven Landkreis Vechta aus. In der Folge verbreitet sich das Virus umgehend in den Kreisen Vechta, Cloppenburg, Osnabrück, Diepholz und Oldenburg. Das fatale an dieser Situation: in der viehdichtesten Region Deutschlands werden 4 Millionen Schweine gehalten.
Im zweiten Fall trifft es das benachbarte Münsterland. Ausgehend von einem ersten Pestfall in Borken, dringt das Virus in die Viehbestände der Kreise Steinfurt, Coesfeld, Warendorf und Münster ein. In diesen fünf Kreisen stehen zusammen knapp 3,5 Millionen Schweine.
Ein erneuter Pestausbruch in den Hochburgen der Veredlung in Weser-Ems oder im Münsterland hätte weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen. Das gilt für die Schweinehalter, deren Bestände im Rahmen der angeordneten Keulungen geräumt werden. Aber auch für die übrigen Schweinehalter, die „nur“ von Sperrmaßnahmen betroffen wären. Hinzu kommen der seuchenbedingte Preisverfall am Schweinemarkt, die Umsatzeinbußen beim Fleisch- und Lebendexport, sowie die Einkommensverluste aller vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche.
Die Einzelposten addieren sich zu Milliardenbeträgen im ersten Jahr nach dem Pestausbruch auf. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten in der Region Weser-Ems betragen nahezu 2,8 Milliarden € und im Münsterland errechneten sich über 2,2 Milliarden €. Da die Vermarktungssperren in den gefährdeten Gebieten aufgrund von EU-Vorgaben auch über einen erheblich längeren Zeitraum aufrechterhalten werden können, muss möglicherweise mit noch größeren Folgekosten gerechnet werden.
Leider entstehen in Folge eines Pestausbruches nicht nur wirtschaftliche Probleme. Der Imageverlust für die Produkte der deutschen Ernährungswirtschaft im In- und Ausland kann sich zum nachhaltigsten Schaden eines Seuchenverlaufes entwickeln. Überzogene Berichterstattungen in den Medien beeinträchtigen mit „Panikmeldungen“ und ähnlichen Instrumenten eine sachliche Aufarbeitung. Die psychische Belastung der Familien, die ein Seuchenzug bedeutet, darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. (ISN)